Es ist einer der ältesten erhaltenen Bauernhöfe in Edingen, aber als solcher dient er schon lange nicht mehr. Nun sind auch die Tage für das Bauwerk gezählt. Der Hof soll abgerissen und durch einen Neubau mit zehn Wohnungen ersetzt werden. Der Gemeinderat hat dafür in einem vereinfachten Verfahren den dazu nötigen Bebauungsplan final verabschiedet, die Bauherren können damit bald ans Werk gehen.
Vorausgegangen war der Entscheidung im Rat allerdings eine ausführlichere Aussprache. Denn auf dem Grundstück zwischen Hauptstraße und Neckar tummeln sich offenbar auch Mauereidechsen und Fledermäuse, und die stehen unter einem besonderen Schutz. Auf diese Artenschutzproblematik wies vor allem Thomas Hoffmann von der Offenen Grünen Liste (OGL) hin, der seit Kurzem auch stellvertretender Landesvorsitzender des Naturschutzbundes Nabu ist.
Umfangreiche Naturschutzstudie
In einem umfangreichen Gutachten war im Zuge des Verfahrens die aktuelle Situation auf dem Grundstück beleuchtet worden. „Der Gebäudekomplex der Altbausubstanz steht seit etwa drei Jahren leer und zeigt in Teilen einen beginnenden Zerfallsgrad“, heißt es in der Studie. In den vorhandenen Sandsteinmauern wurden unter anderem Mauereidechsen nachgewiesen, und zwar „in allen Altersklassen, einschließlich diesjähriger Jungtiere“. Grob geschätzt, dürften es anhand der Beobachtungen 70 bis 140 sein. Außerdem hat der Gutachter Nester von Wildbienen vorgefunden, die ebenfalls besonders geschützt sind. Da der Bauherr diese Mauern erhalten will, besteht insoweit keine Gefahr für Eidechsen und Bienen.
Quartierhilfen vorgesehen
Weniger eindeutig ist der Bestand der Fledermaus. Mit Detektoren wurden ein- und ausfliegende Zwergfledermäuse festgestellt, allerdings nicht in einer Zahl, die für ein dauerhaftes Quartier sprechen würden. Gleichwohl soll auch für diese geschützte Art etwas getan werden. So sind Quartierhilfen für die Zwergfledermaus anzubringen. Eine Investition nicht nur in den Artenschutz, sondern auch in die Wohnqualität, wie der Gutachter in seiner Studie feststellt: „Eine Zwergfledermaus kann in einer Nacht 500 und mehr Mücken vertilgen; bei einem gewässernahen Standort durchaus ein Beitrag zum Wohnkomfort!“
Das findet auch bei Thomas Hoffmann Anerkennung. Es sei positiv, dass heute vorhandene Spaltenstrukturen an den Außenwänden auch in Zukunft erhalten bleiben sollten, sagte er. Sorge bereitete es ihm, dass anders als in der ersten Fassung nun kein Bauzeitenplan mehr vorgeschrieben werde. Sollte nun während der Abrissarbeiten festgestellt werden, dass sich Fledermäuse im Dachstuhl befinden, dürften diese nicht beseitigt werden. Ein Baustopp könnte die Folge sein. Das weitere Vorgehen erfolge in enger Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde, versicherten indes die Planer.
Es sei gut, dass man bei dem Bauvorhaben auf den Natur- und Artenschutz achte, sagte Stephan „Stips“ Kraus-Vierling von der Unabhängigen Bürgerliste (UBL-FDP/FWV): „Man darf es aber auch nicht überspannen.“ Schließlich habe der Investor zugesichert, die Neckarmauer zu erhalten, die ebenfalls als Lebensraum für geschützte Arten diene. Zudem ging er auf den Aspekt des Denkmalschutzes ein. Es seien hier Funde aus einer frühen Besiedlungszeit denkbar. Das solle man sehr ernst nehmen, mahnte er zur Vorsicht bei den Erdarbeiten. Schließlich handle es sich hier um einen der ältesten erhaltenen Bauernhöfe in Edingen.
Bürgermeister Florian König (CDU) betonte, es sei nicht verhältnismäßig, das Vorhaben jetzt um ein halbes Jahr zu verschieben. Auf ausgiebige Beratungen im Rat verwies CDU-Sprecher Markus Schläfer und fügte hinzu: „Wir haben selten so gut und intensiv gemeinsam mit einem Bauträger gearbeitet.“ Ähnlich äußerte sich Michael Bangert (SPD). Das Verfahren sei ein gegenseitiges Geben und Nehmen gewesen. OGL-Rat Thomas Hoffmann blieb bei seinen Bedenken, weil das Bauzeitengebot nicht mehr enthalten sei: „Das ist so nicht sauber abgearbeitet.“ Am Ende lehnte er den Satzungsbeschluss ab, Gerd Wolf (fraktionslos) und zwei OGL-Räte enthielten sich der Stimme.
Investor aus Speyer
Bauherr ist Projektentwickler Sebastian Johann aus Speyer. Geplant sind zehn Wohneinheiten unterschiedlicher Größe, zum Teil über zwei Stockwerke (Maisonette). Parkende Autos sollen im Erdgeschoss Platz finden. Die Sandsteinmauer zum Neckar und zur Neckargasse hin bleibt erhalten.
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