Heidelberger Altstadt

Entscheidung zu Sperrzeiten: "Ein schwarzer Tag für Heidelberg"

Unter der Woche ist um Mitternacht in Heidelberg Schluss: Für die Kneipen in der Unteren Straße, aber auch für Restaurants und Hoteliers ist das eine Katastrophe: Reaktionen auf die Entscheidung des VGH

Von 
Michaela Roßner
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Gaststätten in der Heidelberger Altstadt müssen nach der Entscheidung des VGH Mannheim künftig um Mitternacht beziehungsweise ein Uhr schließen. © Philipp Rothe

Heidelberg/Mannheim. In den Nächten auf Samstag und Sonntag ist spätestens um ein Uhr Schluss, unter der Woche um Mitternacht: Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim gibt Heidelberg nun vor, wie die Sperrzeiten in der Altstadt künftig aussehen müssen. Gastronomie, Stadt und Anwohner streiten darum seit Jahren – auch vor mehreren Gerichten und durch mehrere Instanzen.

Noch vor Weihnachten wollte der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim die Begründung der Sperrzeiten-Entscheidung von Ende Oktober für Heidelberg bekanntgeben. Das hat geklappt: Am frühen Nachmittag des 23. Dezember kam die Pressemitteilung an. Die Begründung wurde nicht nur von Stadtverwaltung und klagenden Anwohnern gespannt erwartet, sondern auch von vielen Menschen, die die Kneipen in der Heidelberger Altstadt gerne besuchen.

Neue Sperrzeiten in Heidelberg: Lärmgutachten Grundlage der Urteilsbegründung

„Meine Mandanten sind überglücklich, dass ihrem seit 2015 verfolgten Anliegen nach mehr Nachtruhe nun entsprochen wird“, kommentiert Klägeranwalt Werner Finger die Begründung des VGH.

Bereits Ende Oktober hatte der Verwaltungsgerichtshof in dem seit Jahren schwelenden Rechtsstreit den klagenden Anwohnern Recht gegeben. Der Tenor: In der Heidelberger Altstadt muss es nachts ruhiger werden.

Gaststätten in der Heidelberger Altstadt müssen nach der Entscheidung des VGH Mannheim künftig um Mitternacht beziehungsweise ein Uhr schließen. © Philipp Rothe

Wie genau die Stadt künftig mit dem Lärmproblem umgehen soll, ließen die Richter zunächst offen. Als sicher galt aber seitdem, dass die Kneipen nicht mehr wie bisher unter der Woche bis 1 Uhr und am Wochenende bis 4 Uhr geöffnet haben dürfen. Der Ausschank wird nun unter der Woche um Mitternacht beendet und am Wochenende um 1 Uhr, damit geschlafen werden kann, bis um 6 Uhr die städtischen Kehrmaschinen deutlich hörbar durch die Gassen rollen.

Geklagt hatten neben Anwohnern auch die Stadt selbst. Und zwar gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 31. Juli 2019. Darin war die Stadt Heidelberg verurteilt worden, ihre Sperrzeitverordnung vom 24. Juli 2018 zu ändern. Das Verwaltungsgericht unterstrich den Anspruch der Anwohner auf geänderte Sperrzeiten und schlug Mitternacht an Wochentagen und 2.30 Uhr an Wochenenden sowie in den Nächten zu gesetzlichen Feiertagen in Baden-Württemberg vor. Doch es gab keine Einigung – der Rechtsstreit ging weiter.

Nachtbürgermeister sieht bei Heidelberger Gastronomie Existenzen gefährdet

„Ein schwarzer Tag für Heidelberg“, kommentiert Nachtbürgermeister Jimmy Kneipp die nun vorliegende Begründung und Vorgabe des VGH einen Tag vor Heiligabend. „Für die Gastronomie in der Unteren Straße ist das eine katastrophale Entscheidung“, fügt er hinzu.

Kneipen in Heidelberg müssen jetzt auch unter Woche früher schließen. © Rothe

„Bei den hohen Mieten, die dort gezahlt werden müssen, ist das nicht wirtschaftlich umsetzbar“, rechnet Kneipp damit, dass das Geschäftsaufgaben bedeuten wird. Das wiederum zerstöre nicht nur die Existenz der Unternehmer, sondern auch der Mitarbeitenden und reduziere Gewerbesteuerzahlungen. Auch für den Tourismus, die Hotelliers und Restaurants und „alle, die gerne in der Altstadt ausgehen“ sei das Urteil „wahrlich keine schöne Bescherung“.

In einer ersten Reaktion erklärte Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner: „Die Entscheidung des VGH ist für mich nicht nachvollziehbar: Wenn man zum Teil nicht einmal mehr in seinen Geburtstag reinfeiern kann, ist das aus meiner Sicht kein fairer Interessensausgleich – erst recht in einer der jüngsten Städte Deutschlands mit rund 40 000 Studierenden. Es ist sehr bedauerlich, dass uns das Gericht quasi keinen Spielraum mehr bei der Ausgestaltung der Sperrzeiten lässt und unsere Maßnahmen der vergangenen Jahre gegen Lärmstörungen nicht im erwarteten Maße berücksichtigt hat. Wir sehen die berechtigten Anliegen der Anwohnerinnen und Anwohner.

Das Urteil gewichtet diese aber unseres Erachtens zu stark gegenüber den ebenfalls berechtigten Anliegen von Gastronomie, Clubs und ihrer Kundschaft. Ein Wegfall der umsatzstärksten Zeit gefährdet im schlimmsten Fall die Existenz vieler Betriebe – und damit auch Arbeitsplätze. Wir werden die Urteilsbegründung nun im Detail prüfen und dann über die weiteren Schritte entscheiden.“

Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht lässt der VGH nicht zu. Hoffnung setzt nicht nur Nachtbürgermeister Kneipp nun in die Möglichkeit, dass gegen das VGH-Urteil Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erhoben werden kann. Hierfür gilt eine Frist von einem Monat ab Zustellung des Urteils. Die Stadtverwaltung erwäge, diesen Weg zu gehen, heißt es in einer Mitteilung gestern aus dem Rathaus.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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