Sie sieht aus, als wäre sie gerade aus einem ihrer Romane herausgehüpft: Das blonde Haar dreht sich zu dicken Naturlocken, die blauen Augen und der makellose Teint passen perfekt zur zartrosa Bluse - und dazu ein spitzbübisches Lächeln, das verrät, das man mit ihr vermutlich Pferde stehlen könnte. Emma Wagner (34) erzählt Geschichten, die viele lesen wollen. Weit über 100 000 Mal hat sie im vergangenen Jahr ihre fünf Romane - in sieben Ausgaben - als elektronisches Buch verkauft. Und ihr Erstling "Liebe und andere Fettnäpfchen" ist 2015 ein "Kindle-Bestseller des Jahres" geworden.
"Ich schreibe Romane mit Herz und Humor aus Heidelberg", erzählt sie, inspiriert von Autorinnen wie Kerstin Gier und Sophia Kinsella, "aber eben nicht in Großbritannien, sondern hier in der Region", plaudert die Autorin, die am liebsten am Esstisch arbeitet, wenn die Kinder schlafen. Ihrer drei kleinen Kinder wegen möchte sie ihr Privatleben schützen. Denn in der Szene ist die 34-Jährige durchaus bereits ein Star. Emma Wagner ist ihr Künstlername.
Mädchenname der Oma
"Ich habe den Mädchennamen meiner Oma genommen, an deren Geburtstag ich zur Welt kam", erzählt sie. Was die Großmutter dazu sagt, dass sie nun erfolgreiche Verfasserin von bald sechs Romanen ist? "Sie ist einfach mächtig stolz", berichtet die Enkelin. Der seit der Kindheit eifrigen Leserin ist das Schreiben indes nicht in die Wiege gelegt worden. Denn bis zu ihrem 31. Lebensjahr hatte sie keine einzige Geschichte geschrieben.
Und dann in vier Wochen gleich einen Roman: "Ich war mit dem dritten Kind schwanger und habe mehrere Wochen meine Eltern in Norddeutschland besucht. Die Kleinen waren beschäftigt - und da habe ich gedacht: Jetzt schreibe ich einfach mal." Dass sie sich stundenlang mit dem Laptop in eine Ecke verzog und unermüdlich tippte, nahm in ihrer Familie erst keiner ernst. "Ich habe drei Wochen am Stück geschrieben, konnte einfach nicht mehr aufhören", erinnert sie sich.
"Liebe und andere Fettnäpfchen" erzählt die Geschichte der Studentin Lena, die in Heidelberg lebt und ein bisschen durchs Leben stolpert - auch auf der Suche nach dem Traummann. In vielen Liebesromanen gebe es meist gleiche Dramen und vorhersehbare Irrungen, erzählt Wagner, "in meinen Romanen nicht: Sie erzählen, wie es im Leben ist und das Ganze mit sehr viel Humor". Wo sie den Stoff findet für ihre Geschichten? "Es fließt viel von meinen eigenen Erfahrungen ein - aber auch das, was meine Freundinnen oder Verwandten erleben oder was ich mir ausdenke."
Sie selbst sei zum Studium der Biologie und Germanistik nach Heidelberg gekommen - und habe sich prompt in die Stadt verliebt. Vom Schreiben bis zum Gelesen-Werden war im Sommer 2013 noch ein großer Schritt. Aber nachdem ihr Mann, dessen Stammlektüre EDV-Fachliteratur ist, den Roman las und ihn "richtig gut" fand, wagte die junge Mutter den Schritt und stellte den Text im Januar 2014 bei Amazon ein.
"Was dann geschah, hätte ich mir nicht träumen lassen", erinnert sich die 34-Jährige an ihr ganz persönliches "Sommermärchen": Ruck, zuck, war das Buch rund 40 000 Mal verkauft und wurde einer der Amazon-Kindle-Bestseller des Jahres 2015. Noch auf der Entbindungsstation, kurz nach der Geburt des heute Zweijährigen, schrieb Wagner schon am zweiten Roman. "Das Handy in der Hummersuppe" erzählt davon, wie man als Berufseinsteiger Erfahrungen sammelt. Und wieder sucht eine junge Frau nach dem Mann fürs Leben, diesmal heißt sie Amélie.
Rasend schnell folgen Roman drei ("Die Liebe ist kein Basketballspiel"), vier ("Himmelreich mit kleinen Fehlern") und - gerade im März veröffentlicht - fünf ("Regie führt nur die Liebe"). "Himmelreich mit kleinen Fehlern" ist Teil einer fünfteiligen Romanreihe, die sie mit den Autorinnen Lana N. May, Jo Berger, Violet Truelove und Mia Leoni schreibt: Jede verfasst einen Band aus Sicht einer Protagonistin - alle Bücher haben eine Rahmenhandlung. "Ich wollte nicht mehr nur allein abends vor dem Bildschirm schreiben und habe mir Gleichgesinnte gesucht", erklärt Wagner die Idee zu "Amor Five".
Mit dem "Autorensofa" gründete sie mit drei Kolleginnen zudem eine lockere Gruppe von 42 Autoren, die ihre Geschichten selbst veröffentlichen und vermarkten ("Selfpublisher") - und einen ersten Stand auf der Frankfurter Buchmesse 2015 sowie in Leipzig 2016 organisierten. "In Frankfurt hatten wir so viel Andrang am Stand, dass die Security kommen musste", schwärmt Wagner. Dass Heidelberg als Unesco-Literaturstadt gerade einiges auf die Beine stellt, findet sie "super". Sie selbst kann aber - wegen der Kinder - kaum an den meist abends stattfindenden Lesungen und Diskussionen teilnehmen. Aber am 5. Juni wird sie in der Stadt lesen - an Originalschauplätzen ihrer Romane.
Ist denn ihr eigenes Leben auch so romantisch? Die 34-Jährige schlägt die Augen nach oben. "Oh jaaa", sagt sie, "mein Mann hat mich zu unserem zehnten Hochzeitstag mit einem Flug nach Mailand überrascht, inklusive Ballett".
Emma Wagner
Emma Wagner ist 1982 in Niedersachsen geboren worden.
Sie kam zum Studium (Germanistik und Biologie) nach Heidelberg.
Sie ist seit zehn Jahren verheiratet und hat drei kleine Kinder.
Als Kind und Jugendliche war sie ein "Bücherwurm". Eigene Texte kamen nie über die erste Seite hinaus.
Im Sommer 2013 schrieb sie ihren ersten Roman ("Liebe und andere Fettnäpfchen"), der es nach dem Erscheinen im Januar 2014 schnell in die Amazon-Bestenliste schaffte.
Im November 2014 erschien bereits der zweite Roman ("Das Handy in der Hummersuppe oder Ein harter Job für die Liebe"). Sie publiziert heute im CBX-Verlag und im Amrun-Verlag.
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