Groß-Rohrheim. In grauer Vorzeit war das Tragen eines Kindes eine Art Lebensversicherung: Nur das ständige Transportieren des Säuglings garantierte den Jägern und Sammlern das Überleben ihres Nachwuchses. Inzwischen ist diese Bedeutung in den Hintergrund gerückt. Dennoch ist das Tragen heute gefragter denn je.
Als Mira Riedle 2014 das erste Mal schwanger war, stand für sie fest: „Ich will mein Kind nach der Geburt tragen.“ Ihre Hebamme schickte die Groß-Rohrheimerin zu einer Trageberatung. Sie war so begeistert, dass sie selbst eine Ausbildung zur Beraterin machte. Seitdem sagt sie: „Die Trageberatung ist meine Herzensangelegenheit.“
Dicht am Körper
Die Eltern lernen bei ihr, die richtige Trageweise für ihr Kind zu finden. Seit einigen Jahren hat sich das Tragen zum regelrechten Hype entwickelt. Überall sieht man Frauen oder Männer, die sich ihr Kind in Tuch oder Trage dicht an den Körper gebunden haben. Trageberatungsstellen schießen wie Pilze aus dem Boden. „Eigentlich ist Tragen das Natürlichste der Welt. Gerade beim ersten Kind sind aber viele Eltern im Umgang mit dem Kleinen noch ängstlich. Diese Angst möchte ich ihnen gerne nehmen und ihnen Sicherheit geben“, sagt die 33-Jährige.
Das Tragen des Kindes am Körper hat ihrer Meinung nach viele Vorteile: Es stärkt die Bindung zwischen Eltern und dem Kind, fördert die motorische Entwicklung des Säuglings und ist gesund. Die Beinhaltung in der Trage wirke sich positiv auf die Ausreifung des Hüftgelenks aus, durch die ständige Bauchmassage hätten die Kinder weniger Koliken, so Riedle. „Das Baby reift sozusagen an meinem Körper.“
Für die Eltern bedeutet das Tragen ihres Kindes auch mehr persönliche Freiheit. „Man hat die Hände frei, kann beispielsweise besser mit dem Hund spazieren gehen, wandern oder reisen“, schwärmt die dreifache Mutter.
Angefangen hat Mira Riedle mit der Trageberatung 2016. Daneben arbeitet die medizinische Fachangestellte auch als Diabetesberaterin mit Schwerpunkt Schwangerschaftsdiabetes. Die erste Zeit beriet sie Mütter und Väter persönlich. „Ich hatte aber schon länger mit dem Gedanken gespielt, die Trageberatung auch online anzubieten“, erzählt sie.
Onlinekurse wegen Corona
Die Corona-Pandemie sei dann wie eine Initialzündung gewesen. „Da ich derzeit in Elternzeit bin, konnte ich die Onlinekurse samt Internetseite gut vorbereiten.“ Der Kurs ist in vier Einheiten unterteilt, die sich mit Themen wie der Anatomie des Babys, Stillen in der Trage, dem Tragetuch oder gängigen Bindeweisen beschäftigen.
Auch gibt es eine Rubrik mit häufigen Fragen, in der die Expertin klärt, ab wann oder wie lange man sein Kind tragen kann. Die Unterlagen gibt es als PDF-Datei oder Video. Den persönlichen Kontakt zu den Teilnehmern stellt Mira Riedle über Skype oder WhatsApp her. „Vorteil am Online-Seminar ist, dass man sich in der Gruppe austauschen kann.“ Möglich sei aber auch eine Beratung ohne persönlichen Kontakt nur mit Videomaterial und Unterlagen. „Davon machen Väter häufig Gebrauch“, sagt Riedle. Das richtige Tragen kann innerhalb von sechs Wochen erlernt werden. Ihren Kurs bietet sie für 150 Euro an.
„Das Tragen schenkt Liebe und Geborgenheit“, resümiert Mira Riedle. Egal, welche Technik man verwendet, am wichtigsten ist für die Trageberaterin, dass sich Eltern und Kind dabei wohlfühlen. Wenn jemand partout nicht tragen möchte, hat sie dafür Verständnis. „Man sollte immer auf den Mama-Instinkt vertrauen. Es gibt nicht nur den einen Weg“, betont sie.
Info: Weitere Infos unter www.miras-trageberatung.de
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