Urteil

Schlüsseldienst rast mit Blaulicht und Martinshorn durch Heidelberg

Wegen Amtsanmaßung ist ein 55-Jähriger vom Heidelberger Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Schlüsseldienstanbieter war mit Blaulicht entgegen einer Einbahnstraße in der Weststadt unterwegs

Von 
Michaela Roßner
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Ein fingierter Drogenkauf ist derzeit Gegenstand eines Prozesses in Heidelberg © dpa

Heidelberg. Weil er mit einem Blaulicht auf dem Dach seiner Limousine auf dem Weg zu einem Kunden in Nöten durch die Heidelberger Weststadt gefahren ist, muss ein 55-Jähriger 80 Tagessätze à 20 Euro zahlen. Das Urteil ist rechtskräftig, den Widerspruch gegen die vom Amtsgericht verhängte Geldstrafe zog der selbstständige Unternehmer, der im Sicherheitsbereich arbeitet, im Berufungsverfahren vor dem Heidelberger Landgericht am Dienstag zurück.

Angeklagter erklärt sein Verhalten

Amtsanmaßung hatte die Staatsanwaltschaft ihm vorgeworfen. Polizeibeamte sollen beobachtet haben, wie der dunkle Kombi in Höhe der Synagogenstraße durch die Häusserstraße sauste, mit Blaulicht auf dem Dach und einem röhrenden Martinshorn. Die Straße mitten in der Weststadt ist abschnittweise eine Einbahnstraße. Dass der Fahrer das an einem Samstagvormittag im Juni missachtet hat, war zuletzt nicht mehr Gegenstand der Anklage.

Der 55-Jährige erklärte sein Verhalten damit, dass er wegen der Großbaustelle in der Rohrbacher Straße diesen Weg nahm – um Zeit zu sparen. Als Schlüsseldienst-Anbieter sei er zu einem Notfall gerufen worden, erklärte der Angeklagte seine Eile. In einem Mehrfamilienhaus sei ein Rollstuhlfahrer in einer Tiefgarage blockiert gewesen, weil eine Tür sich nicht mehr öffnen ließ.

Das reichte dem Vorsitzenden Richter Michael Waldmann nicht als absoluter Notfall. Er verwies auf Paragraf 38 der Straßenverkehrsordnung. Demnach dürfen auch Polizei und Rettungsdienst blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn nur verwenden, „wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten“. „Es kann ja nicht sein, dass sich jeder ein Blaulicht aufs Auto setzt und selbst entscheidet, wann es gerechtfertigt ist“, ergänzte Waldmann.

Fahrverbot droht

Ohnehin sei der Angeklagte gar nicht berechtigt gewesen, überhaupt Blaulicht und Einsatzort aufs Dach zu befestigen. Da habe es mehrfach Änderungen im Gesetz zu geben. „Das wusste ich nicht“, entschuldigte sich der Schlüsseldienstanbieter. Sollte er dauerhaft mit Blaulicht und Signal unterwegs sein wollen, müsste er diese Genehmigung beantragen und bei der Zulassungsstelle in die Fahrzeugpapiere eintragen lassen.

Seinen Einspruch gegen das Urteil des Amtsgerichtes hatte sich auf die Rechtsfolge – also die Geldstrafe – beschränkt. Die Geldstrafe könnte im Berufungsverfahren nach unten gesetzt werden, erklärte Waldmann. Allerdings riskiere der Angeklagte zusätzlich ein viermonatiges Fahrverbot wegen einer roten Ampel, die er missachtet hatte. Nach dieser Belehrung ließ der Heidelberger die Angelegenheit auf sich beruhen und nahm die Berufung zurück. Neben der bereits verhängten Geldstrafe muss er nun zusätzlich die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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