Zoo - Mehrere Einfangversuche durchschaut und davongeflattert

Aus Zoo ausgebüxt: Edelpapagei in Heidelberg unterwegs

Von 
Michaela Roßner
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Edelpapagei Kani (Bild) fliegt seit Wochen frei in der Stadt umher. Nun soll seine Partnerin zum Lockvogel werden und ihn in den Zoo zurückbringen. © Petra Medan/Zoo Heidelberg

Heidelberg. Er taucht auf mehreren Balkonen in der Weststadt auf, liebt seine Schlafplätze in den Platanen – und zeigt keinerlei Interesse, wieder in den Zoo zurückzukehren: Der junge Edelpapagei Kani ist seit fast zehn Wochen auf eigenen Schwingen in Heidelberg unterwegs. Mehrere Versuche, ihn einzufangen, sind schon gescheitert. Der hübsche und schlaue Vogel durchschaut solche Manöver sehr schnell.

„Imposant, wie er da so sitzt“, schreibt eine Facebook-Nutzerin und heftet ein Foto an, das den grünen Vogel mit dem orange-roten Schnabel auf einem Geländer vor ihrem Zimmer zeigt.

Kein Halsbandsittich

Sofort entbrennt eine Diskussion um die Frage, ob der Exot ein Halsbandsittich sein könnte. Sie haben in der ganzen Region Kolonien gebildet. Aber dieser Papagei ist mit seinen etwa 35 Zentimetern viel größer als die kleinen Krachmacher – und es ist zweifelsfrei der aus dem Heidelberger Zoo entflohene Kani. Zoo-Kurator Eric Diener und seine Mitarbeiter haben ihren Schützling im Blick, der sich offenbar in der Weststadt sehr wohl fühlt und hier den Vogel-Luxus von mehreren Futterstellen besitzt: „Vögel sehen sehr gut und Kani weiß sehr genau, wie Vogelhäuschen von oben aussehen“, erklärt Diener, wie der Papagei sich seine Körner- und Früchte-Quellen aus der Luft erschließt.

Der gefiederte Freigeist ist im Herbst 2019 im Zoo Augsburg aus dem Ei geschlüpft und kam ein paar Wochen später gemeinsam mit seiner Braut Akela nach Heidelberg, erzählt Diener. An jenem Montag im Februar – es war der 22. – absolvierten die Tierpfleger gerade neben der geöffneten Voliere ein Flugtraining mit dem grasgrünen Kani und der blutroten Partnerin, als es geschah: „Durch irgendeinen Reiz sind sie erschrocken und weggeflattert“, erzählt Kurator Diener.

Während das Weibchen immer in der Nähe des Zoos blieb und bald nach einem Hinweis von Spaziergängern wieder auf dem Finger eines Pflegers landete, entfernte sich Kani gleich in Richtung Weststadt. Und seither scheint sich der Papagei in dem Stadtteil wohlzufühlen. Und das, obwohl Februar und März doch ganz schön frostig daherkamen. Temperaturen bis minus 5 Grad, weiß der Vogelexperte, könne der Papagei noch ganz gut ab – wird es noch kälter, drohen Extremitäten abzufrieren oder das Tier ganz zu verenden. „Bis zum nächsten Winter müssen wir ihn auf jeden Fall zurückhaben.“

Käfigfalle steht parat

Den ersten Lieblingsbalkon, den sich der flüchtige Vogel ausguckte, wechselte er bald gegen einen anderen ein paar hundert Meter weiter: Das Zooteam hatte von dem Aufenthalt im Hinterhof Wind bekommen und versucht, Kani mit Futter in eine Käfigfalle zu locken.

Behutsam versuchen Diener und seine Kollegen nun, Tag für Tag zentimeterweise Futter in einen Käfig vorzuschieben, der dann per Fernauslöser geschlossen werden kann. Gleichzeitig wird das Weibchen zum „Lockvogel“ trainiert: Ebenfalls mit positiver Bestärkung lernt Akela gerade, den im Vergleich zur großen Voliere vergleichsweise kleinen, am derzeitigen Lieblingsbalkon ihres Liebsten festgeschraubten Käfig-Doppel vorübergehend zu akzeptieren und dank der Leckereien sogar zu schätzen. Kani soll im beginnenden Frühjahr die Sehnsucht zurück in den Zoo bringen. Dort gibt es keine weiteren Neuguinea-Edelpapageien mehr. Dieses Training des Weibchens, schätzt Diener, wird etwa zehn bis 14 Tage in Anspruch nehmen. Warum so kompliziert? Würde das Weibchen gegen seinen Willen zum Lockvogel gemacht, würde sie ihr Missfallen sicher deutlich ausdrücken – und das würde den cleveren Freigänger ganz sicher abschrecken. Das Manöver würde misslingen. Auch Kani hat eigentlich gelernt, auf Kommando auf die ausgestreckte Hand des Pflegers zu fliegen. Aber so lange ohne Training, könnte der „verwilderte“ Vogel das inzwischen nicht mehr so bedeutsam finden.

Greifvögel und Marder als Gefahr

Ganz ungefährlich ist das freie Leben indes für den schlauen Vogel nicht: Neben der Gefahr, in irgendeiner Form zu verunglücken, könnten Marder ihm an den Hals wollen. Greifvögel wie Habicht, Wanderfalke oder Uhu suchen ebenfalls im Stadtgebiet nach Nahrung. Als Kanis Glück könnte sich sein exotisches Aussehen erweisen, hofft Diener: „Solch einen Vogel haben die Wanderfalken wohl noch nicht gesehen und halten sich vermutlich lieber an ihnen bekannte Beute wie Tauben oder Krähenvögel.“

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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