Tourismus - Mehrere Betreiber interessieren sich für das Hotel „Zum Ritter“ in der Heidelberger Altstadt / Pächter insolvent

Neue Chance für altes Gasthaus in der Heidelberger Altstadt

Von 
Michaela Roßner
Lesedauer: 
Das Hotel „Zum Ritter“ in der Heidelberger Altstadt ist geschlossen, die bisherigen Pächter sind insolvent. © Philipp Rothe

Heidelberg. An dieser roten Sandsteinfassade bleibt jeder Tourist fasziniert stehen – und auch Stadtführungen machen hier fast immer Station: Das Hotel „Zum Ritter“ ist das ältestes Bürgerhaus in der Heidelberger Altstadt. Doch statt Gästen gehen hier seit einiger Zeit Rechtsanwälte ein und aus: Die letzten Betreiber haben das ehrwürdige Gebäude vor zwei Wochen an die Eigentümer übergeben, die Betreibergesellschaft ist insolvent. Ob der Hotelbetrieb „an oder mit Corona“ eingegangen ist, wird in der Stadt intensiv diskutiert.

Das historische Gebäude, in dem schon Bundespräsidenten nächtigten und sich Prominente wie Schauspieler Terence Hill oder Schriftsteller Günter Grass verwöhnen ließen, steht still auf seinem prominenten Platz gegenüber der Heiliggeistkirche.

Keine Einnahmen wegen Corona

Traditionsreiches Haus

Das Hotel „Zum Ritter St. Georg“ gilt als das älteste und schönste Renaissancegebäude Heidelbergs und ist neben der berühmten Schlossruine und der Alten Brücke die am meisten fotografierte Sehenswürdigkeit.

Kaum eine Stadtführung, die nicht vor der wunderschönen Fassade Halt macht.

Erbaut wurde das Haus am Marktplatz mitten in der Heidelberger Altstadt und gegenüber der Heiliggeistkirche 1592 vom Tuchhändler und Hugenotten Charles Belier.

Es ist das einzige Bürgerhaus, das beim Brand 1693 während des Pfälzischen Erbfolgekriegs erhalten blieb.

Von 1693 bis 1703 diente das Haus mit der Sandsteinfassade als Rathaus der Stadt.

Als Gasthaus wurde das Gebäude in den vergangenen drei Jahrhunderten schon genutzt.

Der französische Dichter Victor Hugo (1802-1885) zeigte sich sehr angetan von dem Haus und widmete ihm einen längeren Text.

Über dem Giebel thront ein Ritter, der dem Hotel seinen Namen gab.

Zuletzt bot das Haus im Vier-Sterne-Niveau 37 klassisch-moderne Zimmer. In der „Ritterstube“ gibt es Platz für 60 Personen.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens werde nun eine Bestandsaufnahme gemacht, berichtet Insolvenzverwalter Martin Obermüller. Der Rechtsanwalt hatte auch die schwere Aufgabe, die 33 Mitarbeiter freizustellen und ihnen zu kündigen. Ansonsten hat er vermutlich aber nichts mehr an die Gläubiger zu verteilen: „Seit Monaten gab es keine Einnahmen mehr, Kosten liefen aber weiter. Ich musste direkt nach der Insolvenzeröffnung Masseunzulänglichkeit anzeigen.“ Das heißt: Es gibt voraussichtlich nichts zu holen. Die Insolvenz ist über der Betreibergesellschaft des „Ritter“ eröffnet worden: die „Hotel Zum Ritter St. Georg Hotelbetriebsgesellschaft Heidelberg GmbH“.

Sie gehörte zur Schweizer „Castlewood Hotels and Resorts AG“, die im Schwarzwald, im Thüringer Wald und im Chiemgau touristische Drei- und Vier-Sterne-Häuser betreibt. Im Juni übernahm eine US-Investorengruppe die Pacht des „Ritter“, die „Castlewood“ sorgte weiter für den Betrieb, bis der zweite Lockdown offenbar dem Hotel den Todesstoß versetzte. Nach Berichten der „Rhein-Neckar-Zeitung“ soll nicht allein die Pandemie den Hotelbetrieb in Schieflage gebracht haben. In den vergangenen Jahren seien Lieferanten und Gäste unzufriedener mit Bezahlung und Qualität geworden.

Die Eigentümer – eine Erbengemeinschaft um Heidrun Kuchelmeister („Holländer Hof“) steckte vor fünf Jahren einen sechsstelligen Betrag in die Sanierung des mehr als 300 Jahre als Gasthaus dienenden Renaissancebaus. Im Dezember kündigten die Eigentümer den Pachtvertrag. Sie gehören zum Kreis der Gläubiger in dem am 1. März eröffneten Insolvenzverfahren. „Die Pachtzahlungen flossen schon vor Corona nicht in geordneter Form“, bestätigt Rechtsanwalt Martin Hess („Odenwald Treuhand“), der Rechtsbeistand der Eigentümer. Während die Bestandsaufnahme läuft, gibt es offenbar schon erste Kontakte mit möglichen künftigen Pächtern. „Es gibt einige Interessenten“, bestätigt Hess.

Geschlossen bleib ferner eines der jüngsten Häuser in der Stadt: Das „Star Inn“ an der Speyerer Straße war im April 2018 das erste Hotel, das in der Bahnstadt öffnete. An der Ecke Speyerer Straße/Gottlieb-Daimler-Straße stehen nun insgesamt 299 Einheiten mit fast 400 Betten leer.

Zwei weitere Insolvenzverfahren

Über der Kette mit sechs weiteren Häusern unter anderem in Karlsruhe wurde am 1. März ein Insolvenzverfahren eröffnet. Das teilen die beiden Insolvenzverwalter Holger Blümle und Tobias Hirte von „Schultze & Braun“ in Achern mit. Offenbar gibt es Gespräche, das Gebäude für Studierende nutzbar zu machen, wurde bei der jüngsten Gemeinderatssitzung bekannt.

Hoffnung gibt es derweil für ein anderes traditionsreiches Haus: Das „Hotel Schrieder“, zuletzt „Crowne Plaza“, hatte im September 2020 Insolvenz angemeldet und war nach 175 Jahren geschlossen worden. Insolvenzverwalter Michael Bremen von der Pluta Rechtsanwälte GmbH teilte mit, dass der weltweit agierende Hotelbetreiber Westmont Hospitality Group das Haus mit weiteren Hotels – darunter Holiday Inn Express Hotels – übernommen hat. Die Häuser blieben im Portfolio von Invesco Real Estate.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen