Medizin

Hopp-Kindertumorzentrum in Heidelberg als Aushängeschild in Europa

Im Beisein der beiden Hauptstifter Dietmar Hopp und Gerda Tschira startete am Donnerstag das 85 Millionen-Euro-Bauprojekt. Warum das Konzept bundesweit einzigartig ist, machte nicht nur Ministerpräsident Kretschmann klar

Von 
Stephan Alfter
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Spatenstich für das Kindertumorzentrum im Neuenheimer Feld: (v.l.) Manfred Fuchs, Gerda Tschira, Winfried Kretschmann und Dietmar Hopp. © Sabine Arndt

Heidelberg. Vielleicht ist der neunjährige Bjarne Clausing mit seiner Hirntumor-Erkrankung der beste Beweis dafür, dass Krebsforschung eine der wichtigsten Aufgaben nicht nur auf dem Sektor der Medizin ist. Jedenfalls war es seinem Vater Henrick, seiner Schwester Ava und ihm ein Bedürfnis dabei, zu sein, als am Donnerstagnachmittag ein bundesweit einzigartiges Projekt seinen baulichen Anfang nahm.

Das Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) im Neuenheimer Feld in Heidelberg zwischen Kinderklinik und NTC ist ein 85 Millionen Euro teures Gebäude, das zukünftig Forschung und Betreuung sehr junger Patienten unter einem Dach vereint. Auf 6400 Quadratmetern Fläche sollen zukünftig mehr als 200 Ärzte, Wissenschaftler und Experten arbeiten. Sie kommen laut Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ), das in Person der Vorstandsfrau Ursula Weyrich vertreten war, aus allen medizinischen Bereichen - von der Grundlagenforschung bis hin zur klinischen Anwendung.

Kretschmann ist Schirmherr

Die Besonderheit dieses Vorhabens ist schon dadurch beschrieben, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) selbst die Schirmherrschaft übernommen hat. Wenngleich das Land Baden-Württemberg bei der Finanzierung gar nicht mit im Boot ist. Es ist vielmehr dem Mäzenatentum von Dietmar Hopp und Gerda Tschira mit ihren Stiftungen (43 Millionen Euro und 35 Millionen Euro) sowie der Spendenbereitschaft von „Ein Herz für Kinder (sechs Millionen Euro) und des Mannheimer Manfred Fuchs (eine Million Euro) zu verdanken, dass die im Jahre 2019 entwickelte Idee nun umgesetzt wird. Als damals im Oktober bei der Eröffnung der Klima-Arena in Sinsheim Dietmar Hopp und Gerda Tschira den Gedanken an Kretschmann herantrugen, war der Prozess in Gang gekommen.

Daten und Fakten

Laut Professor Andreas Kulozik, Ärztlicher Direktor der Klinik für Onkologie in Heidelberg, erhalten rund 2000 Kinder in Deutschland jedes Jahr die Diagnose Krebs. Die Behandlung von Kindern mit Krebserkrankungen habe dabei andere Anforderungen als bei Erwachsenen.

Bauherrin des neuen KiTZ-Gebäudes ist die Hopp und ODWIN Projekte gGmbH, die von den größten Stiftern des Projekts eigens hierfür gegründet wurde. Die ODWIN gGmbH von Gerda Tschira und die Dietmar Hopp Stiftung gGmbH übernehmen den überwiegenden Teil der Baukosten in Höhe von 85 Millionen Euro.

Stifterin Gerda Tschira sagte, es sei wichtig, dass die kranken Kinder ihre Eltern und Geschwister als Stütze dabeihaben können in funktionalen Zimmern. sal

Winfried Kretschmann formulierte in seiner kurzen Rede anlässlich des Spatenstichs, dass es sein Plan sei, Baden-Württemberg zu einem der international führenden Standorte für Medizin- und Gesundheitsforschung zu machen. Heidelberg sei im europäischen Vergleich jetzt schon eine Top-Adresse, befand der Ministerpräsident im Beisein von Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Am KitZ arbeiten künftig das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), die Uniklinik Heidelberg und die Universität Heidelberg unter einem Dach zusammen.

20 Behandlungsbetten sollen hier entstehen, die Kindern und ihren Familien die besten Voraussetzungen zur Gesundung bieten sollen. Einzigartig sei das, weil hier Forschende und Ärzte quasi im Zimmer des Kindes unter Einbeziehung der Eltern maßgeschneiderte und somit personalisierte Therapie-Methoden entwickeln, drückte Ingo Autenrieth, Vorstandsvorsitzender der Uniklinik Heidelberg, seine Zuversicht aus, dass auch Kindern mit fortgeschrittener Krankheitsgeschichte geholfen werden könne. Das seien ideale Bedingungen. „So viele davon gibt es nicht auf der Welt“, befand Ursula Weyrich, Vorstandsmitglied des DKFZ, angesichts der Tatsache, dass es lediglich in den Vereinigten Staaten und im niederländischen Utrecht vergleichbare Einrichtungen gibt.

Hopp kündigt weitere Millionen an

Im Vorfeld der Veranstaltung, deren Beginn sich wegen einer Verspätung Kretschmanns verzögerte, erklärte Dietmar Hopp, dass Krebs bei Kindern nicht mit den Mitteln der Erwachsenen-Medizin heilbar sei. „Ich tue, was ich kann und bin stolz darauf“, sagte der Mäzen von dieser Redaktion auf die sage und schreibe über eine Milliarde Euro angesprochen, mit der er seit 1995 über seine Stiftung Kinder und alte Menschen gefördert und unterstützt hat. Mit dem Kindertumorzentrum schlage man ein neues Kapitel in der Bekämpfung von Krebserkrankungen bei Kindern auf. Zur Überraschung aller Anwesenden kündigte Hopp an, dass weitere 21 Millionen Euro in die Arbeit des KiTZ fließen sollen, sobald der Bau, der sich ans Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) anlehnt, vollendet ist.

Für Bjarne Clausing, der sich mit Dietmar Hopp fotografieren ließ, ist diese Unterstützung hoffentlich nicht mehr notwendig. Das Wachstum seines Hirntumors konnte mit Hilfe eines Medikaments, das er nun nicht mehr nehmen muss, gestoppt werden. Alle sechs Monate muss er nach wie vor zur Kontrolle. Seine Eltern hatten die Diagnose im Alter von eineinhalb Jahren bekommen.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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