Heidelberg. Normalerweise sorgen die Klinikclowns vom Verein „Xundlachen“ durch ihre Besuche in Einrichtungen im Rhein-Neckar-Kreis für Abwechslung und gute Laune bei Bewohnern, Patienten und Pflegenden. Gerade in schwierigen und belastenden Lebenssituationen vermitteln sie Lebensfreude und Hoffnung. Doch derzeit können ihre Besuche nicht mehr wie gewohnt stattfinden. Aufgeben ist für das Team aber keine Option, denn überall herrschen Ausnahmezustand und Arbeitsüberlastung. „Eigentlich wären unsere Besuche gerade jetzt besonders notwendig“, so Stefanie Schnitzler, zweite Vorsitzende des Vereins.
Mit großen fröhlichen Oster-Postkarten wendete sich „Xundlachen“ daher früh an die Einrichtungen: „Damit wollten wir unsere Verbundenheit zeigen und signalisieren: Wir sind da und offen für neue Ideen und Konzepte“, erzählt Manja Mauersberger alias Rosalinde und Josi. Die Ergotherapeutin kennt in ihrer Funktion als Personalrätin am Universitätsklinikum Heidelberg die Situation in der Pflege genau.
Von April bis Oktober sorgten die Klinikclowns mit Gartentorvisiten für gute Laune: Statt in den Häusern spielten sie davor. Sie hatten fröhliche Lieder, Seifenblasen-Grüße, Luft-Küsse, Balance-Akte oder Staubwedel mit Teleskopstangen als lustige Abstandshalter im Gepäck. Die unter der Isolation leidenden Bewohner waren begeistert, schnell kamen neue Einrichtungen dazu. Sie hatten von Kollegen von positiven Effekten der Gartentorvisiten erfahren. „Auch uns berichteten Pflegende, dass sie nach den Clownsvisiten entlastet waren“, so Mauersberger.
Beliebte Videos im Klinik-TV
„Vor allem seit dem Lockdown light können aber viele Einrichtungen selbst dieses Konzept nicht mehr ermöglichen“, erzählt sie. Daher sucht das Team nach neuen Möglichkeiten, um in Kontakt zu bleiben. So sind Online-Visiten grundsätzlich möglich, stoßen aber an Kapazitätsgrenzen: „Wir benötigen dafür Pflegepersonal, dass die technischen Voraussetzungen schafft. Das ist derzeit nicht zu leisten“, sagt Schnitzler. Der Dachverband für Clowns in Medizin und Pflege ermöglichte die Veröffentlichung kleiner, sehr beliebter Minivideos der Klinikclowns in klinikeigenen TV-Sendern. Aktuell bieten acht Klinikclowns in vier Duos Outdoor-Weihnachtskonzerte an. Eine halbe Stunde lang machen sie im Freien Musik für die Bewohner verschiedener Einrichtungen. „Die können sich bei uns melden, das Angebot ist für sie kostenfrei und gilt bis ins neue Jahr“,erklärt Fath.
Clown-Visiten in den Häusern sind derzeit nur in sehr wenigen Einrichtungen und unter strengsten Auflagen möglich. Die Clowns werden vorab getestet und können mit großem Abstand in einer Bühnensituation auftreten. „Unser Ansatz ist es, möglichst viele Ressourcen zu schonen und das Pflegepersonal maximal zu entlasten“, so Schnitzler. Hausinterne Hygienestandards werden von den „Xundlachen“-Clowns ohnehin immer strengstens beachtet. Nun kamen weitere Hygieneschulungen zur Verhinderung von Infektionen mit dem Coronavirus hinzu. „Die Einrichtungen müssen sich darauf verlassen können, dass wir ihre Hygienevorschriften einhalten“, so Mauersberger. Dramaturgisch wird mehr mit Utensilien und Requisiten gearbeitet. Schnitzler alias Fluse bringt statt Drehorgel und einer Feder nun ein Zweimannzelt oder einen Mini-Swimmingpool mit. Das Spielen mit Mundschutz funktioniert überraschend gut, wie Peter Meier alias Pit erzählt: „Zwar kann man Grimassen nicht so gut sehen, wir strahlen das aber über den ganzen Körper aus. Die Bewohner bekommen alles mit.“ Schnitzler ergänzt: „Eine rote Nase auf einer FFP2-Maske macht unheimlich viel aus.“ Die Clowns bedauern sehr, dass sie Bewohner derzeit nicht in ihren Zimmern besuchen können. „Für manche waren wir der einzige Besuch – wir haben sie zum Teil seit März nicht gesehen.“
Auch die gewohnte Nähe zu den Kollegen fehlt. Statt monatlicher Trainingstreffen war nur ein Workshop im Oktober möglich. Neben regelmäßigen Telefonkonferenzen organisierten sie ein zweitägiges Online-Seminar mit einem norwegischen Coach: „Wir waren sehr skeptisch, ob Clownsein über den Bildschirm funktioniert“, erzählt Schnitzler. „Aber wir waren erstaunt, wie effektiv die intensiven Trainingskonzepte waren.“
Trotz erschwerter Bedingungen können „Xundlachen“ der Situation auch Positives abgewinnen. Fath fasst es so zusammen: „So blöd die neue Situation auch ist, sie zeigt neue Möglichkeiten auf.“ Auch zwischenmenschlich: „Wir waren vorher schon immer sehr willkommen, nun ist eine noch größere Verbundenheit entstanden.“
In 25 Einrichtungen aktiv
- „Xundlachen e.V.“ ist in der Rhein-Neckar-Region in 25 Einrichtungen aktiv.
- 17 professionelle Krankenhaus-Clowns versorgen Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime, Behinderteneinrichtungen und Hospize in Mannheim, Heidelberg und der Pfalz.
- Infos im Internet unter: www.xundlachen.info
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