Heidelberg. Frei und sicher geradeaus radeln, ohne Ampeln und Umwege, auf einer Piste, die sonst dem motorisierten Verkehr vorbehalten ist – und Autos und Lkw werden mit Betonelementen auf Abstand gehalten: Das kann man seit Mai 2021 auf der B 37 im Neckartal zwischen dem Heidelberger Stadtteil Schlierbach und Neckargemünd – also auf der südlichen Neckarseite. Ein vom Land Baden-Württemberg unterstützter und auf zwei Jahre angelegter Verkehrsversuch macht das auf 3,6 Kilometern möglich. Die Zwischenbilanz fällt eher positiv aus – allerdings sorgt auch die Pandemie für einen generellen Rückgang des Verkehrs.
Erfassung per Seitenradar
Jan Riel, Verkehrsexperte von der Hochschule Karlsruhe, erläuterte dem Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität die Zwischenbilanz. Das Material dazu lieferten acht Seitenradar-Geräte, die zwischen Leimen (L 600) und Bammental aufgestellt wurden. Weitere sechs Geräte verfolgten anhand der Kennzeichen, wie sich speziell der Durchgangsverkehr veränderte. Riel stellte einen Rückgang des Autoverkehrs um insgesamt 17 Prozent fest – allerdings ist er vermutlich vor allem auf die Corona-Pandemie zurückzuführen.
Verkehrsversuch
- Seit Mai 2021 können Radler auf der B 37 zwischen dem Heidelberger Stadtteil Schlierbach (S-Bahnhof) und dem Ortseingang von Neckargemünd auf einer eigenen, mit Betonpollern abgetrennten Spur fahren.
- Dafür wurde von der Bundesstraße, auf der streckenweise Tempo 100 erlaubt ist, eine von vier Spuren weggenommen.
- Der Verkehrsversuch ist auf zwei Jahre angelegt.
- Die Kosten für die Maßnahme von insgesamt rund 920 000 Euro werden zwischen Bund, Land und der Stadt Heidelberg aufgeteilt.
- Die Hochschule Karlsruhe begleitet den Versuch wissenschaftlich.
Für die Untersuchung hatten die Verkehrsplaner Vergleichszahlen von 2019 zur Verfügung. Riels Fazit: „Erdrutschartige Verlagerungen lassen sich aus den reinen Zahlen nicht ableiten.“ Aber: Per Kennzeichenverfolgung wurde auch der Durchgangsverkehr ermittel – mit erkennbaren Verlagerungen von der B 37 auf die Ausweichstrecken L 600 und L 534.
Nach den genauen Effekten und Verlagerungen müsse man „sehr intensiv suchen“, erklärte Riel. Dramatische Mehrbelastungen auf anderen Strecken seien aber ausgeblieben – „und sie wären es auch, wenn es die Pandemie nicht gegeben hätte“, prognostiziert Riel. Da viele Berufstätige im Homeoffice waren, ging der Verkehr insgesamt zurück – besonders natürlich der Berufsverkehr zu den Stoßzeiten. Die Kosten des Verkehrsversuchs werden mit 920 000 Euro angegeben. Bund, Land und Stadt wollen sich das teilen.
Alexander Föhr (CDU) betonte die Offenheit seiner Fraktion für den Versuch. „Die Verlierer finden sich in Ziegelhausen und Neuenheim“, verwies er aber auch auf Verlagerungen von Autoverkehr während des Versuchs in diese Stadtteile.
„Wir wären alle gut beraten, nun abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt“, betonte Verkehrsexperte Riel, „der wirklich große Verlierer der Pandemie war der ÖPNV“, ergänzte er.
Christoph Rothfuß (Grüne) schloss aus der vorgelegten Analyse, „dass die Zahlen noch nicht aussagekräftig genug sind, um daraus Schlüsse zu ziehen“. Und: „Die Radzahlen sind noch ausbaufähig.“ 300 zusätzliche Radfahrer in einer Richtung auf einer Teilstrecke seien „aber schon einmal gar nicht so schlecht“.
Wissenschaftlich begleitet
Der Verkehrsversuch auf der B 37 wird bis Frühsommer 2023 fortgesetzt. Hintergrund: Nach gültigem Recht ist es nicht möglich, eine Fahrspur auf einer Bundesstraße in einen Radweg umzuwandeln. Dies kann nur über einen Verkehrsversuch legitimiert werden. Die Hochschule Karlsruhe begleitet das beispielhafte Verkehrsprojekt wissenschaftlich.
Eine von vier Fahrspuren ist für den den Radverkehr aufgegeben worden. Streckenweise fahren Autos in diesem Bereich bis zu 100 Stundenkilometer schnell – Radfahren war auf dem bislang weniger als einen Meter breiten „Mehrzweckstreifen“ eher gefährlich. Auch auf der Nordseite des Neckars soll ein besserer Radweg gebaut werden.
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