Umwelt

Sperrmülltour durch Heidelberg – Ein Blick hinter die Kulissen der Abfallwirtschaft

Kühlschränke, Möbelelemente, Schrott: Was mal viel Geld gekostet hat, landet irgendwann auf dem Sperrmüll. Was der Heidelberger Bürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain bei seiner Sommertour gefunden hat

Von 
Michaela Roßner
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Umweltbürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (l.) packt kräftig mit an und stemmt eine mit Wasser vollgesogene Matratze in den Sperrmülltransporter. © Sabine Arndt

Heidelberg. „Es ist eine sehr schwere Arbeit. Und sie ist auch manchmal eklig“, sagt Umwelt- und Klimaschutzbürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) offen und ehrlich. Er trägt ein orangefarbenes Outfit mit Leuchtstreifen und Handschuhen. Einen Morgen lang hat der Heidelberger Dezernent als letzte Station seiner Sommertour die Mitarbeiter der städtischen Abfallwirtschaft auf einer Sperrmülltour durch die Heidelberger Stadtteile Rohrbach und Südstadt begleitet. Am meisten Spaß hatte er mit dem Team, das er begleiten durfte.

Alte Kühlschränke, kaputte Schränke, durchgerostete Gartenliegen: Wenn viele Heidelberger morgens zur Arbeit oder zur Schule gehen, sind die aussortierten Gegenstände meist schon wieder vom Straßenrand verschwunden. Um 6 Uhr gehen die Beschäftigten der Abfallwirtschaft jeden Tag raus: Mit drei Fahrzeugen verlassen sie dann den Hof der Abfallwirtschaft, Stadtreinigung und Zentralwerkstätten (ASZ) in Kirchheim.

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Der große Transporter, der vorausfährt, kann bis zu 22 Kubikmeter Sperrgut schlucken. Im Hof einer Studierenden-Wohnanlage im Holbeinring hält er vor einem großen grünen Käfig. Bettgestelle, Schrankelemente, alte Kommoden: Nur ein paar Minuten dauert es, bis die einst teuer gekauften Möbel im Schlund des weißen Lasters landen und umgehend von der Hydraulikpresse zermalmt werden. In der Nacht hat es geregnet. „Die Matratzen sind derart vollgesogen dreimal so schwer wie sonst“, sagt Schmidt-Lamontain und wuchtet ein Exemplar über die Schulter in die mobile Müllpresse.

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Mehrere Quadratmeter große Müll-Käfige wie diesen in der ehemals amerikanischen Wohnsiedlung gibt es in mehreren Stadtteilen in Wohnanlagen, erzählt Gabriele Schwarz, die mit im Team anpackt und als Sperrmüll-Disponentin die Touren plant. Der Vorteil: Das Sperrgut muss nicht vor jedem Hauseingang eingesammelt werden, sondern ist hier schon an einer Stelle gesammelt.

Drei Fahrzeuge fahren gemeinsam die Tour

„Unsere Sperrmüllmannschaft sorgt zuverlässig dafür, dass unsere Stadt sauber und lebenswert bleibt“, zollt der Bürgermeister den Kollegen in Orange Respekt. Er bekommt ein Lob zurück: „Er hat seine Sache richtig gut gemacht, besser als viele andere neue Kollegen“, gibt Florian Knobloch eine glatte Eins. Er sitzt am Steuer des großen Fahrzeugs und ist der Chef der Einsatztruppe. Die anderen beiden Transporter nehmen auf ihrer offenen Ladefläche Elektroschrott und Metall auf.

Jeder Heidelberger darf zweimal im Jahr kostenlos Sperrmüll anmelden. Bis zu drei Kubikmeter Müll sind pro Abholung erlaubt. Alles muss bis 6 Uhr an der Straße stehen, darf aber erst ab 18 Uhr rausgestellt werden. Nicht zu früh, raten die Experten, damit nicht Fremde noch mehr dazustellen. Dafür wäre dann im Zweifel derjenige verantwortlich, der den Sperrmülltermin ordentlich angemeldet hat.

„Wir sind bis Dezember ausgebucht“, bestätigt Disponentin Schwarz die große Nachfrage nach Abfuhrterminen. 75 Abholungen stehen an diesem Vormittag auf dem Plan der Teams. „Im September gibt es immer besonders viel zu tun“, berichtet Schwarz. Im August machte die Sperrmüllabfuhr Sommerpause. Besonders viel Sperrmüll fiel auch in der Corona-Pademie an: „Da hatten die Menschen viel Zeit und haben ausgemistet“, erinnert sich Schwarz.

Die Männer und eine Frau arbeiten sich gut gelaunt von Sperrmüllberg zu Sperrmüllhügel. In der Lucas-Cranach-Straße ist die Anfahrt - wie so oft in der Stadt mit engen Gassen - knifflig. Dirigiert von einem Kollegen, bugsiert Knobloch den Laster auf dem schmalen Straßenstreifen zwischen Reihen geparkter Fahrzeuge hindurch. „Das ist eines unserer größten Probleme, dass viele Straßen zugeparkt sind“, sagt ein Kollege. In manchen Städten werden daher extra schon kleinere Müllfahrzeuge angeschafft. Auch die beiden Transporter für Metall und Elektro in Heidelberg sind leichter durch Wohngebiete zu steuern.

Schaben, Rattenkot und eine Gummipuppe

„Manches wäre noch zu gebrauchen“, verweist Schmidt-Lamontain auf Kugelbahnen und ein paar gut erhaltene Snowbordschuhe, die er am Morgen aufgesammelt hat. „Hätte man die Sachen per Kleinanzeige angeboten, hätte man sicher noch dankbare Abnehmer gefunden“, regt er an. Eklig wurde es „wenn kleine Tiere, die so aussehen wie Schaben“ aus alten Polstern krabbeln. „Auch Rattenkot haben wir gefunden“. Nach dem kuriosesten Fund seiner Arbeit gefragt, nennt Knobloch eine Sex-Puppe: „Sie wurde mir verschämt im Karton gereicht.“

Pro Tag werden in Heidelberg rund 20 Tonnen Sperrmüll entsorgt. Jeder Bürger darf drei Kubikmeter abholen lassen. Jährlich kommen rund 4200 Tonnen Sperrmüll zusammen.

138 Kilo pro Jahr und Einwohner Haus- und Sperrmüll fallen laut Statistischem Landesamt in Heidelberg an (2023).

In Mannheim darf jeder Bürger pro Jahr acht Kubikmeter - etwa 30 Kilogramm - abholen lassen. Die Stadt liegt 2023 an der Spitze: 224 Kilogramm pro Einwohner Haus- und Sperrmüll werden entsorgt. Landesweiter Durchschnitt: 132 Kilo.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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