Edingen-Neckarhausen. Nach mehr als 16 Jahren im Gemeinderat von Edingen-Neckarhausen zieht sich Michael Bangert (SPD) aus der Kommunalpolitik zurück. Aus seiner Begründung spricht auch viel Frust über die Ohnmacht der Kommunalpolitiker. Seinen Platz an der Spitze der Fraktion von SPD/EBEN nimmt Alexander Jakel ein.
„Zunächst bin ich immer noch der Meinung, dass die Amtszeiten eines Gemeinderats begrenzt sein sollten“, schreibt Bangert (52) in einer umfangreichen Erklärung zu seinem Rückzug. Eine lange Amtszeit verhindere den in einer Demokratie notwendigen Wechsel: „Ich halte es nicht für förderlich, dass Leute 20 Jahre und länger dieses Amt ausführen.“ Letztlich müsse das aber jeder für sich selbst entscheiden: „Und das letzte Wort hat der Wähler.“
Bangerts Entscheidung ist offenbar schon lange gereift. Er habe bereits in der vergangenen Wahlperiode sein Amt abgeben wollen. Weil aber auch sein Genosse Thomas Zachler den Gemeinderat verließ, habe er das zurückgestellt. Dies wiederum begründet der Sozialdemokrat damit, dass die Fraktion ansonsten nur noch junge und neue Gemeinderäte gehabt hätte, und das in einer Situation, in der es starke Querelen mit dem damals amtierenden Bürgermeister (Simon Michler, CDU, Anm. d. Red.) gegeben habe, die dann in eine Neuwahl mündeten. Sein Ziel sei es gewesen, die SPD-Fraktion in ein ruhigeres Fahrwasser zu lenken. Nach dem Erfolg bei der Gemeinderatswahl 2024, bei dem die SPD als Liste mit Engagierte Bürger Edingen-Neckarhausen (EBEN) gegen alle Trends zugelegt habe, betrachte er nun diese Aufgabe als abgeschlossen.
Für Bangert rückt der frühere Gemeinderat Tobias Hertel (36) nach, der seit 2019 dem Rat angehörte und 2024 den erneuten Einzug Rat nur knapp verpasst hatte. Innerhalb der Fraktion werden die Aufgaben neu verteilt, wie Bangert auf Nachfrage erklärt. Den Vorsitz übernimmt Alexander Jakel, sein Stellvertreter ist künftig Tobias Hertel. Aleksandra Janson, die 2022 in Edingen-Neckarhausen als Bürgermeisterin kandidiert hatte, soll Bürgermeister-Stellvertreterin werden. Architekt Andreas Daners ist und bleibt der Experte in Bausachen. „Die neue Fraktion ohne mich hat im Vergleich zu anderen Fraktionen den Vorteil des Alters, der Durchmischung der Berufsgruppen und der aufgebauten Kompetenz“, findet Bangert. Die neu gewählte Aufgabenverteilung bezeichnet er als „großartig“. Die Fraktion könne nun weiterarbeiten wie bisher: „Loyal, fleißig, kenntnisreich und zielorientiert.“
Frustriert über mangelnde Unterstützung von Bund und Land
In seiner Stellungnahme verhehlt Bangert jedoch nicht, dass sich bei ihm über die Jahre ein gewisser Frust angestaut habe: „Dieser richtet sich nicht gegen Fraktion oder Gemeinde, sondern gegen die übergeordneten Gremien. Bund und Land weisen seit Jahren Überschüsse aus, während die Kommunen finanziell austrocknen.“ Die Gemeinderäte diskutierten schon lange nicht mehr über Gestaltung, sondern nur noch über Erhaltung. Wenn man früher die kommunalen Steuern und Gebühren erhöht habe, dann habe das Spielraum gebracht: „Heute erhöhen wir Steuern und Gebühren und kürzen gleichzeitig Leistungen. Aber selbst das bringt uns nicht mal an eine schwarze Null heran.“
Hinweise an Landes- und Bundestagsabgeordnete brächten immer „viel Verständnis und überhaupt keine Änderung“, klagt Bangert. Wenn den Kommunen der finanzielle Handlungsspielraum genommen werde, wenn es nur noch Schließungen und Kürzungen gehe, dann sei es das, was der Bürger hautnah erlebe: „Dies erzeugt einen hohen Frust bezüglich der Funktionsfähigkeit unserer Demokratie.“ Gerade habe man bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen gesehen, wo dies hinführe: „Wenn hier nicht ein Umdenken im Land und Bund stattfindet, stehen uns dunkle Zeiten bevor.“
Bangert war von 2008 bis 2022 Vorsitzender des SPD-Ortsvereins. 2007 bewarb sich der Rechtsanwalt um das Amt des Bürgermeisters von Ilvesheim, erhielt aber im ersten Durchgang nur rund 21 Prozent der Stimmen. Am Ende gewann dort Andreas Metz. 2015 versuchte Bangert sein Glück in Edingen-Neckarhausen. Auch hier landete er im ersten Durchgang bei 21 Prozent und musste sich in der zweiten Runde dem späteren Bürgermeister Simon Michler geschlagen geben.
Als nach Michlers vorzeitigem Rückzug 2022 in Edingen-Neckarhausen erneut ein Bürgermeister gewählt werden musste, trat Aleksandra Janson als parteilose Bewerberin an. Sie erhielt im ersten Wahlgang 16,3 Prozent und kandidierte im zweiten nicht mehr. Bei der Kommunalwahl 2024 bewarb sie sich auf der Liste von SPD/EBEN um ein Mandat im Gemeinderat und holte die meisten Stimmen, mit deutlichem Abstand vor Bangert. Über sein Ausscheiden muss der Gemeinderat formal noch entscheiden, das gilt allerdings als sicher. In der öffentlichen Sitzung am Donnerstag, 20. November, um 18 Uhr im Rathaus Edingen soll das ebenso erfolgen, wie seine Verabschiedung.
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