Heidelberg. Fast fünf Jahre nach einer blutigen Auseinandersetzung in einer Heidelberger Diskothek wird das Geschehen nun vor dem Landgericht Heidelberg erneut aufgearbeitet. Ein 30-Jähriger muss sich nach einer Messerattacke auf zwei andere Clubbesucher wegen versuchten Totschlags und schwerer Körperverletzung verantworten. Er war mehrere Jahre lang abgetaucht und hatte sich im Januar 2021 den Behörden gestellt. Nicht nur er, sondern auch eines seiner beiden Opfer wurden für die Verhandlung aus der Untersuchungshaft vorgeführt.
Ist es eine „Testosteron-Alkohol induzierte Hahnenkampfgeschichte“, die aus dem Ruder lief, stecken kriminelle Machenschaften hinter der Auseinandersetzung, oder spielen Familienstreitigkeiten eine Rolle – Täter und Opfer sind teilweise verwandt? 2017 verband der damalige Sprecher der Staatsanwaltschaft das Geschehen mit diesen drei Thesen. Die Ermittlungen würden mit großem Personalaufwand geführt.
Gesichert ist für die Anklagebehörde: In den frühen Morgenstunden des 16. Dezember 2016 war es im Bereich der inzwischen geschlossenen Diskothek „Nachtschicht“ nach wechselseitigen Provokationen zum Streit zwischen zwei Besuchergruppen gekommen. Nach mehreren kleineren Zwischenfällen soll der Angeklagte gegen fünf Uhr morgens im Raucherbereich vor der Disko mit einem ausfahrbaren Messer auf zwei Brüder losgegangen sein.
Mit der etwa acht Zentimeter langen Klinge soll er einem heute 30-Jährigen unvermittelt von hinten in den linken Oberkörper gestochen haben. Eine Rippe wurde gebrochen, Brustkorb und Lunge verletzt. Zwei Wochen lang wurde der damals 24-Jährige im Krankenhaus behandelt, die ersten Tage intensiv.
Nach dieser Attacke soll der Angeklagte das Messer dem zweiten Geschädigten in den Unterbauch gestoßen haben. Dabei wurde der Dünndarm des jungen Mannes verletzt. Laut Erstem Staatsanwalt Martin Grimm sei es nur glücklichen Umständen zu verdanken, dass die beiden Verletzten überlebten. Den Messerstichen vorangegangen sein sollen Angriffe von Mitgliedern beider Gruppen – unter anderem mit an Kopf und Hals zerschmetterten Whiskygläsern. Einer der beiden Nebenkläger stand in diesem Zusammenhang bereits selbst vor Gericht und wurde wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
Drei weitere Verhandlungstermine
Der nun auf der Anklagebank Sitzende machte zum Prozessauftakt keine Angaben zum Geschehen. Das erklärte sein Verteidiger. Während der erste Zeuge, der im Rücken verletzte 30-Jährige, vor allem Erinnerungslücken geltend machte, berichtete sein zehn Jahre älterer Bruder ausführlicher. Nach der Stichverletzung war er zwei Mal im Abstand von Monaten operiert worden – das erste Mal fast 20 Stunden lang.
„Ich bin nicht auf Rache aus, möchte lieber nach vorne schauen“, erzählte er den Richtern. Die Sechste Große Strafkammer unter dem Vorsitz von Jochen Herkle hat drei weitere Verhandlungstermine anberaumt. Neben Zeugen ist auch eine Sachverständige geladen.
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