Heidelberg

Baumgrabstätten in Heidelberg gefragt

Der Trend zum Urnengrab und die Nachfrage nach Baumgrabstätten spüren auch die Mitarbeiter des Friedhofsamtes in Heidelberg.Nun wird über Bestattungen unter Bäumen auch in Peterstal nachgedacht

Von 
Michaela Roßner
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Der Friedhof in Peterstal ist der kleinste Heidelberger Friedhof – und hat noch viel Platz. Nun wird auch hier über neue Bestattungsformen nachgedacht. © Michaela Roßner

Der alte Friedhof hoch im Peterstaler Tal ist der kleinste Heidelberger Friedhof: Durchschnittlich vier Bestattungen finden hier in einem Jahr statt. Der Wandel in der Bestattungskultur ist indes auch hier – im Kleinen – ablesbar: Gab es früher in dem vorwiegend katholischen Bereich des Stadtteils Ziegelhausen noch vor allem Erdbestattungen, so finden inzwischen mehrheitlich Urnenbestattungen statt. Und jetzt wird über neue Grabformen wie Baumgrabstätten nachgedacht.

Ein Friedhof ist nicht nur ein Ort zum Trauern, sondern hat viele Funktionen: als Treffpunkt, für den Klima- und Naturschutz, für das kulturelle, historische und soziale Bewusstsein. Völkerverständigung und Integration sind weitere Themen, die sich auf den Friedhöfen abbilden.

Experte beim Ortstermin

Zum Ortstermin auf Einladung der CDU sind etwa 25 Bürger am Dienstag nach Ostern gekommen. Nicole Marmé, Gemeinderätin und frisch gewählte Fraktionsvorsitzende, hat dazu auch als „Peterstälerin“ eingeladen. Martin Geissler, Betriebsleiter in der städtischen Friedhofsverwaltung, ist als Experte für das Bestattungswesen dabei.

Den Peterstalern liegt der kleine Friedhof am Herzen, das spürt man. Sie sind sehr interessiert daran, was für den Friedhof angedacht wird. Ein Blick über die rund 5000 Quadratmeter große Anlage am Peter-Wenzel-Weg zeigt: Alle Gräber sind gepflegt und frisch mit bunten Frühlingsblühern bestückt.

Das ist nicht auf allen Friedhöfen so: Familien sind heute viel mobiler, Viele Verstorbene haben keine Angehörigen mehr vor Ort, die sich um die Grabpflege kümmern könnten. Große Familiengräber werden aufgegeben. Pflegeleichtere Bestattungsformen wie jene, die Friedwälder und Ruheforste anbieten, sind im Trend – liegen aber meist nicht um die Ecke.

Auch in Peterstal klaffen Abstände in den Grabreihen. Denn im Stadtteil Ziegelhausen gibt es zwei weitere, deutlich größere Friedhöfe. Der am Köpfl wurde Anfang der 1980er-Jahre gebaut und ist rund 16 000 Quadratmeter groß. Der alte Ziegelhäuser Friedhof ganz in der Nähe war mit seinen 10 000 Quadratmetern Größe damals voll belegt.

Diese beiden Ziegelhäuser Friedhöfe sind zudem besser erreichbar als der kleine Peterstaler, der am oberen Ende des Tals liegt und durch Treppen erschlossen wird – und der seine Existenz der Tatsache verdankt, dass Peterstal bis zur Eingemeindung ein eigenständiger Ort war. Aber: Der Boden ist hier sehr feucht, im Winter klettert die Sonne nie über den Hang, die Liegezeiten sind lang. So habe man die Idee gehabt, über eine Erweiterung der Palette an Grabmöglichkeiten nachzudenken, erklärt Marmé, wie es zum Ortstermin kam. „Sehr gut vorstellen“ könnte sich Geissler ein Baumgrabfeld im unteren Bereich des Peterstaler Friedhofs: Dort stehen einzelne Bäume, die dem Ort einen würdevollen Rahmen geben könnten, denkt er laut nach. Doch aus den Reihen von Anwohnern kommt umgehend der Hinweis, dass es Vereinbarungen gebe, in diesem Bereich keine Bestattungen mehr vorzunehmen. Das werde überprüft, verspricht der Betriebsleiter. Alternativ wäre theoretisch auch ein freies Rasenfeld im oberen Bereich für Baumgrabstätten denkbar, „aber dann müssten Bäume gepflanzt werden.“ Die Friedhofskultur ist seit drei Jahren zum immaterielles Unesco-Erbe erklärt: „Es sind nicht die Friedhöfe an sich zum immateriellen Kulturerbe ernannt worden, sondern all das, was Menschen auf dem Friedhof tun. Dazu gehört das Trauern, Erinnern und Würdigen genauso wie das Gestalten, Pflegen und Weiterentwickeln“, erläuterte Bürgermeister Erichson im März 2020.

20 Kilometer Wege

Der größte Friedhof der Stadt ist der 1844 eröffnete Bergfriedhof mit seinen über 15 Hektar Größe und rund 17 500 Grabstellen. Der erste Reichspräsident der Weimarer Republik, Friedrich Ebert (1871-1925), wurde wie viele andere Prominente hier beigesetzt. Das Wegenetz hat mehr als 20 Kilometer Länge. Zehn Baumbegrabfelder gibt es hier auch, eingebettet in eine üppige Pflanzenwelt.

Es war der erste Friedhof unter kommunaler Leitung – vorher wurden Verstorbene in kirchlichen Friedhöfen bestattet. Heute können Menschen aller Konfessionen auf allen Friedhöfen beigesetzt werden. Die zweitgrößte Begräbnisstätte Heidelbergs bildet der Friedhof Handschuhsheim, zu dem seit 2016 ein Jüdischer Friedhof gehört.

Der alte Friedhof Schlierbach ist der älteste in Heidelberg. Schätzungsweise seit dem Jahr 1430 werden hier die sterblichen Überreste Verstorbener beigesetzt. Auf dem Friedhof Pfaffengrund ist das einzige muslimische Grabfeld in Heidelberg angelegt. In der modernen Trauerhalle gibt es einen Waschraum für die rituellen Waschungen.

Friedhofskultur in Heidelberg

In Heidelberg gibt es insgesamt 17 Friedhöfe.

Im März 2020 hat die Kultusministerkonferenz die Friedhofskultur auf Empfehlung der Deutschen UNESCO-Kommission zum immateriellen Kulturerbe ernannt.

Neben dem klassischen Wahlgrab für die Erdbestattung, dem Reihengrab und verschiedenen Urnengräbern gibt es zwei jüdische Friedhöfe und im Pfaffengrund ein muslimisches Grabfeld.

Auf dem Bergfriedhof wurde ein „Erinnerungsgarten der Kulturen“ eingerichtet. miro

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Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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