Justiz - Familie Hofbauer gewinnt Zivilstreit gegen Stadt Heidelberg

Eigentümer behalten Alten Kohlhof

Von 
Julian Eistetter
Lesedauer: 
Gegenstand des jahrelangen Streits zwischen Stadt und Familie Hofbauer: Der Alte Kohlhof auf dem Heidelberger Königstuhl. © Rothe

Heidelberg. Mit konzentrierter Miene verfolgt Michael Hofbauer die Ausführungen der Vorsitzenden Richterin Andrea Großmann. Die ganz großen Gefühlsausbrüche bleiben bei ihm aus, denn längst hatte sich abgezeichnet, wie der Rechtsstreit zwischen seiner Familie und der Stadt Heidelberg vor dem Landgericht enden wird: Mit Urteil vom Mittwoch hat die vierte Zivilkammer die Klage auf Rückkauf des Alten Kohlhofs abgewiesen. Damit darf die Familie Hofbauer das Anwesen auf dem Königstuhl behalten und der rund drei Jahre andauernde Zwist findet ein vorläufiges Ende.

„Die Stadt hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf den Betrieb einer Gaststätte oder eines Beherbergungsbetriebs“, stellt Großmann in der Urteilsverkündung klar. Die Klage habe keinen Erfolg gehabt, weil das Festhalten der Stadt am Rückkaufsrecht „treuwidrig“ sei und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße. „Es ist unstrittig, dass inzwischen eine Gaststätte im Sinne des damaligen Kaufvertrags betrieben wird“, erklärt Großmann. Damit sei der angestrebte Zweck eindeutig erreicht. Wie berichtet, hatte die Stadt das Anwesen nach einem Gemeinderatsbeschluss im Januar 2017 zurückverlangt, weil sie eine im Grundbuch verankerte Betreiberpflicht als nicht erfüllt ansah.

„Die dem Urteil zugrunde gelegten Umstände haben sich seit Ausübung des Wiederkaufrechts geändert“, so Großmann. Der Entscheidung stehe nicht entgegen, dass die Familie Hofbauer ihrerseits möglicherweise gegen die Betriebspflicht verstoßen habe. Die Kammer zweifle indes daran, dass die Hofbauers die Verpflichtung zum Betrieb einer Gaststätte mit Hotel in ihrem Kaufvertrag mit dem vorigen Eigentümer überhaupt übernommen haben. Denn die 25 Jahre geltende Klausel im Grundbuch, dass das Grundstück „allenfalls zum Betrieb einer Gaststätte mit Hotelbetrieb und Wirtewohnung“ genutzt werden darf, sei im Jahr 1997 zwischen der Stadt und eben jenem Vorbesitzer vereinbart worden.

„Betriebspflicht nichtig“

„Bereits diese Betriebspflicht im Kaufvertrag ist jedoch nichtig, weil sie gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung verstoßen hat“, betont die Richterin. Welches Ziel die Stadt mit der Klausel verfolgt habe, sei nicht klar. Laut Bundesverwaltungsgericht sei ein Gaststättenbetrieb keine kommunale Aufgabe. „Es ist nicht ersichtlich, dass ein Gaststättenbetrieb auf dem Alten Kohlhof schutzwürdigen kulturellen Zwecken dient“, sagt Großmann. Zwar blicke der Kohlhof auf eine Tradition als Ausflugsgastronomie zurück, der Betrieb dieser einzelnen Gaststätte in einer Großstadt wie Heidelberg sei jedoch nicht prägend für das „historische und kulturelle Bewusstsein“ der Bürger. Daneben sei die Vereinbarung einer Betreiberpflicht auch deshalb unangemessen, weil ihr keine Gegenleistung seitens der Stadt gegenübergestanden habe. Nach der Entscheidung der Richter werden die Dienstbarkeit und das Rückkaufsrecht aus dem Grundbuch gelöscht.

Verwaltung prüft Berufung

Bei der Verwaltung sorgt das Urteil für Frust. „Die Entscheidung ist für uns enttäuschend“, betont ein Sprecher auf Anfrage. Zum Zeitpunkt der Ausübung des Rückkaufsrechts habe der Eigentümer bereits eineinhalb Jahre lang nicht nur seine Pflicht ignoriert, eine Gaststätte zu betreiben, sondern auch durch die überwiegende Wohnnutzung gegen grundbuchrechtlich geschützte Verpflichtungen verstoßen. „Nach unserer Rechtsauffassung begründen diese Verhaltensweisen den Anspruch auf Rückkauf. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass das Gericht zu einer anderen Bewertung kommt“, so der Sprecher. Die Stadt warte nun auf eine ausführliche Urteilsbegründung. „Danach werden wir mit dem Gemeinderat die weiteren Schritte – auch die Möglichkeit zur Berufung – besprechen.“

Die Familie Hofbauer, die den Alten Kohlhof im Juni 2015 erworben hatte, begrüßt laut Rechtsanwalt Felix M. Michl, dass „das Landgericht vollumfänglich die Rechtsauffassung bestätigt, die die Beklagte seit Beginn der Differenzen vertreten hatte“. Die Familie, so Michl, würde sich freuen, wenn die klare Rechtslage nun auch seitens des Gemeinderats zur Kenntnis genommen werde, bevor „reflexhaft nach Berufung verlangt wird“. Seit Ende 2018 betreibt die Familie im Alten Kohlhof das Restaurant „oben“. Seitdem wurde das Lokal mit einem Michelin-Stern und 15 Punkten beim Gault&Millau ausgezeichnet. „Der Gemeinderat sollte die Leistung des Restaurants anerkennen“, sagt Michl.

Chronologie

  • Seinen Ursprung nahm der Streit um den Heidelberger Kohlhof im Sommer 2015, als die Familie Hofbauer das Anwesen von der Stadt kaufte – unter der Voraussetzung, dort eine Gaststätte zu betreiben.
  • Als sich nach einigen Monaten diesbezüglich nichts abzeichnete, regte sich Widerstand in der Stadt. Die Verwaltung setzte den Eigentümern mehrere Fristen.
  • Der Gemeinderat erteilte im Oktober 2016 den Auftrag, die Immobilie zurückzukaufen. Seit Dezember 2017 standen sich beide Parteien vor Gericht gegenüber.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen