Altstadt - Jugendfeierkultur Thema der Gemeinderatssitzung / Kurzfristiger Antrag der Stadtverwaltung / Aufklärungskampagne geplant

Konfliktmanager sollen Lärmprobleme in der Heidelberger Altstadt klären

Von 
Michaela Roßner
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Gute Stimmung herrschte den Sommer über im „Feierbad“ im Heidelgarden. Kommt nun eine Winter-Version? © Philipp Rothe

Heidelberg. Früher war es lange die Untere Straße gewesen, während des Lockdowns wurde es die Neckarwiese und seit kurzem ist es der Bereich an der Alten Brücke: Das nächtliche Heidelberg hat regelmäßig seine Sorgenkinder. Exzessiver Alkoholkonsum, Sachbeschädigungen und sogar Körperverletzungen sollen konsequent bekämpft werden. Da sind sich alle Fraktionen und die Stadtspitze weitgehend einig - auch darin, dass junge Menschen in der Stadt nach dem großen Clubsterben neue Gelegenheiten zum Feiern bekommen sollen. Mit einem Alkoholverkaufsverbot, wie von Oberbürgermeister Eckart Würzner vorgeschlagen, können sich indes offenbar wenige anfreunden. Die Ausgeh-Situation in der Unistadt ist auch Thema in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am heutigen Mittwoch, 10. November, ab 16.30 Uhr. Die Sitzung soll zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt ins Internet übertragen werden.

Zu einem Fachgespräch hatte am Montagabend die SPD-Fraktion neben den bei Heidelberg Marketing angestellten Nachtbürgermeistern Jimmy Kneipp und Daniel Adler auch Jens Ritter und Malte Metzner aus dem „Feierbad“-Organisationsteam eingeladen.

Wolf-Eckhard Wormser vom SPD-Ortsverein Altstadt hat für beide Seiten Verständnis: für um ihren Schlaf gebrachte Anwohner und für die jungen Leute, die heute wenig Orte fürs Feiern hätten. „Die Diskussion ist sehr alt“, kennt er das Thema Lärmbelästigung in der Innenstadt in- und auswendig. Nachdem zuletzt über die Sperrzeiten in der Altstadt („mit knapper Mehrheit“) entschieden worden sei, „verstehe ich nicht, warum das nicht durchgesetzt wird?“ Auch vom Kommunalen Ordnungsdienst (KOD), der auf 20 Mitarbeiter vergrößert wurde, habe er sich mehr versprochen. „Ein Büro in der Unteren Straße, an das sich abends und nachts die Anwohner wenden können“ hielte er für eine gute Lösung.

SPD-Fraktionschefin Anke Schuster wunderte sich über eine erst am Montag eingebrachte Sitzungsvorlage der Verwaltung mit dem Titel „Maßnahmenpaket Junges Heidelberg“. Die Stadt verbinde mit den neuen Angeboten auch die Hoffnung, dass dadurch die Situation an einigen Problempunkten im öffentlichen Raum beruhigt wird, heißt es darin zur Begründung. So sollen unter anderem Orte und Räumlichkeiten „identifiziert und aufgelistet“ werden, die sich für Partys und Treffs eignen würden. Sie sollen - so die Vorlage - das „Feierbad“ ersetzen. Dort für den Winter ein Zelt aufzubauen, wäre aus Sicht der Stadt mit 400 000 Euro zu teuer.

Schuster plädiert dafür, dass diese Vorschläge „noch eine Schleife drehen“ und erst im Dezember darüber abgestimmt wird - unter anderem bliebe die Frage nach der Finanzierung völlig offen, weshalb vorher der Haupt- und Finanzausschuss eingebunden werden müsse. Die beiden „Feierbad“-Organisatoren, die das erfolgreiche Sommerkonzept auch gerne für die Wintermonate adaptieren würden, bedauern ebenfalls, nicht eingebunden worden zu sein beim vorgelegten Papier. Sie würden die Winter-Feierbad-Variante befürworten, weil der Platz sich als ideal erwiesen habe und bekannt sei. Am Dienstag, einen Tag vor dem Gemeinderat, diskutierten sie darüber mit dem Stadtchef.

Einig sind sich offenbar alle Teilnehmer des Fachgesprächs, dass ein Alkoholverkaufsverbot in den „Spätis“ - kleine Geschäfte, die zu später Stunde mit dem Verkauf von Spirituosen Geld verdienen, nicht erfolgversprechend sei. „Das wird nur wieder ein endloser Rechtsstreit“, vermutet Metzner. Auch die Stadtspitze scheint nun nicht mehr darauf zu drängen, behält sich das Verbot aber als späteres Mittel vor - so steht es jedenfalls in der Vorlage „Maßnahmenpaket Junges Heidelberg“.

Probleme früh ansprechen

Eine „Awareness-Kampagne (Englisch für Bewusstsein)“ haben die beiden Nachtbürgermeister mit einer Agentur erarbeitet. Mit Plakaten, Bannern, Schildern, Bierdeckeln und weiteren Medien sollen Feiernde in der Altstadt dafür sensibilisiert werden, dass etwa Anwohner und Hotelgäste mit Recht Rücksicht einfordern. Konfliktmanager, die gezielt und früh Probleme ansprechen, sollen ebenso zu einer Befriedung der Situation beitragen wie verstärkte Streifgänge der Polizei und des Ordnungsdienstes.

Statt Verboten mehr Feier-Möglichkeiten - so lässt sich auch die Position von Bündnis 90/Grüne gegen das vorgeschlagene Alkoholverkaufsverbot zusammenfassen.

Feier-Angebote für Jugendliche

Das im Sommer 2021 erfolgreich etablierte Feierbad”-Konzept soll fortgesetzt werden: Im Neuenheimer Feld, in der Nähe des früheren Schwimmbad Music Clubs, hatten den Sommer über rund 10 000 junge Menschen gefeiert. Nachgedacht wird über eine winterliche Zelt-Variante.

Laut Stadt haben bereits Gespräche mit mehr als zehn Betreibern stattgefunden – von Karlstorbahnhof bis „Cave“ sind sehr unterschiedliche Räume im Gespräch.

Einen Überblick über bestehende Angebote und Lokalitäten – gegliedert in die Kategorien Partys, Locations, Art and Culture – bietet ab sofort die Webseite www.heidelberg.de/jungeorte.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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