Heidelberg. Helfer rollen großformatige, schwarze Koffer über den Gehweg vor dem Alten Hallenbad - als würde hier am Abend das Konzert einer vielköpfigen Band stattfinden. Doch diese "Akteure" werden nicht nur einen kurzen Auftritt haben, sondern dauerhaft einziehen: Die ersten Exponate des künftigen "Körperwelten"-Museums im einstigen Männerbad sind da.
Wo zuletzt erlesene Nahrungs- und Genussmittel meist vergebens Käufer suchten, herrscht emsiges, hochkonzentriertes Arbeiten. Helfer Benni Heiler packt vorsichtig zwei plastinierte Körper aus, die zusammen eine Fußballszene entstehen lassen. Bewegung und Fitness als Wohlfühlfaktoren - das ist eines der Themen, die in der Ausstellung unter dem Titel "Anatomie des Glücks" gezeigt werden. Diese beiden gehören zu den Lieblingsexponaten von Angelina Whalley, die die Ausstellung mit und für ihren an Parkinson erkrankten Mann Gunther von Hagens kuratiert.
Spenderliste mit 17 000 Namen
Insgesamt 200 Exponate sind geplant. Etwas weniger als zwanzig werden Ganzkörperplastinate sein: menschliche Körper, die in einem etwa zwei Jahre in Anspruch nehmenden Verfahren mit Kunststoff gefüllt und präpariert werden. Sie haben sich zu Lebzeiten als Körperspender zur Verfügung gestellt, betont Whalley. Draußen hätte sie sich mehr Werbefläche erhofft - aber der Denkmalschutz hält dagegen und lässt an der Jugendstilfassade nur dezente Banner zu.
Besucher des neuen Museums betreten die Ausstellung durch die breite Glastür an einer Längsseite und bekommen zunächst einen etwa zwei Minuten langen Videofilm zum Thema Glück zu sehen. Dann führ der Rundgang nach oben auf die Empore, die ausstellungstechnisch eine besondere Herausforderung darstellt, weil die Nischen so niedrige Decken haben. "Da passen keine Ganzkörperplastinate hinein", bedauert die Kuratorin, die einst in Heidelberg Medizin studierte und sich im Anatomischen Institut zusätzliches Rüstzeug für die künftige Arbeit als Chirurgin holen wollte. Dort traf sie ihren Mann Gunther von Hagens - und alles kam anders.
"Man kann Glück ein Stück weit lernen", beschreibt Whalley, die ihren Nachnamen einem Großvater aus Manchester verdankt. 17 000 Personen stehen in der Körperspenden-Kartei. 2000 Körper haben die "Körperwelten" bereits bekommen. "Nicht alle werden in Ausstellungen zu sehen sein", erklärt Whalley. Universitäten etwa bestellen zu Lehrzwecken Plastinate.
Wie funktioniert das Nervensystem? Wer immer traurig oder verärgert sei, trainiere den Neuronen an, depressiv zu sein. Umgekehrt funktioniere das genauso, erklärt sie die nächste Station. Um die Ecke wird das einzige tierische Exponat zu sehen sein: ein Schwein. "Es ist kein Glücksschwein, aber es steht dafür, dass alle Säugetiere selben Neuronen haben, um Glück zu empfinden", ergänzt Whalley.
Glücksgefühle, erklärt sie weiter, hätten in der Evolutionsbiologie eine wichtige Aufgabe: "Sie sollen bei Entscheidungen helfen." Etwa den richtigen Partner zu finden.
"Schachspieler" aus Mannheim
Auch der "Schachspieler" ist schon da. Der Mann sitzt auf seinem Hocker vor einem Glastisch, ein Schachbrett vor sich. Konzentriert scheint er auf die Figuren vor sich zu sehen. Ohne Haut ist der Blick auf Muskeln, Sehnen, Knochen und Gelenke frei, die seinen Arm den nächsten Zug machen lassen könnten - wenn er noch leben würde. Schon bei der ersten deutschen Ausstellung 1997 im damaligen Mannheimer Landesmuseum für Technik und Arbeit (heute Technoseum) war diese Figur zu sehen. Ob er jedoch dauerhaft einen Platz im Heidelberger Museum erhält, ist fraglich: "Ich hätte ihn so gerne dabei. Aber ich finde wahrscheinlich keinen Platz für ihn", bedauert Whalley. Doch wer weiß - vielleicht hat der "Schachspieler" ja doch noch Glück.
"Anatomie des Glücks"
Rund 200 Exponate werden im neuen "Körperwelten"-Museum im Alten Hallenbad (Poststraße 16/5) in Heidelberg gezeigt.
"Anatomie des Glücks" lautet der Titel der Ausstellung.
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr (letzter Einlass um 17 Uhr), Samstag, Sonntag und an Feiertagen 10 bis 18 Uhr (letzter Einlass um 17:00 Uhr).
Eintrittspreise: Erwachsene 17 Euro,ermäßigt 14 Euro, Kinder 11 Euro (unter sieben Jahren frei). Lehrer, Referendare, Senioren ab 65 Euro und Menschen mit Behinderung haben freien Eintritt.
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