Heidelberg. „Mein Herz schlägt für Heidelberg, aber ich bin durch und durch Mannheimerin und liebe die Stadt mit ihrem Multikulti-Flair“, macht Marita Waßmer gleich zum Beginn des Gesprächs mit dieser Redaktion deutlich. Ihre Ausbildung zur Krankenschwester hat sie am Mannheimer Theresienkrankenhaus absolviert und anschließend dort auch noch ein Soziales Jahr eingelegt. 1983 wechselte Waßmer ans Krankenhaus Salem nach Heidelberg – und hätte wohl damals selbst nicht geglaubt, dass das der letzte Arbeitgeberwechsel ihrer Laufbahn werden sollte. Nach 42 Berufsjahren, 30 davon als Pflegedirektorin, steht nun der wohlverdiente Ruhestand bevor.
Dass die Arbeit mit Patienten ihr Spaß macht, hat sie recht früh gemerkt. „Meine Eltern haben mir ab meinem elften Lebensjahr jedes Jahr eine Sprachreise ermöglicht“, erinnert sich Waßmer. Eine davon führte sie in die schottische Hauptstadt Edinburgh. „Meine Gastmutter dort war Krankenschwester und arbeitete in einem Heim für Multiple-Sklerose-Kranke. Die Begegnungen mit ihr und den Patienten haben mir gezeigt, wie viel Freude mir das Helfen und die zwischenmenschliche Interaktion von Mensch zu Mensch bereiteten“, blickt die heute 63-Jährige zurück. Später hat sie noch ein berufsbegleitendes Studium in Betriebswirtschaft absolviert, um ihre Fähigkeiten in der Leitung und Organisation zu erweitern und die Karriere zu fördern.
Der Liebe wegen in Heidelberg geblieben
Nach einem Stationsleiterkurs im Jahr 1987 bekleidete Waßmer verschiedene Positionen, bis sie im Oktober 1990 zunächst den Posten der kommissarischen Pflegedirektorin übernahm und 1991 offiziell Pflegedirektorin wurde. Und das blieb sie bis zum heutigen Tag. Stolze 30 Jahre lang. Aber hatte sie nie den Gedanken, auch nochmal woanders zu arbeiten? „Doch, diese Gedanken gab es“, räumt Waßmer ein.
Ich habe mich sogar mal auf eine Stelle auf einem Mittelmeer-Kreuzfahrtschiff beworben und hätte die auch bekommen.
„Ich habe mich sogar mal auf eine Stelle auf einem Mittelmeer-Kreuzfahrtschiff beworben und hätte die auch bekommen“, erzählt sie. Warum daraus dann doch nichts wurde? „Nun ja, ich habe mich damals verliebt – und dann hieß es Schiff oder Liebe“, sagt die 63-Jährige und lacht. „Und was soll ich sagen? Er war halt die Liebe meines Lebens.“
Wer mit Marita Waßmer spricht, der merkt schnell, dass ihr Beruf tatsächlich auch Berufung ist. „Ich liebe es einfach, Menschen helfen zu können“, sagt sie. Die Beziehung zu den Patienten und die Dankbarkeit, die man oft von ihnen erfahre, seien etwas Besonderes. „Wenn ein Patient am nächsten Tag zu mir sagte, ,wie schön, dass Sie wieder da sind, Schwester Marita‘ – das war Anerkennung und Motivation gleichermaßen.“
So blicke Marita Waßmer auf die Veränderungen und Herausfporderungen in der Pflege
In ihrem langen Berufsleben hat sie auch am eigenen Leib miterlebt, wie sich der Pflegeberuf verändert hat. „Gerade die verkürzte Verweildauer der Patienten und der immens erhöhte Dokumentationsaufwand stellen uns jeden Tag vor neue Herausforderungen. Der Zeitdruck verursacht Stress“, weiß die scheidende Pflegedirektorin. Zudem habe der Fachkräftemangel eine alarmierende Dimension erreicht.
Allein mit inländischen Kräften kann der immense Bedarf an Pflegenden nicht mehr gedeckt werden.
„Das ist besorgniserregend. Insbesondere, wenn man an die Zukunft und die eigene Versorgung im Alter denkt“, sorgt sich Waßmer. Für sie ist klar: „Allein mit inländischen Kräften kann der immense Bedarf an Pflegenden nicht mehr gedeckt werden.“ Schon heute hätten viele der Beschäftigten einen Migrationshintergrund – was durchaus positive Effekte habe. „Dass diese Kolleginnen und Kollegen mehrsprachig sind, zum Beispiel. Das erleichtert die Kommunikation in vielen Fällen“, erklärt Waßmer.
Wie mehrfach berichtet, ging das Heidelberger Krankenhaus durch schwierige Zeiten. Das von der Evangelischen Stadtmission betriebene Krankenhaus hat im vergangenen Jahr ein Insolvenzverfahren durchlaufen. Dieses Verfahren ist aber seit einem Jahr abgeschlossen und das Krankenhaus befindet sich seither wieder im Regelbetrieb. In dieser Krise habe sich einmal mehr das familiäre Verhältnis der Krankenhaus-Beschäftigten positiv ausgewirkt. „In allen Krisen – auch beispielsweise in der Corona-Pandemie – hat sich gezeigt, wie toll der Zusammenhalt hier im Haus ist. Die Mannschaft stand immer Seite an Seite mit mir und wir haben noch jede Krise bewältigt“, sagt Waßmer dankbar.
Was Marita Waßmer im Ruhestand plant
Jetzt steht der Ruhestand bevor. Offiziell verabschiedet wird die dann 64-Jährige am 6. Oktober mit einem Gottesdienst in der Hauskapelle des Krankenhauses. Und damit schließt sich tatsächlich ein Kreis: „Dort wurde 1999 mein Sohn Timotheus getauft, den ich im Übrigen auch hier geboren habe. Mit einem Segen in meine neue Lebensphase verabschiedet zu werden, ist für mich eine bedeutungsvolle Geste“, blickt Waßmer voraus.
Etwas mulmig zumute werde ihr nur, wenn sie an den Moment denke, in dem sie ihre Schlüssel tatsächlich abgeben muss. Was sie mit ihrer dann neu gewonnen Freizeit anfangen will? „Konkrete Pläne habe ich noch nicht. Erst einmal zur Ruhe kommen und die Zeit mit meinem Sohn und meinen Eltern genießen.“
Sicher ist nur, dass sie im Frühjahr mit dem Sohn, einem frisch gebackenen Handwerksmeister, eine Reise nach Marokko antreten wird. „Diese Reise habe ich ihm zur bestandenen Meisterprüfung geschenkt und wir freuen uns schon sehr darauf“, sagt sie und lächelt. Generell liebe sie es, zu reisen. Besonders Länder wie Irland und Schottland haben es ihr angetan. Außerdem wolle sie ihrer Leidenschaft für Musik und Handarbeiten wieder stärker nachgehen. „Langweilig wird mir sicherlich nicht werden, dafür bin ich ein viel zu kreativer Mensch.“
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