Neckarwiese

Mit Kehrmaschine und Drohnen gegen das Gänsekot-Problem auf der Heidelberger Neckarwiese

Regelmäßig im Frühjahr mehren sich die Beschwerden über die Verschmutzung der Neckarwiese mit Gänsekot. Die Gänse waren den ganzen Winter da - die Menschen kommen nun sonnenhungrig wieder dazu

Von 
Michaela Roßner
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Heidelberg. Das Federvieh und seine Hinterlassenschaft produzieren seit Jahren Unmut und den lauten Ruf Richtung Stadtverwaltung, etwas zu ändern: Auf der Heidelberger Neckarwiese – und an den Ufern im ganzen Land – sorgen größere Mengen an Gänsekot speziell im Frühjahr für Ärger. Das Landschafts- und Forstamt hat bei einem Ortstermin auf Einladung der Neuenheimer CDU sowie der Stadtratsfraktionen von CDU und Heidelbergern erklärt, was getan wurde, um das Ärgernis möglichst klein zu halten – und was noch geplant ist.

Die meisten können sie kaum auseinanderhalten: Nil-, Kanada- und Schwanengans tummeln sich am häufigsten auf der Heidelberger Neckarwiese. „Die Schöne“ nennt Ernst Baader, Leiter des Landschafts- und Forstamts, die Nil- (oder auch ägyptische) Gans, die um die Augen einen farbigen Kreis besitzt, als hätte sie gelben Lidschatten aufgetragen. Die kräftige Kanadagans hingegen hat einen langen, schwarzen Hals und Kopf – letzterer mit einem weißen Keil im „Gaumen“-Bereich. Am schwierigsten ist die Schwanengans zu erkennen, denn ihr braun-schattiertes Gefieder und der braune Kopf variieren in der Schattierung. Charakteristisch ist ihr schwarzer Schnabel mit der geraden Kante.

Sobald die Witterung passt und der Boden nicht zu weich ist, fahren wir mit der Kehrmaschine raus
Ernst Baader Leiter des Landschafts- und Forstamts

Eingewanderte Arten

Alle drei Gänse sind eingewanderte Arten, machen hier Station oder blieben auf dem Weg zwischen Sommer- und Winterquartier hängen – auch, weil die Neckarwiese mit ihrer kurzen Grasnarbe und den feinen Halmen aus Gänse-Sicht ein ideales Quartier ist. Zudem ist es weitgehend geschützt vor Beutegreifern wie Füchsen.

Als Zugvogel kommt die Schwanengans im April eigentlich im Brutgebiet Sibirien an, im September zieht sie ins Winterquartier in China zurück. Weltweit gibt es mehrere Tausend Tiere, seit etwa 15 Jahren ist eine Population auf der Heidelberger Neckarwiese heimisch. Vor einigen Jahren gab es Versuche, die Tiere einzufangen und andernorts auszusetzen. Eine wirkliche Lösung des Problems war auch das nicht, erklärt Baader. Seine Beobachtung: Es „rücken“ immer neue Gänse nach.

Vielfalt der Gänse

  • Wild lebende Gänsearten: Neben der Kanadagans (Branta canadensis) leben in der Region vor allem die Nilgans (Alopochen aegyptiaca) und die Schwanengans (Anser cygnoides) in freier Wildbahn.
  • Landesweit gibt es aber auch Graugänse (Anser anser) und Rostgänse (Tadorna ferruginea).
  • Brandgans (Tadorna tadorna), Weißwangengans (Branta leucopsis), Streifengans (Anser indicus), und Kurzschnabelgans (Anser brachyrhynchos) sowie Zwerggans (Anser erythropus) sind nur vereinzelt anzutreffen – die meisten dieser Arten dürfen nicht bejagt werden.
  • Die bis zu 6,5 Kilo schwere Kanadagans stammt aus Nordamerika. Sie erkennt man am schwarzen Hals und Kopf mit dem weißen Gefieder im Gaumenbereich. Sie gilt als weltweit am häufigsten vorkommende Gans und darf zwischen dem 1. November und dem 15. Januar bejagt werden.

Seit Oktober hielten sich große Gänsescharen zum Überwintern auf der Neckarwiese auf. Eine verlässliche Zahl der Tiere könne man nicht angeben: „An einem Tag sind keine da, am nächsten einige Hundert“ Vögel. Es kommt eine Menge Kot zusammen: Experten rechnen zwei Kilo pro Tier und Tag. „Sobald die Witterung passt und der Boden nicht zu weich ist, fahren wir mit der Kehrmaschine raus“, verspricht Baader. Allerdings müsse er sich auch genau überlegen, wo er sein Fachpersonal einsetze – denn das Landschaftsamt hatte in den zurückliegenden Sommern vor allem mit den Folgen des Klimawandels zu tun. Die Bewässerung und damit der Erhalt der Bäume genieße daher ebenfalls sehr hohe Priorität.

„Die Sauberkeit der städtischen Grünanlagen liegt uns sehr am Herzen. In der letzten Zeit haben die Beschwerden über die vielen Gänse auf der Neckarwiese und ihre Hinterlassenschaften stark zugenommen. Wir wollen auch darüber sprechen, was noch getan werden kann“, betont CDU-Stadtrat Matthias Kutsch.

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Gelege leeren

„Das Problem ist uralt“, möchte Peter Kocks fast abwinken. Unter anderem als langjähriger DLRG-Vorsitzender mit Vereinsgelände auf der Neckarwiese kennt er das Gänsethema in all seinen Facetten. Auch wissenschaftlich sei die Gänsepopulation schon begleitet worden. Kocks ist regelmäßig dabei, wenn die Gelege der Schwanengans – sie brütet vor allem auf der „Liebesinsel“ im Neckar – geleert werden. Sechs Mal im Jahr sei er mit dem Team hinübergefahren – mit Genehmigung der Naturschutzbehörde. Die Schwanengänse sind nur hier ein Problem, bejagt werden dürfen sie nicht.

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Auch in Sachen Gänseproblematik darf das Landschafts- und Forstamt nun auf zwei neue, junge Mitarbeiter vertrauen: Wildtierbeauftragte Luisa Krauß und Stadtjäger Tim Wissutschek. Letzterer ist zudem ein erfahrener Drohnenpilot. Brüten Nilgänse, die nur selten auf der Liebesinsel Eier ablegen, im Naturschutzgebiet Richtung Wieblingen? Diese Frage soll im Überflug mit Wärmebildkameras geklärt werden. Das Areal wird von Bibern bewohnt und ist extrem schwer zugänglich. Auch bejagt werden die großen Vögel – allerdings nicht auf der Neckarwiese, sondern im freien Feld. Der Tierschutzbund lehnt eine Jagd auf Gänse grundsätzlich ab. Angeschossene Gänse fielen zum Teil vom Jäger unbemerkt vom Himmel, sie würden im Schilf oder Gebüsch vergessen, wo sie elend sterben, nennen die Tierschützer ein Argument.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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