Ihren 75. Geburtstag heute wird sie im thüringischen Großbreitenbach feiern, der Partnerkommune Mörlenbachs. Dort gibt Dorisa Winkenbach als Naturexpertin und „Ehren- Olitätenmajestät“ beim größten Kräutermarkt Mitteldeutschlands seit zehn Jahren ihr Wissen weiter. Warum sie dort schon fünf Mal zur Ehren-Olitätenkönigin gekürt wurde und was das bedeutet, hat sie uns bei einem Spaziergang erzählt.
Wir laufen gemütlich auf dem ersten deutschen Geomanthie-Wanderweg, einem der Herzensprojekte der gebürtigen Wiesbadenerin, die seit Jahrzehnten in Mörlenbach lebt. Als 2003 die Idee zu einem Geomantie-Wanderweg entstand, musste einige Überzeugungsarbeit geleistet werden. Architekt Peter Fischer - er begleitet bundesweit Bauvorhaben - hatte bei einem Geomantie-Symposium im Odenwald die Idee mit der ganzheitlichen Gesundheitsberaterin Winkenbach entwickelt. Der früherer Landrat Matthias Wilkes und der ehemalige Bürgermeister Lothar Knopf unterstützten das Projekt. Mit dem Odenwaldklub wurde die EU-Ausschreibung erarbeitet. Als „Leader Plus“ ist die Förderung genehmigt worden. „Von der Idee bis zur Realisierung sind sieben Jahre vergangen“, erinnert sich Winkenbach. Dann wurde der Weg eröffnet - unter überregionaler Beachtung.
Naturkraftweg braucht Freunde
Geomantie hat nichts mit Esoterik gemein, sondern ist eine uralte Wissenschaft, in der viel Mathematik steckt. „Es ist uraltes Wissen“, sagt Winkenbach. Das zeige sich beispielsweise daran, dass alle Ortskirchen im Weschnitztal auf einer sogenannten Leylinie liegen. Eine geomantische Analyse sieht ein bisschen aus wie eine Seite aus einem Schulheft im Fach Geometrie: viele Linien, die sich an bestimmten Punkten kreuzen.
Doch in jüngerer Zeit sorgt sich Winkenbach um die Zukunft des Weges. Hier sind Hinweisschilder verschwunden, da fehlen Baumstümpfe, auf denen die Wanderer zur inneren Einkehr sitzen dürfen. „Das ist nicht so beglückend“, sagt sie traurig. Der Weg müsse gepflegt werden. Das hat der Bauhof der Gemeinde in den ersten zehn Jahren mit Ehrenamtlichen geleistet. Doch die Unterstützer aus dem Odenwaldklub-Ortsverein sind auch älter geworden, Winkenbach selbst kann auch nicht mehr so präsent sein, um mit ihrer Sichel „mal eben“ etwas Ordnung zu schaffen. „Ein Freundeskreis wäre vielleicht eine Idee, den Weg langfristig zu erhalten“, findet sie. Denn der Weg habe viele Freunde, betont Winkenbach.
Geboren in Wiesbaden
Dorisa Winkenbach wurde am 8. August 1947 in Wiesbaden geboren.
Sie wuchs im elterlichen Gärtnereibetrieb als eines von vier Kindern auf.
Nach einer Ausbildung zur Floristin und der Familiengründung absolvierte die heute dreifache Mutter eine Umschulung zur Erzieherin.
Außerdem bildete sich Winkenbach weiter mit Zusatzausbildungen in Ernährungskunde, Ganzheitlichem Coaching und Systemischer Beratung.
Seit 1992 gibt sie ihr Wissen um Kräuter, Natur und Lebenskunst als selbstständige Beraterin weiter („Artemis“: www.winkenbach.net).
