Heidelberg. "Es wird eng", bekennt Ausstellungsmacherin Angelina Whalley. "Aber das kenne ich schon: Das war bei keiner der Ausstellungen, die wir in den vergangenen 20 Jahren organisiert haben, anders", fügt Whalley hinzu. Am Donnerstag, 28. September, öffnet das "Körperwelten"-Museum im Alten Hallenbad in Heidelberg. Der Termin stehe und werde eingehalten - auch wenn noch viel Arbeit zu erledigen sei. "Anatomie des Glücks" lautet der Titel der Ausstellung von rund 1000 Quadratmetern Größe.
Plastinierte Körper sind indes im Moment noch nicht im denkmalgeschützten Männerbad des einstigen Badetempels im Stadtteil Bergheim zu sehen. "Wir haben vor kurzem die Schlüssel übernommen und stecken jetzt mitten in den vorbereitenden Arbeiten", beschreibt Whalley den Stand der Dinge. Sie realisiert die "Körperwelten" gemeinsam mit dem Erfinder der Plastination, Gunther von Hagens (72). "Gerade werden Ausstellungswände eingesetzt und Kabel verlegt - zum Beispiel für die Beleuchtung der Exponate."
Zwanzig Mitarbeiter
Nicht nur im Stadtteil Bergheim, auch im Gewerbegebiet Rohrbach Süd, beim Institut für Plastination, laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Etwa zwanzig Mitarbeiter, schätzt Whalley, sind an beiden Standorten damit befasst, das "Körperwelten"-Museum rechtzeitig fertig zu bekommen. Im Kopf der Kuratorin Whalley "steht" die Ausstellung längst: 17 oder 18 Ganzkörperplastinate sollen gezeigt werden, dazu "eine Vielzahl kleinerer Organplastinate." So könne man unter anderem eine Raucherlunge neben einem gesunden Organ und einem mit Lungenkrebs sehen. Wie sich ein Herzinfarkt ausbildet, wird ebenfalls gezeigt in der Ausstellung, die eigens für Heidelberg konzipiert wurde.
Seit die erste "Körperwelten"-Ausstellung 1995 in Japan gezeigt wurde, haben Plastinate 26 Länder bereist. 44 Millionen Menschen schauten sie sich an, 18 Millionen Besucher gab es in Europa, nennt Whalley Zahlen. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten sind die "Körperwelten" und "Body Worlds" unterwegs; im Moment laufen in Europa und Amerika elf Ausstellungen parallel. Und so beschäftigt sich Whalley derzeit nicht allein mit dem "Körperwelten"-Museum im Alten Hallenbad, sondern steht "mit einem Bein" gleichzeitig in Österreich und der Schweiz: "Eine Woche vor der Eröffnung in Heidelberg werden wir in Genf eröffnen." "Le Cycle de la Vie (Lebenszyklus)" heißt die Schau, die dorthin gerade aus Graz umzieht.
In Rohrbach finden nur Testreihen statt, die eigentliche Produktion der Plastinate erfolgt seit Jahren in Guben. Hier, zwei Autostunden östlich von Berlin, leitet der von Hagens Sohn Rurik (37) das Unternehmen. Geschäftsgrundlage ist die Körperspende von 17 000 Menschen, die ihre sterbliche Hülle zur Plastination bestimmt haben.
In dem aufwendigen Verfahren werden dem Körper Flüssigkeiten entzogen und durch einen speziellen Kunststoff ersetzt. Bei einem Ganzkörperplastinat dauert dieser Prozess etwa ein Jahr. Für Gunther von Hagens, der das Verfahren der Plastination 1977 an der Heidelberger Universität erfand und der unter Parkinson leidet, ist das Museum nicht nur ein Heimkommen, sondern auch eine Abrundung seines Lebenswerks. Wie fühlen sich beide in der Stadt am Neckar willkommen geheißen? "Sehr gemischt", sagt Whalley. Sie sei doch überrascht gewesen, "wie heftig" mancher Kritiker sich äußern würde. Unter anderem bei einer Podiumsdiskussion vor Ort habe sie den Eindruck gewonnen, "dass die stärksten Kritiker selbst noch keine ,Körperwelten'-Ausstellung gesehen haben". Kirchenvertreter prangern ebenfalls die aus ihrer Sicht "Zurschaustellung" menschlicher Leichen an.
Keine Begleitung von Gremium
Sie persönlich habe aber auch sehr positive Rückmeldungen bekommen, fügt Whalley hinzu. Auch von der Stadt fühlen sich die "Körperwelten"-Macher unterstützt. Als Genehmigungsbehörde prüft die Verwaltung keine Inhalte, sondern allein baurechtliche Fragen. Oberbürgermeister Eckart Würzner ist als Festredner zur Eröffnung eingeplant. Das von ihm angeregte, die Ausstellungsvorbereitungen begleitende kritische Gremium indes hat sich nie formiert.
"Uns hat die Idee eigentlich gefallen", sagt Whalley. Dieser externen Arbeitsgruppe indes die Entscheidung über das Konzept insgesamt zu überlassen, hätte für sie zu weit geführt: "Das wäre unrealistisch gewesen, denn das Gremium müsste ja auch nicht die wirtschaftliche Verantwortung tragen."
Infos rund um die Ausstellung
- Am Donnerstag, 28. September, öffnet das "Körperwelten"-Museum im Alten Hallenbad Heidelberg (Poststraße 36/5).
- Der Titel lautet "Anatomie des Glücks".
- Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr, Sonn- und Feiertage 10 bis 18 Uhr. Letzter Einlass: 17 Uhr.
- Tickets für die Ausstellung kann man bei www.reservix.de und allen bekannten Vorverkaufsstellen erwerben.
- Die Preise für Einzeltickets liegen zwischen 11 und 17 Euro, Gruppentickets sind bereits ab 10 Euro erhältlich.
- Für Schulklassen kostet der Eintritt neun Euro pro Schüler. Lehrer und Eltern erhalten laut Veranstalter umfangreiche Begleitmaterialien, um den Ausstellungsbesuch mit Kindern und Schülern vor- und nachzubereiten. Buchungen für Schulklassen und Gruppen werden telefonisch unter 069/4 07 66 25 22 entgegengenommen.
- Informationen gibt es unter www.koerperwelten.com im Internet.
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