Bildung - Evangelisches Gymnasium in Heidelberg-Wieblingen einer von noch 20 Kandidaten um den Deutschen Schulpreis

Jury spürt „Thadden-Geist“

Von 
Michaela Roßner
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Heidelberg. Zwei Schultage lang haben sich die sieben Experten umgeschaut. Sie sprachen mit Lehrern, Schülern und Eltern – und besuchten im Viertelstundentakt jede Menge Unterricht. Am Ende ist sich die Jury sicher: Sie hat den „Thadden-Geist“ gespürt. Das Elisabeth-von-Thadden-Gymnasium in Heidelberg-Wieblingen gehört schon jetzt zu den 20 besten Schulen des Landes. Am 13. März entscheidet sich, ob sie zu den 15 Nominierten für den Deutschen Schulpreis gehört. Den Sieger wird am 5. Juni Bundeskanzlerin Angela Merkel ehren, die einen Scheck in Höhe von 100 000 Euro übergibt.

Beworben hat sich die evangelische Schule, die derzeit 850 Kinder und Jugendliche besuchen, im vergangenen Herbst. Dabei habe gar nicht so sehr die Hoffnung auf einen Preis den Ausschlag gegeben, sondern der Wunsch, zum Netzwerk der besten Schulen zu gehören, erzählt Schulleiter Heinz-Martin Döpp. 73 deutsche Schulen im In- und Ausland gehölen bereits dazu. „Es ist unglaublich spannend, sich austauschen zu können und zu schauen: Wer macht etwas besonders gut?“, fügt Döpp hinzu. Kollegium und Schüler seien dem Jurybesuch sehr aufgeschlossen gewesen. Man habe sich zeigen wollen, wie man ist. Einzig die Andacht, die sonst den Mittwoch einleitet, ist auf den Donnerstag verlegt worden – mit Genehmigung der Schulpreis-Ausschreiber.

Die Andacht war es auch, die Jurymitglied Simone Fleischmann besonders beeindruckte: Da sei kein Lehrer zu sehen gewesen als Organisator, „die Schüler haben die Andacht alleine geleitet“. Das sei „eine ganz besondere Erfahrung“ für sie gewesen: „Ich konnte spüren, was die Gemeinschaft hier ausmacht.“ Ihr Kollege Udo Michallik ist gar so angetan, dass er ein Praktikum an der Schule empfiehlt, wenn man erfahren möchte, „wie man in einer Gesellschaft miteinander umgehen sollte: Hier fällt in Diskussionen niemand dem anderen ins Wort, drückt man Respekt voreinander aus.“ An dieser Schule, fasst der erfahrene Pädagoge zusammen, „möchte ich gerne arbeiten und lehren.“ „Man vertraut sich wechselseitig“, hat auch Hermann Veith beobachtet.

Mathias Rapohl hat sich besonders genau angeschaut, wie unterrichtet wird und welche Schwerpunkte gesetzt werden. Digitale Medien würden stark eingebunden, nennt er einen Punkt. Spannend findet er auch, dass das Unterrichten in der Mittelstufe anders gestaltet werden soll: Die Schüler erstellen eigene Lernprodukte, bringen Ideen ein und setzen Themen.

„Eine grandiose Sprachkompetenz im Englischen“, ist Michallik noch aufgefallen. „Nicht nur in der Fremdsprache, sondern auch in der Kommunikation allgemein – und beim Singen“, denkt Fleischmann wieder lächelnd an die Andacht am Morgen. „Ein weltverbundenes Gemeinschaftsleben“, sei es, bemerkt Veith: „Hier geht keiner verloren.“

Nicht nur „Eliteschulen“ hätten Chancen auf den Schulpreis, betont Andrea Preußke von der Robert-Bosch-Stiftung. „Gute Schule kann man auch mit wenig Geld machen, denn es kommt auf die Menschen an“, findet sie. Alle 20 Schulen würden in sechs Qualitätsbereichen bewertet – jede in ihrem Umfeld.

Spendenlauf für Tanzania

Ein ganz kleines bisschen darf man ja jetzt schon vom großen Hauptpreis träumen. Döpp könnte sich vorstellen, damit den neu entstehenden Bau für die Mittelstufe hochwertig auszustatten. Mit der Theater AG und einer sehr engagierten Sanitäts-AG gibt es weitere dankbare Empfänger. „Aber unsere Schüler würden ganz sicher auch etwas in die Partnerschaft mit Tanzania stecken“, weiß er: Diese Schüler können sich keine Flugtickets für den Besuch hier leisten. Deshalb starten die Gymnasiasten gerade einen Spendenlauf.

Nun wird es also spannend. Mitte März steht fest, ob es die Schule unter die besten 15 geschafft hat und eine Delegation Tickets für die Reise nach Berlin lösen kann. Aber für Schulleiter Döpp war die Bewerbung bereits jetzt ein Erfolg: „Ich fühle mich sehr beschenkt“, sagt er, „unsere Schule hat in den vergangenen Tagen so viel Wertschätzung erfahren durch Reaktionen von außen.“

Meisterschaft der Schulen

  • Der Deutsche Schulpreis wird seit 2006 von der Robert-Bosch-Stiftung und der Heidehof-Stiftung vergeben.
  • Er ist die höchste Auszeichnung für Schulen in Deutschland und ist mit 270 000 Euro dotiert.
  • Bewertet werden: Leistung, Unterrichtsqualität, Verantwortung, Schule als lernende Institution, Schulklima und „Umgang mit Vielfalt“.
  • Für den Deutschen Schulpreis 2019 haben sich insgesamt 78 Schulen beworben. Im März sollen bis zu 15 Schulen nominiert werden. Bei der Preisverleihung am 5. Juni werden die sechs Preisträger gekürt.
  • Im Mai 2017 hatte die Waldparkschule im Heidelberger Stadtteil Boxberg den zweiten Platz beim Deutschen Schulpreis belegt.
  • 14 Schulen waren im Finale.
  • Schulleiter Thilo Engelhardt nahm in Berlin auch einen von fünf Preisen für herausragende Unterrichtskonzepte entgegen – und damit 25 000 Euro. miro

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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