Gemeinderat

So stehen Lokalpolitiker in Heidelberg zum Wahlrecht für Ausländer

Plötzlich war sogar das "Kalifat" ein Thema. Der Gemeinderat Heidelberg hat sich dafür ausgesprochen, das Kommunalwahlrecht zu überarbeiten. Vorher kam eine erwartbare Diskussion in Gang

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Filip Bubenheimer
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Ein Frau wirft ihren Stimmzettel in die Wahlurne. Über die Frage des Ausländerwahrechts gab es Diskussionen im Heidelberger Rat. © Pia Bayer/dpa

Heidelberg. Wer weder deutscher Staatsbürger noch Bürger eines anderen EU-Staates ist, darf nicht an kommunalen Wahlen teilnehmen. In einer Großstadt wie Heidelberg bleiben also Tausende Menschen außen vor, wenn der Gemeinderat und der OB gewählt werden oder ein Bürgerentscheid ansteht. Daran können die Kommunen zwar nichts ändern. Sie können sich aber für eine Reform des Wahlrechts einsetzen. Das tut nun auch die Stadt Heidelberg - nach einer hitzigen Debatte im Gemeinderat am Mittwoch.

Heidelberger Haupt- und Finanzausschuss stimmt dafür

Die Initiative dafür ging von der „Linken“ aus. Sie hatte beantragt, dass Heidelberg sich der Erklärung „Unsere Städte, unsere Stimmen“ anschließt. Die Unterzeichnerstädte dieser Erklärung, darunter auch Mannheim, fordern, dass auf kommunaler Ebene alle Einwohner wählen und gewählt werden dürfen - unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Für eine solche Ausweitung des Wahlrechts müsste das Grundgesetz geändert werden.

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Derzeit werde „ein großer Teil unserer Bevölkerung durch die städtischen Gremien nicht repräsentiert, obwohl in ihnen wichtige Entscheidungen für sie getroffen werden“, begründete die „Linke“ ihren Antrag. Der Haupt- und Finanzausschuss schloss sich dem Antrag einstimmig an; auch der Migrationsbeirat sprach sich, bei zwei Enthaltungen, dafür aus.

Im Gemeinderat erklärte aber zunächst Matthias Kutsch (CDU), dass seine Fraktion den Antrag ablehne. Besonders kritisierte Kutsch eine im Anhang der Erklärung genannte „mögliche Option“ für die Umsetzung des Ausländerwahlrechts: Demnach soll allen Ausländern das Wahlrecht zukommen, wenn sie seit mehr als zwei Jahren in einer Gemeinde leben. Das sei „sehr, sehr schnell“, so Kutsch. Nach zwei Jahren mangele es Ausländern möglicherweise noch an den nötigen Deutschkenntnissen; das Wahlrecht sollten sie erst am Ende eines Integrationsprozesses genießen. Man dürfe Kommunalwahlen nicht als „Wahlen zweiter Klasse“ betrachten.

FDP-Gemeinderat Breer: „Wer arbeitet, soll auch wählen“

Kutsch erntete regen Widerspruch. Zara Kiziltas (Linke) bezeichnete Kutsch’ Äußerungen als „höchst ignorant“. Es sei rassistisch, bei fehlender deutscher Staatsangehörigkeit mangelnde Deutschkenntnisse zu unterstellen. Obwohl hier geboren, habe sie selbst die deutsche Staatsbürgerschaft erst mit 20 Jahren erworben. Kommunalpolitik habe direkte Auswirkungen auch auf ausländische Einwohner. Sie sollten daher auch mitbestimmen.

Marilena Geugjes (Grüne) fügte hinzu, dass das Wahlrecht Menschen zeige, dass sie für ihre Stadt mitverantwortlich seien. „Ich weiß nicht, warum man darüber überhaupt diskutieren muss.“ Auch Sören Michelsburg (SPD) befürwortete den Antrag und wies darauf hin, dass auch EU-Ausländer unabhängig von ihren Deutschkenntnissen wählen dürfen. Karl Breer (FDP) befand, wer hier arbeite oder Steuern zahle, solle auch mitbestimmen können.

Neben Kutsch sprach sich noch Sven Geschinski (AfD) gegen den Antrag aus. Er verwies auf Demonstrationen, auf denen die Errichtung eines „Kalifats“ in Deutschland gefordert werde. Menschen mit solchen Ansichten dürfe man nicht das Wahlrecht geben. „Mit so einfachen Positionen, wie sie hier zum Teil ausgetauscht werden, kommen wir nicht weiter“, bemerkte OB Eckart Würzner. Die Diskussion sei „nicht einfach“, es müsse aber möglich sein, sie zu führen. Letztlich stimmten 30 der 40 anwesenden Räte für den Antrag.

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