Protestaktion

Klima-Aktivistin der Letzten Generation klebt sich in Heidelberg auf die Straße

Zum ersten Mal hat die Letzte Generation eine Protestaktion angekündigt. Die meisten, darunter zwei bekannte Aktivisten, werden im Vorfeld abgefangen - nur eine klebt sich an. Das sind die Eindrücke unserer Reporterin

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Jessica Scholich
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Eine Aktivistin der Letzten Generation klebt am Heidelberger Bismarckplatz auf der Straße fest. Es dauert fast eine Stunde, bis die Straße frei ist. © Jessica Scholich

Heidelberg. Dienstagnachmittag, 16.30 Uhr. Auf dem Heidelberger Bismarckplatz herrscht Trubel, einige Menschen stehen in der Schlange vor dem Blumenladen, um den Liebsten an Valentinstag eine Freude zu machen, während sie mehr als 30 Polizeibeamtinnen und -beamte Personen beobachten, die sich im Kreuzungsbereich der Sofien- und der Hauptstraße aufhalten.

Der Grund: Die Letzte Generation hat erstmals eine Klebe-Aktion im Vorfeld angekündigt. Am Montag veröffentlichten sie in den sozialen Medien einen Aufruf zur „Öffentlichen Straßenblockade“ in Heidelberg - unter Angabe von Treffpunkt und einem zum Datum passenden Motto: Aus Liebe zum Leben.

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Valentinstagsaktion der Letzten Generation in Heidelberg

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Einige Schaulustige haben sich bereits versammelt, als gegen 16.50 Uhr sechs Klima-Aktivisten unvermittelt auf die Straße stürmen - gefolgt von mehreren Polizisten. Fünf Personen tragen die Beamten direkt von der Straße, eine junge Frau hingegen schafft es, ihre Hand mit Kleber auf dem Asphalt zu befestigen.

Afra Porsche, so heißt die Aktivistin, die nach eigenen Angaben bereits rund 15 Mal an Protestaktionen teilgenommen hat, berichtet den Umstehenden mit lauter Stimme von ihren Forderungen und Zielen. „Ich mache das aus Liebe zu meiner Familie, aus Liebe zu den Menschen“, sagt die 25-Jährige, während sie von mehreren Polizisten bewacht wird. Manche Passanten schütteln mit dem Kopf, andere applaudieren.

Bekannte Aktivisten Leonardo Elgas und Raúl Semmler anwesend

„Die Anfangsphase solcher Aktionen ist immer kritisch, wir müssen schnell handeln“, berichtet Tobias Hoffert, Pressesprecher der Polizei Mannheim, vor Ort. Die fünf Aktivistinnen und Aktivisten, die sie am Festkleben hindern konnten, werden von den Beamten befragt. „Nachdem wir ihre Personalien aufgenommen haben, dürfen sie wieder nach Hause gehen. Keiner wird über Nacht festgehalten“, so Hoffert.

Unter den Festgehaltenen befindet sich auch Leonardo Elgas, ein inzwischen bekannter Aktivist und Student aus Heidelberg. Im vergangenen Jahr hat er versucht, sich in der Münchner Allianz Arena während eines Fußballspiels des FC Bayern an einem Torpfosten festzukleben. „Ich bin mir der harten Konsequenzen der Proteste bewusst. Aber ich habe mehr Angst vor unserer Zukunft als vor einer Haftstrafe“, sagt der Mathematikstudent.

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julb/scho/sal
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Auch Rául Semmler, 38-jähriger Schauspieler aus Mannheim, wollte an den Protesten teilnehmen. Beamte haben ihn allerdings schon im Vorfeld kontrolliert und festgehalten, heißt es von Seiten der Aktivisten. Sein Gesicht kennen die Ordnungshüter inzwischen.

Um 17 Uhr stehen rund 100 Passantinnen und Passanten um den von der Polizei abgesperrten Bereich an der Sofienstraße. Ihre Meinungen sind gemischt. „Ich finde das cool“, sagt der 53-jährige Bernhard Pirsch. „Der radikale Einsatz ist bewundernswert.“ Auch Olaf Baum, 51 Jahre alt, versteht die Proteste. „Die Politik tut zu wenig für den Klimaschutz. Durch solche Aktionen machen die Aktivisten darauf aufmerksam.“ Anders sieht das die 20 Jahre alte Michelle: „Die Aktion ist unnötig und hält nur den Verkehr auf.“

Stau gibt es allerdings nur wenig, die meisten Autos umfahren die Einsatzstelle. Gegen 17.45 Uhr gelingt es den Beamten, die Hand der 25-jährigen Afra mit einem Lösungsmittel von der Straße abzulösen. Unter leisem Applaus und „Danke“-Rufen einzelner umstehender Personen tragen die Einsatzkräfte sie von der Straße. Die Absperrung wird aufgehoben - der Verkehr kann wieder fließen.

Redaktion

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