Justiz

Landgericht Heidelberg: Geschenkt ist nicht gleich geschenkt

Die Zivilkammern des Heidelberger Amts- und Landgerichts haben im vergangenen Jahr 1561 Klagen verhandelt. Darunter waren Mietstreitigkeiten, aber auch ehemalige Paare stritten sich über vermeintliche Geschenke

Von 
Michaela Roßner
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Wird ein Mietvertrag vom Vermieter fristlos gekündigt, müssen wichtige Gründe angegeben werden. © Christin Klose

Heidelberg. Fehlerhafte Arztrechnungen, nicht erlaubte Versicherungsklauseln und vor allem viel Ärger im Zusammenhang mit Bausachen haben die Zivilkammern des Heidelberger Amts- und Landgerichts im vergangenen Jahr beschäftigt. 1561 Zivilklagen sind im vergangenen Jahr in erster Instanz am Landgericht eingegangen - das waren knapp 280 weniger als 2021. Hinzu kamen 121 Berufungsverfahren. Der Streitwert muss über 5000 Euro liegen, wenn das Landgericht in erster Instanz mit der Klage befasst ist. Mieter und Vermieter treffen sich ebenfalls regelmäßig vor Gericht wieder, wie einige beispielhafte Entscheidungen zeigen. Aber auch vermeintliche Geschenke während einer Partnerschaft müssen zurückgegeben werden, wenn die Liebe zu Ende ist.

„Geschenktes“ Motorrad: Ein Paar, das sich getrennt hatte, stritt vor Gericht um die Herausgabe eines teuren Motorrads. Die Klägerin hatte es gekauft und mit 17 000 Euro aus der Erbschaft ihres Vaters bezahlt. Ihr Ex-Partner hatte es ausschließlich gefahren, auch zugelassen und versichert. Das bedeutet aber nicht, dass es ihm auch gehört, urteilten die Richter in einer inzwischen rechtskräftigen Entscheidung. Der Mann konnte nicht belegen, dass er das Zweirad geschenkt und nicht nur geliehen bekommen hatte. Dass er es zugelassen hatte, sei kein Beleg, denn die Klägerin hatte auch einen Wohnwagen auf sich zugelassen, der aber dem Ex-Partner gehörte (Az: 5 O 189/22 vom 29. März 2023).

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Fristlose Kündigung: Wenn das Gericht nicht nachvollziehen kann, welche wichtigen Entscheidungen zur Kündigung eines Mietvertrags geführt haben, kann es die Kündigung für unwirksam erklären. Im konkreten Fall ging es um einen Räumungsanspruch. Geklagt hatte die Vermieterin. 627,93 Euro Miete hatte die beklagte Mieterin bis Oktober 2019 zu bezahlen. Am 18. Januar 2022 kündigte die Vermieterin den Mietvertrag fristlos und begründete, es seien 2088,98 Euro Mietschulden aufgelaufen. Die Klage wurde abgewiesen; eine Berufung hatte keinen Erfolg. Der Zahlungsrückstand sei „weder formell noch materiell schlüssig dargelegt“ worden (Az:5 S 3/23 vom 22. Juni 2023).

Befristung: Ein befristetes Mietverhältnis endet nicht unbedingt automatisch, das zeigt eine Entscheidung vom 13. Oktober 2022. Im konkreten Fall geht es um ein Ein-Zimmer-Appartement. Die Klägerin verantwortet eine Bildungs- und Beherbergungseinrichtung für Studierende. Für 700 Euro Monatsmiete bewohnte die Beklagte ein solches Appartement. Das am 1. Juli 2020 begonnene Mietverhältnis sollte laut Mietvertrag zum 30. September 2020 enden. Als Option wurde eine Verlängerung bis zum Zeitpunkt des Verkaufs des Hauses eingeräumt - mit vierwöchiger Kündigungsfrist. Zum 31. Mai 2021 verkaufte die Vermieterin das Gebäude und kündigte die Einzimmerwohnung am 27. April 2021 zum 31. Mai 2021. In erster Instanz hatte das Amtsgericht eine Räumungsklage bestätigt. Im Berufungsverfahren bekam die Mieterin Recht. Das Mietverhältnis sei nicht wirksam beendet worden, hieß es in der Begründung. Die kurzfristige Vermietung habe schließlich allein den Zweck gehabt, die Zeit bis zum Verkauf des Hauses zu überbrücken (Az.: 5 S 16/22).

Vereinsrecht: Nur begrenzt kontrollieren können Gerichte bei vereinsrechtlichen Disziplinarmaßnahmen. Ein Verein, der sich der Pflege der Freimaurerei verschrieben hat, stritt sich mit einem Mitglied. Dieser hatte eine Rundmail an 29 Mitglieder und zwei Ehrenmitglieder verschickt, in der er das Verhalten und Reaktionen des Vereinsvorstands kritisierte. Im Regelwerk des Vereins ist das Verfassen von Rundmails indes dem Vorstand selbst vorbehalten. Darauf war das Mitglied schon bei anderer Gelegenheit hingewiesen worden. Schließlich leitete der Verein ein Ausschlussverfahren ein. In Abwesenheit des Mitglieds beschloss eine Mitgliederversammlung am 20. Januar den Ausschluss des Kritikers. Dieser behauptete, er sei zu der Versammlung nicht eingeladen gewesen und klagte gegen den Ausschluss. Er bekam Recht: Der Vereinsvorstand hatte nicht zweifelsfrei nachweisen können, dass er das unliebsame Mitglied - und damit alle Mitglieder - ordnungsgemäß zu der Versammlung eingeladen hatte. Eine Liste der eingeladenen Mitglieder allein ist als ein solcher Beweis auch nicht ausreichend, solange nicht die Zustellung der Einladungen belegt werden kann (Az: 2 O 119/22).

Vertragsrecht: Ein früherer Geschäftspartner hat Anspruch darauf, dass ihm Informationen aus einem Geschäft gegeben werden, an dem er zuvor beteiligt war. In einem konkreten Fall ging es um den Gewinn aus dem Betrieb zweier Corona-Testzentren und die Auszahlung der Gewinne. Der Kläger und der Geschäftsführer einer GmbH hatten eine Vereinbarung unterzeichnet. Danach richtete der Kläger in seinen Restaurants in Heidelberg und Ladenburg ein Covid-Schnelltestzentrum ein. Der Geschäftsführer wurde als Berater bezeichnet und führte die Tests durch. Nach einem Streit beendete der Kläger die Zusammenarbeit im Juni 2021. Er forderte aufgrund der getroffenen Vereinbarung die Hälfte des Gewinns, der pro Test mit insgesamt 14 Euro angesetzt wurde. Doch der Beklagte weigerte sich, Unterlagen zu Gewinn- und Verlustrechnung vorzulegen. Der Beklagte hingegen behauptete, die Vereinbarung sei nur eine Art „Vorvertrag“ gewesen. Das sah das Gericht ganz anders (Az5 O 128/22).

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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