Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Heidelberg. Für die Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg wird 2023 ein wichtiges Jahr: Inhaltlich steht es ganz im Zeichen des 150. Geburtstags von Louise Ebert, der Frau des ersten demokratischen deutschen Staatsoberhauptes. Dazu passend erfolgt der Start in dieses Jahr mit einer prominenten Politikerin: Andrea Nahles, frühere SPD-Vorsitzende und Bundesarbeitsministerin, jetzt Chefin der Bundesagentur für Arbeit, ist Ehrengast beim Neujahrsempfang der Gedenkstätte am Donnerstagabend.
Geschäftsführer der Ebert-Gedenkstätte Heidelberg bald in Rente
Eine angemessene Anerkennung auch für Professor Walter Mühlhausen. Denn für den Geschäftsführer der Stiftung wird dies die letzte Veranstaltung dieser Art im Amt, tritt der 66-Jährige doch zum 31. März nach 36 Jahren in den Ruhestand.
Auch für die von ihm geleitete Gedenkstätte wird dies ein tiefer Einschnitt: Seit ihrer Eröffnung durch Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1989 prägte der renommierte Historiker diese Einrichtung - zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, ab 2008 als Geschäftsführer, vor allem jedoch durch seine Publikationen, allen voran die über 1000 Seiten starke Ebert-Biografie von 2008. Längst gilt Mühlhausen als der Ebert-Experte in der Bundesrepublik, ist als solcher auch begehrter Interviewpartner in Fernsehdokumentationen über das Kaiserreich und die Weimarer Republik.
Kalender für die „First Lady“
Von seiner ideenreichen Art, das Wirken der Gedenkstätte zu popularisieren, zeugen auch die historischen Kalender, die von der Einrichtung alljährlich herausgegeben werden. In diesem Jahr widmet er sich Friedrich Eberts Frau Louise, 1919 erste bürgerliche „First Lady“ Deutschlands und damit „Nachfolgerin“ von Kaiserin Auguste Viktoria, der Gemahlin von Wilhelm II.
Entsprechend kritisch wird sie von reaktionären Kreisen zunächst betrachtet. Denn wie ihr Mann, der Sattlergeselle, der zum Reichspräsidenten aufsteigt, so wird auch sie nicht mit einem goldenen Löffel im Mund geboren, als sie am 23. Dezember 1873 bei Bremen das Licht der Welt erblickt: Ihr Vater ist Tagelöhner, die Mutter Hilfsarbeiterin, sie selbst wie die meisten ihrer Herkunft Hausgehilfin, dann Etikettenkleberin. Als Friedrich Ebert aus seiner Geburtsstadt Heidelberg in die Hansemetropole kommt, um seine große politische Karriere zu starten, lernen sich die beiden kennen und lieben. 1894 erfolgt die Heirat.
Ebert stirbt mit nur 54 Jahren
Bald darauf kommt das erste von fünf Kindern zur Welt. Drei davon wird Louise überleben: Zwei Söhne fallen im Ersten Weltkrieg - Heinrich mit 19 und Georg mit 20 Jahren; Tochter Amalie erliegt mit 31 Jahren einer schweren Krankheit; deren Sohn Hagen, Louises erster Enkel, stirbt 1924 im Kindbett. 1925 der nächste Schicksalsschlag: Mit nur 54 Jahren fällt ihr Mann, der Reichspräsident, einer verschleppten Blinddarmentzündung zum Opfer.
Mit 51 Jahren ist sie nun Witwe und lebt von da an 30 Jahre alleine. In der Nazi-Zeit bleibt sie weitgehend unbehelligt, ihre in der SPD aktiven Söhne nicht: Karl verliert seine Arbeit, Friedrich wird für acht Monate in mehreren Konzentrationslagern inhaftiert. Nach dem Krieg schließt er sich der SED an und wird Oberbürgermeister von Ost-Berlin, Karl dagegen Landtagsabgeordneter der SPD in Baden-Württemberg.
Kalender zeigt nachkolorierte Fotos
1943 zieht Louise Ebert aus Berlin nach Lahr im Schwarzwald und 1945 nach Heidelberg, wo sie 1955 mit 81 Jahren stirbt und auf dem Bergfriedhof ihre letzte Ruhe findet - neben ihrem Mann, mit dem sie eine stille Vertrautheit verband, wie die wenigen Bilder zeigen, die es von beiden gibt und von denen die eindrucksvollsten im Kalender zu sehen sind.
Für diese Veröffentlichung wurden die Fotos gekonnt, weil behutsam nachkoloriert. Die schwarz-weißen Originale befinden sich samt instruktiver Erläuterungen auf der Rückseite des jeweiligen Monatsblattes. Der Kalender ist in der Gedenkstätte für drei Euro erhältlich.
Über Leben und Wirken von Louise Ebert berichten wir ausführlich am Samstag auf der Seite „Zeitreise“ in der Beilage „Wochenende“.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg_artikel,-heidelberg-andrea-nahles-spricht-am-donnerstag-in-heidelberg-_arid,2038013.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg.html