Zweimal im Jahr bietet Winkenbach auch Baumwanderungen auf dem Geomanthie-Weg Mörlenbach an. miro
Entstanden ist die Idee zu dem Weg aus einer Bürgerinitiative gegen die Erweiterung des Steinbruchs Mackenheim, erinnert sich die Naturexpertin. Fischer war damals von den Gegnern der Erweiterung gerufen worden, betonte aber, „der Stein will sich schenken“ und brachte sich damit unter Verdacht, „gekauft“ worden zu sein von den Steinbruch- Betreibern. Doch aus dem vermeintlichen Desaster entstand etwas Positives - die Idee des Naturkraftwegs. Und das entspricht ganz dem Naturell der „Kräuterfrau“, die sich nie mit dem ersten oberflächlichen Blick zufriedengibt, sondern tiefer schauen möchte.
Zeit der Wilden Möhre
Die Wilde Möhre, die wie die blaue Wegwarte auffällig häufig gerade wächst, setzt für die Kräuterfrau Zeichen in einer Zeit der großen Veränderungen: „Die Pflanze breitet ihre Blüten wie Schirme auf, als wolle sie etwas abwehren, und zieht ihre Samen dannschützend zusammen“, analysiert die Mörlenbacherin, die schon zum „Waldbaden“ lud, als es dafür im Deutschen noch kein Wort gab, und die „grüne“ Kost und Drinks servierte, bevor Grüne Smoothies zur Mode wurden. „Es wird heißer werden, aber das ist nicht nur menschengemacht“, blickt sie auf den Klimawandel, ohne Ängste entwickeln zu wollen. „Wir müssen alte Strukturen loslassen und nach neuen Wegen schauen.“
Infos zur Wanderung
Eine Baumwanderung auf dem NaturKraftWeg in Mörlenbach organisiert Dorisa Winkenbach am Montag, 3. Oktober (Feiertag). Die Veranstaltung unter der Überschrift „Erde, Wald – Natur und Mensch, im Wandel“ beginnt um 10 Uhr und dauert bis etwa 15 Uhr.
Eine Anmeldung ist wegen der begrenzten Teilnehmerzahl erforderlich unter Telefon 0174/41 63 123.
Sich stets neu auszurichten, das scheint ein Lebensmotto der heute 75-Jährigen zu sein. „Ich habe mein Leben lang Neues gelernt“, fasst sie zusammen. Zwei Scheidungen und die Notwendigkeit, als alleinerziehende Mutter von drei Kindern - ein Junge seit Geburt behindert - zu bestehen, sorgten allein für viel Dynamik. Dazu Wissbegierigkeit und Lebensfreude: „Ich bin eine starke Frau.“ Nach der Ausbildung zur Floristin und einer Umschulung zur Erzieherin machte sich die junge Mutter in Mörlenbach, auf der Suche nach einem familientauglichen Beruf, mit einem Vollwert-Partyservice selbstständig. „So habe ich Kräuter als gesunde Alternative und Geschmacksgeber entdeckt.“ Kunden wollten genauer wissen, was es mit Giersch und Bärlauch auf sich hat. So entstand die Idee zur ersten Kräuterwanderung. Später und bis heute bildet die Expertin fürs Grüne selbst Kräuterkenner aus. Und absolvierte zudem Ausbildungen etwa zum Systemischen Coach.
Den „Bräétmicher (Großbreitenbacher) Kram- und Kräutermarktes“ gibt es seit 1990 in Thüringen. Der Markt hat seine Wurzeln in der alten Markttraditionen (seit etwa 1550) und basiert auf dem Reichtum der Thüringer Kräutergarten-Region. Anfang des 17. Jahrhunderts stellte man in Waldlaboratorien und Familienbetrieben Naturheilmittel, die „Olitäten“ her. Die Bezeichnung leitet sich von lateinisch „Oleum“ (Öl) ab, denn aus Kräutern und anderen Naturstoffen wurden Öle, Balsame und Tinkturen hergestellt. Zur „Ehren-Olitätenmajestät“ wird jedes Jahr ernannt, wer sich besonders gut mit der Heilkraft der Kräuter auskennt.
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