Digitalisierung

Smart City: Wie digitale Technik in Heidelberg beim Müllentsorgen hilft

Ein 15 Zentimeter großer Sensor in einem Heidelberger Glascontainer kontrolliert mit Ultraschall den Füllstand. Das erfolgreiche Pilotprojekt ist nur ein Beispiel, wie digitale Technik das Leben erleichtert

Von 
Bernhard Zinke
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Auch in solchen Müllbehältern wie hier auf der Rastanlage Kraichgau bei Sinsheim wäre eine Füllstandssensorik nach Ansicht des AVR kostensparend. © AVR Gewerbeservice

Heidelberg. Wilsen arbeitet im Verborgenen - aber bislang absolut zuverlässig. Stündlich übermittelt er Daten aus der Umgebung seines Arbeitsplatzes. Seinen Job erledigt er in einem Altglascontainer in Heidelberg-Rohrbach. Wilson soll dabei helfen, dass der Glascontainer nicht völlig überfüllt wird und die Leute ihr Altglas einfach daneben deponieren.

Es ist ein Dauerärgernis genauso für die Bürgerinnen und Bürger wie für das Entsorgungsunternehmen, dass das Glas - zum Teil schon in Scherben - einzeln einsammeln muss. Wilsen ist ein praktisches kleines Teil des Smart City-Konzeptes: Energie- und Wasserversorgung, Mobilität und Kommunikationstechniken werden miteinander vernetzt. Diese „schlauen“ Infrastrukturen helfen, das Leben in der Stadt zu erleichtern.

Mannheimer Unternehmen Pepperl+ Fuchs beteiligt

Aktuell testet das Entsorgungsunternehmen AVR Gewerbeservice den 15 Zentimeter großen Sensor Wilsen („Wireless Sensor“) auf seine Alltagstauglichkeit. „Bislang arbeitet er absolut zuverlässig“, sagt Thiemo Westphal, Leiter der Unternehmensentwicklung bei der AVR. Per Ultraschall misst der Sensor, ein Produkt des Mannheimer Unternehmens Pepperl+ Fuchs, den Füllstand des Containers. „Wir haben den Sensor ganz oben in den Behälter für Weißglas gepackt. Der ist immer als erstes voll“, weiß Westphal.

Wilsen an seinem Arbeitsplatz im Altglas-Container. © MVV

Der Nutzen ist klar: Wenn möglichst viele Glascontainer mit Sensoren ausgestattet sind, kann die AVR anhand der aktuellen Füllstände die Touren für die Leerungen individuell planen, spart sich Wege zu leeren Containern und beugt Überfüllungen vor.

Das System lässt sich nach Ansicht von Westphal durchaus weiter ausbauen. Mittlerweile nimmt nämlich die Zahl der sogenannten Unterflurbehälter zu, also Müllcontainer, die im Boden verschwinden, um das Stadtbild nicht zu stören. Auf dem Heidelberger Universitätsplatz oder in der Bahnstadt gibt es beispielsweise einen solchen im Boden versenkten Glascontainer. Bei dem ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, ob er schon voll ist oder nicht. Auch hier könnte Wilson wertvolle Dienste leisten. So können Kosten durch unnötige Leerfahrten vermieden werden.

Auch im Luisenpark genutzt

Andreas Koper, Projektleiter der MVV für den Bereich Smart Cities, hat die Daten von Wilsen aus dem Heidelberger Altglascontainer genau ausgewertet. Der Füllstand wächst in der Regel gleichmäßig an. Manchmal sinkt die Kurve des Füllstands wieder. Dann ist die Glas-Pyramide im Container wieder etwas zusammengerutscht. Gut zu erkennen: Am letzten Wochenende im Oktober und dem anschließenden Feiertag Allerheiligen wurde das Container gut genutzt. Er war schon am Samstag schnell voll, konnte am 2. November dann direkt geleert werden. „Auch private Feste können dafür sorgen, dass sich Container schneller füllen als gewöhnlich“, sagt Koper. Dann kann Wilsen schnell Alarm schlagen.

Doch nicht nur den Füllstand von Glascontainern kann Wilson melden. Die MVV hat beispielsweise auch im Luisenpark einen Sensor unter einer Brücke befestigt. Der misst die Höhe des Wasserspiegels im Kutzerweiher. Wenn der nämlich zu voll läuft, bleiben die Gondolettas an den Brücken hängen.

Ein anderer Nutzer hat einen Sensor in einen tiefen Keller mit offenem Wasserbecken gepackt. Dort kommt er selten hin. Der Sensor gibt selbst durch dicke Kellerwände zuverlässig Alarm, wenn das Wasser steigt und den Keller zu überfluten droht. Auch die Mülleimer auf Spinelli während der Buga hat die MVV ebenfalls mit Sensoren ausgestattet und die Entleerung somit intelligent steuern können.

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Allerdings kann Wilsen seine Daten nur übermitteln, wenn sie in einem bestimmten System verarbeitet werden können. Und hier heißt das Zauberwort LoRaWAN. Hinter der Abkürzung (Long Range Wide Area Network) verbirgt sich eine hocheffiziente Funktechnologie, die einfache und kleine Datensätze über sehr weite Strecken übermitteln kann. Damit Wilsen nicht nur einen, sondern sehr viele Glascontainer überwachen kann, plant auch der Rhein-Neckar-Kreis aktuell den Aufbau eines LoRaWAN-Netzes.

Sensor kann auch Waldbrände erkennen

Rudolf Fickinger, Betriebsleiter der Informationstechnik des Eigenbetriebs Bau, Vermögen und Informationstechnik, hat viele Ideen, wie Sensoren nützliche Dienste verrichten können. Da Wilsen nicht nur Ultraschallwellen aussenden, sondern auch Temperaturen messen kann, könnte er an neuralgischen Stellen im Wald durchaus auch Brände schon im Entstehen erkennen.

Ein entsprechender Test im vergangenen Sommer war erfolgreich. Der Sensor fühlte rund zwei Kilometer in den Wald hinein. „Wenn wir solche Sensoren an Schutzhütten anbringen, können wir Waldbrände frühzeitig erkennen“, sagt Fickinger. Auch die Anzeige von freien Parkplätzen wäre ein nützliches Anwendungsfeld oder die Auslese von Stromzählern in kommunalen Gebäuden wäre denkbar. Fichinger will der Kreisverbandsversammlung bei deren nächster Sitzung den Nutzen dieses Netzes ausführlich vorstellen.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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