Investition

Heidelberger „Kita-Baukasten“ kommt überregional gut an

Schnelleres Bauen durch einheitliche Grundformen, die individuell angepasst werden können

Von 
Michaela Roßner
Lesedauer: 
Besuch auf der Kita-Baustelle: Evangelia Rousiamani (v.l.), Elisabeth Kleinert, Harald Heußer, Volker Weber, Jürgen © Philipp Rothe

Heidelberg. Bagger im Garten, Schläuche quer durchs Gebäude – und jede Menge Sand: Die Mädchen und Jungen der Kindertagesstätte in der Furtwänglerstraße hätten sicher viel Spaß mit dem, was gerade im und ums Gebäude passiert, sind aber gerade in den Ferien. Die Einrichtung im Heidelberger Stadtteil Handschuhsheim wird um 40 Plätze erweitert. Und zwar im Baukastensystem. Das hat das Hochbauamt entwickelt. Für das System, für das die Urheberrechte bei der Stadt liegen, interessieren sich inzwischen auch Kommunen bundesweit. Denn es verspricht schnelleres und unkomplizierteres, hochwertiges Bauen, wie Baubürgermeister Jürgen Odszuck bei seiner Baustellen-Sommertour vor Ort erklärt.

Seit Februar wird in der Einrichtung gebaut. 16 Holzmodule werden verbaut. Die Gesamtkosten des Anbaus belaufen sich auf 2,5 Millionen Euro. Der Bund fördert das Projekt mit 246 000 Euro. Evangelia Rousiamani, Elisabeth Kleinert, beide vom Hochbauamt Stadt Heidelberg, Amtsleiter Harald Heußer und Architekt Volker Weber begleiteten Odszuck beim Rundgang durch die neuen und alten Kita-Räume.

Kitas in der Stadt

  • In die Kinderbetreuung fließen in Heidelberg in diesem Jahr mehr als 108 Millionen Euro. Davon werden ungefähr 47 Millionen Euro über Landeszuschüsse gedeckt.
  • Derzeit bieten insgesamt 45 Träger in rund 133 Einrichtungen Kinderbetreuungsplätze an.
  • Mit einer Versorgungsquote für Kinder unter drei Jahren von 59,8 Prozent im Kindergartenjahr 2022/23 und einer Vollversorgung im Kindergartenbereich (drei bis sechs Jahre) nimmt die Stadt einen der Spitzenplätze in Baden-Württemberg ein. 

In dem Anbau sind zwei Gruppen- und Schlafräume, zwei Intensiv- und Sanitärräume, ein Personal-WC, ein Personalraum sowie eine Abstellkammer untergebracht. Im Altbau wird zudem unter anderem ein behindertengerechtes WC eingerichtet.

Ein langer und breiter Spielflur – bestens geeignet für ein Bobbycar-Rennen – verbindet den bestehenden mit dem neuen Gebäudeteil. Die beiden Gruppenräume werden mittels einer Holzterrasse verbunden. Große, bodentiefe Fenster und einbruchssichere Lamellenfenster zum Durchlüften sind weitere Merkmale der Module, die schlüsselfertig auf die Baustelle geliefert und auf einer Boden-Betonplatte fixiert wurden.

Serienmäßig vormontiert

Selbst die Toilettenkabinen, der Wickeltisch und die Waschbecken sind schon montiert, wenn die Holzmodule angeliefert werden. Ein Tiny-Haus, das bei Bedarf abgeholt und woanders aufgestellt werden kann? Theoretisch sei das möglich, erklärt Odszuck, „aber so ist es nicht gedacht“. Vielmehr sollen sich Kinder und Erzieherinnen auf lange Sicht in dem Holzbau wohlfühlen, der auch von innen viel von dem heimeligen Material zeigt.

Der Bedarf an Kitaplätzen wächst mit der Stadt: „Jährlich müssen wir 2,7 bis drei Prozent mehr nachweisen“, nennt der Bürgermeister eine Größe. Die Modul-Kita entsteht in nur einem Drittel der Zeit, die ein konventioneller Neubau in Anspruch nehmen würde. Denn die Ausstattung ist serienmäßig von hoher Qualität; kombiniert werden die Module je nach Grundriss, erklärt Weber.

Ein Gruppenraum in der Einrichtung Furtwänglerstraße umfasst drei Modulzellen, die zusammengefasst werden. Das Baukastensystem, glaubt der Leiter des Hochbauamts, könne auch auf andere Projekte übertragen werden: Das Ziel der Bundesregierung, jedes Jahr 400 000 neue Wohnungen bauen zu lassen, sei eher mit solchen Vereinfachungen des Bauens zu erreichen, schätzt Weber. Die Holzmodulbauweise spare zudem Nebenkosten und Personal. „Dank der bis ins Detail ausgearbeiteten Module brauchen wir nicht für jedes Vorhaben eine aufwendige Einzelplanung“, ergänzt Heußer. Weil Rahmenverträge geschlossen wurden, hat die Stadt beim Kita-Bau von Preissicherheit profitiert – bei der aktuell angespannten Situation im Baugewerbe ein unbezahlbarer Vorteil. Die Module auf die Grundplatte zu stellen, habe nur eine Woche in Anspruch genommen, so Rousiamani.

Weitere Projekte

Das Thema Nachhaltigkeit ist ebenfalls berücksichtigt worden: Eine Dachbegrünung und auf einem Teil der Fläche eine Photovoltaikanlage sind serienmäßig. Die erste Betreuungseinrichtung, die aus Holzmodulen entstand, steht auf einem städtischen Grundstück in Rohrbach. 60 Module bilden die Kita Breisacher Weg. Im nächsten Jahr soll mit der Holzmodul-Kita Otto-Hahn-Straße im Emmertsgrund begonnen werden.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen