Justiz

Jahresbilanz des Heidelberger Amtsgerichts: Personalmangel sorgt für Herausforderungen

In fast allen Abteilungen des Heidelberger Amtsgerichts hat sich die Anzahl an eingegangenen Verfahren 2022 im Vergleich zum Vorjahr reduziert. Dafür dauert die Bearbeitung oftmals länger. Die Bilanz im Überblick

Von 
Jessica Scholich
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Ein fingierter Drogenkauf ist derzeit Gegenstand eines Prozesses in Heidelberg © dpa

Heidelberg. Das Amtsgericht Heidelberg hat seine Bilanz für das Jahr 2022 vorgestellt. In den meisten Abteilungen ging die Anzahl an Verfahren im Vergleich zum Vorjahr zurück. Die durchschnittliche Verfahrensdauer hingegen erhöhte sich an einigen Stellen. „Grund dafür ist hauptsächlich eine hohe Personalnot, die uns im vergangenen Jahr in vielen Bereichen getroffen hat“, erklärt Direktor Stefan Braun.

Neben einem hohen Krankenstand sei das Amtsgericht auch vom Nachwuchsmangel betroffen: „Die Bewerberzahlen für unsere Ausbildungsberufe und Studiengänge waren in den vergangenen Jahren rückläufig. Warum das so ist, wissen wir auch nicht.“ Dennoch zeigt sich der Direktor mit der durchschnittlichen Dauer der Verfahren zufrieden: „Dafür, dass wir 2022 mit vielen Problemen zu kämpfen hatten, sind die Zeiten gut.“

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Die Jahresbilanz in Zahlen

Seine Ausführungen untermauert Braun mit Zahlen: Im Jahr 2022 gingen am Heidelberger Amtsgericht beispielsweise 2273 Zivilverfahren ein - im vorhergehenden Jahr waren es noch 2355. Laut dem Direktor sei dieser Abwärtstrend bereits seit zehn Jahren bemerkbar. Dies könne mit der Inflation zusammenhängen, da das Amtsgericht nur Fälle bis zu einem Streitwert von 5000 Euro bearbeitet. Verfahren, die diesen Wert übersteigen, übernimmt das Landgericht.

Auch im Familienrecht zeichne sich seit mehreren Jahren ein Abwärtstrend ab. 2021 waren es 1657 eingegangene Verfahren, 2022 nur noch 1572. Als möglichen Auslöser vermutet Braun unter anderem die besseren Beratungs- und Hilfsangebote für Familien. Außerdem merkt er an, dass die Verfahren immer komplexer seien: Mittlerweile führe man zum Beispiel auch Kleinkinder oder Babys der Richterin oder dem Richter vor, um Hinweise auf das Kindeswohl zu erhalten. Das verlängere wiederum die Verfahrensdauer.

Elektronische Akte ist eine große Herausforderung für Amtsgericht

Eine große Herausforderung, die sich auch negativ auf die Bearbeitung von Verfahren auswirke, sei für das Amtsgericht die Einführung der elektronischen Akte (E-Akte). Für Braun ist sie „ein echter Meilenstein“, der seit September 2021 in den Abteilungen für Zivilrecht, Familienrecht, Insolvenzrecht, Betreuungsrecht und Nachlassrecht im Einsatz ist. Insbesondere in den beiden Letzteren sorge die E-Akte jedoch auch für Verzögerungen.

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sho
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„Die Technik ist ziemlich komplex“, erklärt Braun. Viele Mitarbeitende würden aus jahrelang erlernten Routinen herausgerissen und müssten sich erst umstellen. Zudem sei es herausfordernd, bestehende Vorgänge und Strukturen zu digitalisieren. „Vieles kann nicht 1:1 übertragen werden.“ In der Betreuungs- sowie der Nachlassabteilung komme hinzu, dass dort ein enger Kontakt und direkter Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern bestehe. Die Digitalisierung der Papierpost und der dazugehörigen Arbeitsabläufe sei schwierig und fehleranfällig. Bisher noch nicht mit E-Akten ausgestattet ist die Abteilung für Strafrecht - dies sei aber auch in Planung.

Redaktion

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