Justiz

Prozess um Vergewaltigung in Heidelberg: „Albtraum-Situation für jede Frau“

Im Prozess um die Vergewaltigung einer 17-Jährigen im Juli 2023 in Heidelberg hat die Staatsanwaltschaft für die beiden 2003 und 2004 geborenen Angeklagten Haftstrafen gefordert

Von 
Michaela Roßner
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Das Heidelberger Landgericht. © Philipp Rothe

Heidelberg. Im Prozess um die Vergewaltigung einer 17-Jährigen im Juli 2023 in Heidelberg hat die Staatsanwaltschaft für die beiden 2003 und 2004 geborenen Angeklagten Jugendstrafen von drei Jahren und fünf Monaten sowie drei Jahren und neun Monaten gefordert.

Die beiden jungen Männer hatten die Vorwürfe zum Auftakt der Hauptverhandlung vor dem Heidelberger Landgericht eingeräumt. Ihre Verteidiger plädierten auf eine kürzere Jugendstrafe. In der kommenden Woche soll ein Urteil verkündet werden.

Prozess um Vergewaltigung einer 17-Jährigen: "Albtraum-Situation für jede Frau"

In jener Nacht ist die „Albtraum-Situation für jede Frau“ schlimme Realität geworden, fasst Staatsanwältin Anette Gattner zusammen. Die Jugendliche sei nachts auf dem Heimweg von einer Party in der Altstadt gewesen. Eigentlich hatte eine Freundin sie begleiten wollen. Als die 17-Jährige sich kurz auf eine Bank setzte, um für den Heimweg Musik im Handy zu laden, sei sie von den beiden Angeklagten angesprochen worden, die auf Fahrrädern unterwegs waren.

Die Jugendliche habe sich rasch unwohl gefühlt und versucht, aus der Situation zu kommen. Doch die jungen Männer folgten ihr. Der Versuch, sich in einen Hof zu flüchten und zu verstecken, misslang. „Das Opfer hatte große Angst“, beschreibt die Vertreterin der Anklage weiter, „die gruselige Umgebung“ der menschenleeren Grünfläche habe die Panik noch verstärkt.

„Eindeutig mit sexuellen Absichten“ hätten einer oder beide junge Männer die Frau in ein Gebüsch hinter einer Parkbank gestoßen. Während ein Täter die Frau am Boden fixierte, griff der andere in ihre Unterwäsche und den Intimbereich, was aus Sicht auch der Verteidigung den Straftatbestand der gemeinschaftlichen Vergewaltigung erfüllt.

Auf dem Heimweg von einer Party in Heidelberg vergewaltigt

Plötzlich hätten die zur Tatzeit 18 und 19 Jahre alten Männer von ihrem Opfer abgelassen und seien geflüchtet, während die Jugendliche noch einige Minuten weinend am Tatort hockte, bis Hilfe kam.

Auch dank präziser Beschreibungen ihrer Peiniger durch die junge Frau wurde das Duo wenige Tage später festgenommen. Verletzungen bei ihnen und der 17-Jährigen sowie DNA-Spuren belegten das von der Jugendlichen Geschilderte zweifelsfrei, bewertete Gattner die Beweislage. Die beiden jungen Männer sind nicht vorbestraft und seien wegen ihrer mangelnden Reife nach Jugendstrafrecht zu verurteilen. Sie seien ohne Familie und Schulbildung ins Land gekommen und hätten mehr oder weniger in den Tag gelebt und sich mit Alkohol und Tabletten bei Laune gehalten.

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In Blickrichtung der erst wenige Wochen vor dem Geschehen eingereisten und aus Tunesien stammenden Angeklagten betonte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer: „Frauen bewegen sich in unserem Land zu jeder Tages- und Nachtzeit frei im öffentlichen Raum. Das macht sie nicht zu Freiwild und auch nicht zu Prostituierten.“ Die beiden Heranwachsenden seien zudem „auf sehr brutale Weise“ vorgegangen.

Junge Frau kappt alle Verbindungen nach Heidelberg

Die junge Frau habe bei ihrer Anhörung einen sehr gefassten Eindruck gemacht und betont, dass sie nach vorne schauen wolle, beleuchtet die Staatsanwältin die Folgen der Tat. Auf der anderen Seite habe sie aber ihre Lebenssituation komplett verändert, sei weggezogen und habe alle Verbindungen nach Heidelberg gekappt. Die Langzeitfolgen der Traumatisierung durch das Geschehen könne niemand absehen.

Die Verteidigung hält zwei Jahre Jugendstrafe für angemessen. Es gebe keinen Zweifel am Geschehen, wie es in der Anklage geschildert werde, unterstrich Jens Klein, einer der beiden Verteidiger, mit Blick auf die zu Beginn der Hauptverhandlung abgelegten Geständnisse. „Er schämt sich vor seiner Familie, die noch nicht weiß, warum er im Gefängnis ist, und leidet sehr in der Haft“, unterstrich auch seine Anwaltskollegin Sandra Bauer, dass auf die jungen Männer pädagogisch eingewirkt werden und daher Jugendstrafrecht angewandt werden solle.

Angeklagte im Prozess um Vergewaltigung bitten um Verzeihung

Die Angeklagten hätten selbst Schwestern im Alter der Jugendlichen. „Ich möchte sie aus ganzem Herzen um Verzeihung bitten“, formulierte der Ältere der beiden Angeklagten, „ich weiß, ich habe einen großen Fehler begangen“. Auch der Jüngere entschuldigte sich bei der jungen Frau, die am zweiten Prozesstag durch ihre Anwältin vertreten wurde und nicht im Saal war.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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