Heidelberg. 1000 Kilometer in 14 Tagen – so heißt das Ziel von Tanja Braun, als sie aus ihrer Heidelberger Komfortzone aufbricht, um ein lebensgefährliches Abenteuer in der trockensten aller Wildnisse zu beginnen. Zehn Wüsten und zehn Länder hat sie sich innerhalb von drei Jahren vorgenommen. Rund 10.000 Kilometer sollen es am Ende sein. Doch bereits die erste Etappe in der marokkanischen Sahara in den vergangenen Tagen hat ihr gezeigt, dass man einer Wüste nichts diktieren kann. Nach 14 Tagen hat sie 850 Kilometer hinter sich gebracht.
Vergangenen Freitag kehrt Tanja Braun aus Afrika zurück. Am Montagmorgen ist sie zwar physisch wieder am Neckar angekommen, mental hängt sie den jüngsten Erlebnissen, die sie hart an ihre Grenzen bringen, aber noch nach. Die prägendste Erfahrung bilden drei Sandstürme, die vom Hohen Atlas her ihre Wüstentour auf eine Weise erschweren, wie sich das der gemeine Stadtbewohner nur schwer vorstellen kann. Mit ihrem geringen Gewicht stemmt sie sich dem starken Wind entgegen, der aus dem mit Schnee bedeckten Gebirge kommt. Viele Stunden lang prasseln die kleinen Quarzkörner gegen ihren hageren Körper. „Wie ein Rockkonzert, bei dem Du neben der Bassbox stehst“, beschreibt sie den Zustand, den sie akustisch ertragen muss. Mental sei das nicht einfach gewesen – auch vor dem Hintergrund, dass das Kräfte raubt, die am Ende fehlen könnten.
Temperaturschwankungen als Herausforderungen für die Heidelbergerin bei Global Desert Race
Früh setzt sich Braun mit dem nicht ganz einfachen Gedanken auseinander: Was, wenn ich die 1000 Kilometer nun nicht schaffe? Ist das dann ein Scheitern? Es ist Tag drei ihrer ganz eigenen Expedition. Bei Böen in einer Geschwindigkeit von bis zu 95 Kilometer pro Stunde trommeln diese Gedanken gegen das Gefühlszentrum ihres Gehirns. Doch dann gibt es auf Brauns Weg auch die Phasen des Genusses, die mit dem Ausstoß von Endorphinen einhergehen.
Eine Schwierigkeit gemeistert zu haben und sich auf einem Plateau entlang der Dünen zu bewegen, habe ihr auch tolle Momente beschert, resümiert die austrainierte Athletin, die aufgrund der Umstände statt zehn bis zwölf Stunden pro Tag nur zwischen acht und zehn Stunden läuft. Einmal macht sie eine ungeplante Pause, als sie zwei Berber-Frauen begegnet, die aufgrund des Ramadans zwar selbst nichts zu sich nehmen, die Heidelbergerin aber auf einen Tee einladen. Dass sie das zehn oder 15 Kilometer kostet, macht ihr in diesem Moment nichts aus, denn es sind genau diese Begegnungen, die sie mag und von denen sie zehrt.
Ein limitierender Faktor auf dem Weg seien für sie die Temperaturschwankungen gewesen, denen sie ausgesetzt war, so die 49-Jährige. Vorbereitet ist sie ursprünglich auf den algerischen Teil der Sahara, der klimatisch anders funktioniert und um diese Jahreszeit deutlich wärmer ist. Weil die Tour dort aus politischen Gründen schwerer durchführbar ist, wird einigermaßen kurzfristig umdisponiert. Das bedeutet auch: Nachts muss die Ultra-Athletin mit Temperaturen von unter fünf Grad klarkommen. „Das ist keine Kälte wie bei uns. Ich kann es kaum beschreiben“, sagt sie und spricht von einem Gefühl, das „wie Blei im Körper“ hänge. Sobald die Sonne weg ist, fällt das Thermometer um etwa 20 Grad. Für Braun, die mit Hitze eher klarkommt als mit Kälte, kein einfaches Unterfangen.
Dass der Energiehaushalt bei einer solchen Herausforderung mit die wichtigste Rolle spielt, sollte jedem klar sein, da schon mal einen Dämmermarathon in der Metropolregion in Angriff genommen hat. So ganz einfach ist das für Tanja Braun aber nicht, denn sie hat zwischenzeitlich mit etwas Durchfall zu kämpfen – auch für den Kopf nicht optimal. Entgegen der Planungen isst sie abends Kartoffeln. Hinzu kommen während der Tage in der Wüste Orientierungsschwierigkeiten – trotz des GPS-Systems, das sie benutzt. Sie verläuft sich zweimal und auch das kostet Zeit und Kraft. Ihr Guide greift sie auf und führt sie jeweils auf den richtigen Pfad zurück.
Sahara-Tour: Der Umgang mit der rauen Natur bildet den Fokus ihres Vorhabens
Wer, wie er mit der Wüste groß geworden sei, dem falle es leichter, die Orientierungspunkte richtig zu deuten, stellt Braun in der Rückschau fest. Sie vergleicht das erstaunlicherweise mit den Mannheimer Quadraten. Wer in ihnen aufwachse, wisse, wo es lang geht. Am Ende ist sie mit sich aber total im Reinen, auch wenn es nicht die zunächst angepeilten 1000 Kilometer geworden sind. Für ihre Follower auf Instagram hält sie fest: „Mein Fokus liegt nicht auf der Zahl und dem Höher, Schneller, Weiter. Es geht mir viel mehr um die Auseinandersetzung mit der rauen Natur und was sie mit uns als Menschen macht.“ Schließlich war ein Antrieb, auf den Umgang mit den Wasserressourcen hinzuweisen und damit auf unsere Abhängigkeit davon. Sie werde sich zukünftig besser an die Wetterbedingungen anpassen müssen, nimmt sie sich vor.
Global Desert Race
Global Desert Race nennt die 49-jährige Tanja Braun ihr Vorhaben, zehn Läufe in zehn Ländern zu absolvieren, die jeweils durch zehn Wüsten führen.
Sahara – Marokko 25.02.2025, Wadi Rum – Jordanien Mai 2025, Rub al Khali – Oman Herbst 2025, Nefud – Saudi Arabien, Namib – Namibia, Gobi – Mongolei, Thar – Indien, Mojave – USA, Atacama – Chile, Great Victorian - Australien.
Begleitet wird Tanja Braun punktuell von einem Team von Ravir-Film. Die Rundfunk- und Medienproduktionsfirma mit Sitz in Dresden hat in der Vergangenheit schon eine Produktion über Jonas Deichmann gemacht, der in 120 Tagen 120 Iron-Man-Distanzen bewältigt hat.
Um das Vorhaben zu finanzieren, gab es einen Crowdfunding-Prozess, um beispielsweise die Reisekosten zu decken und die Hilfe vor Ort zu bewältigen. sal
Schon jetzt an Jordanien und die Wüste Wadi Rum zu denken, kommt für die Mutter eines Kindes zu früh. Sie gönne sich nun einige Tage Trainingspause, um den Körper zu regenerieren. Ende Mai geht das Projekt mit dem Namen Global Desert Race dann in die nächste Etappe. Verbunden ist auch dieser Lauf mit einer Dokumentation durch die Dresdner Rundfunk- und Medienproduktionsfirma Ravier-Film, die bereits über Erfahrung in diesem Segment verfügt. Wer Tanja Braun und das mediale Projekt finanziell in einer Crowdfunding-Kampagne unterstützen möchte, kann das unter der Internetadressse https://www.startnext.com/global-desert-race-tanja-braun tun.
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