Städtepartnerschaft

Heidelberg möchte Bande zu Odessa knüpfen

Beides sind Unesco-Literaturstädte, haben Universitäten und eine reiche Geschichte. Heidelberg und Odessa im Süden der Ukraine sind ideale Kandidaten für eine Städtepartnerschaft - wenn der Krieg nicht wäre

Von 
Michaela Roßner
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Im Oktober 2022 spendete die Feuerwehr Heidelberg der Stadt Odessa ein außer Dienst gestelltes Drehleiterfahrzeug. Das Archivbild zeigt Oberbürgermeister Eckart Würzner (Mitte), Feuerwehrleiter Heiko Holler (rechts) und Kevin Ludwig von der Feuerwehr Heidelberg, der das Fahrzeug damals in die Ukraine brachte. © Tobias Dittmer

Heidelberg. Beide sind alte Universitätsstädte, beide haben eine lange Geschichte, beide sind Unesco-Literaturstädte: Heidelberg und Odessa am Schwarzen Meer sind ideale Partner für eine Städtepartnerschaft, könnte man meinen. Wäre da nicht die Politik. Odessa liegt in der Südukraine und wurde seit Kriegsbeginn mehrfach angegriffen. Heidelberg will trotzdem - oder gerade deshalb - engere Bande mit Odessa knüpfen. Darüber wird am Mittwoch in der nächsten öffentlichen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses diskutiert.

Seit ihrer Unabhängigkeitserklärung im Dezember 1991 gehört Odessa zur unabhängigen Ukraine. Heidelberg hat Odessa seit Kriegsbeginn schon mehrfach unterstützt - unter anderem mit der Spende eines Drehleiter-Fahrzeugs für die Feuerwehr sowie Feuerwehr-Equipment wie Schutzkleidung und Wetterschutzjacken. Außerdem wurde eine Jugendgruppe von Waisen- und Halbwaisen aus Odessa und Wyschorod zu einem Freizeit- und Erholungsprogramm nach Heidelberg eingeladen.

Der Deutsche Städtetag hat Städte gezielt zur Umsetzung von Solidaritätsprojekten und Städtepartnerschaften mit der Ukraine aufgerufen, heißt es aus dem Rathaus. Heidelberg sei ein Vorreiter gewesen und unterstütze die Region seit Kriegsbeginn. Seit vielen Jahren gibt es auch Verbindungen über das Unesco-Netzwerk der kreativen Städte, denn Heidelberg und Odessa sind Unesco-„City of Literature“.

Heidelberg ging 1992 eine Städtepartnerschaft mit Simferopol ein, der heutigen Hauptstadt der „Republik Krim“. Wegen der Annexion der Krim im März 2014 liegt diese Städtepartnerschaft aber derzeit politisch auf Eis.

Interesse auch am Schwarzen Meer groß

Simferopol, Heidelberg und die ukrainische Stadt Odessa stehen seit Jahren im Austausch: Mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Jahr 2022 wurden die bereits bestehenden freundschaftlichen Kontakte intensiviert. Daraus resultierten zahlreiche gemeinsame Projekte und Hilfslieferungen mit und in die Hafenstadt am Schwarzen Meer. Heidelberg und Odessa wollen die gemeinsamen Beziehungen nun weiter intensivieren.

„Die Stadt Heidelberg sieht in der Stärkung der Verbindung ein wichtiges Signal für die kriegsgeplagten Menschen in der Ukraine. Die Anbahnung einer Städtepartnerschaft würde Heidelberg die Möglichkeit geben, den nächsten konsequenten Schritt der gelebten Solidarität mit Odessa zu gehen“, heißt es in der Begründung.

Abschließend soll der Gemeinderat am 14. November darüber entscheiden, ob die Verwaltung - bei Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen - einen Vertrag zur Städtepartnerschaft vorbereiten soll.

Aktuell pflegt Heidelberg Städtepartnerschaften mit Bautzen im Osten Deutschlands, mit Cambridge in Großbritannien, mit Hangzhou in China, mit Kumamoto in Japan, mit der französischen Stadt Montpellier, mit Palo Alto im Silicon Valley in den USA sowie mit Rehovot in Israel.

Odessa schätze die große Unterstützung und Solidarität Heidelbergs: Im Gemeinderat der südukrainischen Stadt soll ebenfalls ein Beschluss getroffen werden, eine Städtepartnerschaft einzugehen, heißt es weiter aus dem Heidelberger Rathaus. Der Oberbürgermeister der Stadt Odessa, Hennadij Truchanov, will das auf die Tagesordnung setzen.

Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev unterstützt den Wunsch nach stärkerer Verbindung. Er hat im September das Heidelberger Rathaus besucht und erklärt, dass die Anbahnung - resultierend aus der bestehenden Solidaritätsverbindung - und der Abschluss einer Städtepartnerschaft mit Odessa auch hilfreich ist, um die Kontakte zu den Menschen in der bereits bestehenden Partnerstadt Simferopol nicht abreißen zu lassen und auch dort einen besseren Zugang für eine humanitäre Unterstützung der Bevölkerung zu erreichen. Mit Simferopol auf der Krim unterhält die Stadt Heidelberg in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt seit der völkerrechtswidrigen Annexion 2014 keine offiziellen Kontakte mehr und erkennt die Annexion der Krim durch Russland nicht an. Heidelberg sei es aber wichtig, den Kontakt zu den Menschen in Simferopol möglichst nicht ganz abreißen zu lassen und mit Hilfsprogrammen insbesondere auch Geflüchtete aus Simferopol zu unterstützen, unter anderem über die Nichtregierungsorganisation „Krim SOS“.

Wissenschaftszentrum und bedeutende Hafenstadt

Odessa ist - wie Heidelberg - eine alte Universitätsstadt, die stark wissenschaftlich geprägt ist: eine weltoffene Stadt der Inspiration und der Innovation mit vielfältiger, kulturhistorischer Vergangenheit. Die südukrainische Stadt hat rund eine Million Einwohner und gilt als Wissenschaftszentrum der Ukraine.

Zudem ist die Stadt am Schwarzen Meer die bedeutendste Hafenstadt des Landes. Das historische Zentrum von Odessa wurde 2023 in die Welterbe-Liste der Unesco aufgenommen. Odessa wurde seit Kriegsbeginn bereits häufig durch Russland angegriffen. Dadurch kam es immer wieder zu Toten und Verletzten.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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