Heidelberg. Es ist ein „Schaufenster der Forschung“ hoch oben über Heidelberg – und nach rund zwei Jahren Bauzeit und einem Jahr Einarbeitung nun offiziell in Betrieb genommen worden: Im EMBL Imaging Center dürfte sicher der eine oder andere künftige Nobelpreisträger seine wissenschaftlichen Projekte voranbringen. Bis zu 300 Gastwissenschaftler pro Jahr sollen hier mit hochsensibler und selbst für Universitäten kaum erschwinglicher Technik unterstützt werden – mit Licht- und Elektronenmikroskopen, die sie sonst so vermutlich auf der ganzen Welt nicht finden werden.
Bahnbrechende Einblicke
Das European Molecular Biology Laboratory (EMBL), das unter anderem maßgeblich an der Entschlüsselung des Coronavirus mitgewirkt hat, ist eine europäische Forschungseinrichtung an fünf Standorten. Seit Januar 2019 leitet die britische Genetikerin Edith Heard das EMBL, das Filialen unter anderem in Hamburg und Barcelona unterhält. „Die Eröffnung des EMBL Imaging Centre kennzeichnet einen wichtigen Moment für die europäische Forschungsgemeinschaft. Der Zugang zu neuesten Technologien ist der Schlüssel zum wissenschaftlichen Fortschritt,“ sagte Heard bei dem Festakt zur Eröffnung.
„Das EMBL Imaging Centre bietet Forschenden aus ganz Europa und darüber hinaus Zugang zu Elektronen- und Lichtmikroskopen auf dem neuesten Stand der Technik“, erklärte Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung. „Wir freuen uns sehr, dass EMBL diesen exzellenten Service am Hauptstandort in Heidelberg anbietet.“ Das Bundesministerium fördere das Bildgebungszentrum, um bahnbrechende neue Einblicke in molekulare Prozesse zu ermöglichen. „Von der Tumorzelle bis zu Umwelteinflüssen werden hier Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit erforscht“, ergänzte der Staatssekretär. Als innovative Talentschmiede sei das EMBL „weltweit sichtbar und anerkannt.“ Das stärke auch das Life Science Cluster in Rhein-Neckar und den deutschen Forschungsstandort insgesamt.
Fertiggestellt wurde das Gebäude bereits im Sommer 2021, innerhalb der geplanten zwei Jahre nach der Grundsteinlegung. Seitdem wurde es zunächst von EMBL in Betrieb genommen, dann folgten erste Besuche von wissenschaftlichen Nutzern, Trainingsangebote sowie das erste wissenschaftliche Symposium im Mai 2022.
„Das EMBL Imaging Centre verkörpert für mich Kooperation und Offenheit für die Zukunftsfähigkeit der Wissenschaft in der Region, in Deutschland und Europa“, würdigte Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg. „Mit einer öffentlich zugänglichen Ausstellung wird diese andere Perspektive erweitert, und es werden neue Wege gegangen, um die Bevölkerung mit einzubeziehen”. sagte sie weiter.
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Interessante Architektur
Das Besondere: Im Untergeschoss des auch architektonisch imposanten Gebäudes haben Industriepartner Entwicklungsräume. In enger Zusammenarbeit mit den Forschenden können sie etwa neue Mikroskopietechnologien weiterentwickeln. „Wir bei Leica Microsystems sind überzeugt, dass derartige innovative, öffentlich-private Kooperationen von entscheidender Bedeutung sind, wenn es darum geht, wissenschaftliche Durchbrüche voranzutreiben und neue Entdeckungen zu erzielen, die letztlich Fortschritte für die menschliche Gesundheit ermöglichen”, fasste Fedja Bobanovic, Vizepräsident bei Leica Microsystems, zusammen.
Ermöglicht wurde das Zentrum durch die Unterstützung des Bundesministeriums, des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums und durch Industriepartner (Thermo Fisher Scientific, Leica Microsystems und Carl Zeiss Microscopy) sowie durch Spenden der Boehringer Ingelheim Stiftung und HeidelbergCement. Die Unterstützung der forschenden Gäste ist indes nicht nur technischer Natur: Zehn EMBL-Forscher – selbst promovierte Experten auf ihrem Gebiet – haben Labore und Büros im neuen Komplex bezogen. Ihre Aufgabe ist es, den Gästen bei der Arbeit und der Bedienung der Geräte zu helfen.
Das an einen Hang gebaute Zentrum, welches das Heidelberger Planungsbüro Gerstner und Hofmeister Architekten entworfen hat, ist eines der Projekte der Internationalen Bauausstellung (IBA). Carla Jung-König stellte bei der IBA-Abschlusskonferenz in der vergangenen Woche das Projekt noch einmal vor.
Zu den baulichen Besonderheiten gehört etwa eine Bodenplatte für Schwingungsfreiheit, damit die hochsensiblen Geräte möglichst unbeeinflusst arbeiten können. Das EMBL versteht das neue Bildgebungszentrum auch ganz praktisch als Mittel zur Öffnung in die Gesellschaft: So kann man durch spezielle Fenster auf die Mikroskope blicken – und auf die Menschen, die daran gerade Antworten auf die großen Fragen der Wissenschaft suchen.
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