Das Wunder der Kunst: Im Heidelberger Kunstverein wird es in zwei neuen Ausstellungen präsentiert, die unterschiedlicher nicht sein könnten und dennoch gemeinsam haben, dass sie völlig neue Einsichten in Welt, Natur und Kultur liefern. Gemeinsam ist beiden, dass die Zeiten intuitiven Kunstverständnisses für Eingeweihte ein für alle Mal vorbei scheinen: Der neuseeländische Künstler Simon Denny bespielt etwa die Halle und das obere Stockwerk mit seiner „Merge“ betitelten Ausstellung, die sich ziemlich komplex mit dem Abbau von Rohstoffen, Extraktivismus genannt, und deren Vermarktung weltweit beschäftigt.
Die Systemfrage um den Kapitalismus steht definitiv im Zentrum. Auf einer an ein Spielfeld erinnernden Bodengrafik stehen große, skurrile Maschinen aus Pappe, die „Extractor“ heißen und an altmodische Minengeräte denken lassen. An den Wänden befinden sich gerahmte Zeichnungen, die vorgeben, im Gerichtssaal entstanden zu sein und Führungskader und CEOs wiederzugeben scheinen. Der gesteinsbrechende Hydraulikhammer, ein Geodaten sammelnder Satellit oder der Bohrgerätesimulator von Marktführt Epiroc, alle Pappmaschinen bevölkern einen schrägen Technopark, der nur in der wunderlichen Welt von Denny existiert, scheinbar entwickelt für zockende Männer, die in einem überdimensionierten Sandkasten spielen.
Der Künstler wurde 1982 in Auckland (NZ) geboren, studierte an der Elam School of Fine Arts in und an der Städelschule in Frankfurt. Er vertrat Neuseeland 2015 auf der Biennale in Venedig und lehrt heute zeitbasierte Medien an der Hochschule für bildende Künste Hamburg.
Im Studio hingegen sorgen Katinka Eichhorn und Jordan Madlon aus Mannheim für rätselhafte Zauberei und sehr wundersame Werke: Ob an der Wand, im Raum hängend oder gar im Garten platziert - nur durch die Scheibe zu sehen -, zeigen ihre Assemblagen merkwürdige Formen und seltsames Aussehen. Alles ist hochkomplex und gleichzeitig spielerisch, ein Umstand, den die beiden Künstler mit ihrem Vorbild Richard Tuttle gemeinsam haben. Der amerikanische Künstler entzieht sich der Einordnung seiner Kunst, sowohl was das Material angeht wie auch die Bedeutung. Während Eichhorn hauptsächlich mit Stoff als Ausgangsmaterial ihre ungewöhnlichen Gebilde schafft, findet Madlon häufig auf Aluminium Bildwerke, die sich nicht näher bestimmen lassen und sich der Kategorisierung entziehen.
Kurz zu den Biografien: Katinka Eichhorn wurde 1993 in Hamburg geboren, studierte unter anderem an der Akademie in Karlsruhe und erhält derzeit die Atelierförderung der Stadt Mannheim. Jordan Madlon wurde 1989 in Les Abymes, Guadeloupe, geboren, studierte an der École Supérieur d’Art et de Design de Saint-Étienne (Frankreich) und an der Akademie in Karlsruhe; er hatte etliche Ausstellungen und erhielt einige Preise, er vertritt mit Valentina Jaffé die Bildende Kunst im Rat für Kunst und Kultur in Mannheim.
Kunstverein HD, Hauptstr. 97, bis 8. Januar, Di-So 11-18 Uhr
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