Auszeichnung

Mut und Zivilcourage in der Linie 5: Ehrung in Edingen-Neckarhausen

In Edingen-Neckarhausen wurden mutige Helfer für die Verhinderung eines sexuellen Übergriffs in der RNV-Linie 5 ausgezeichnet.

Von 
Martin Tangl
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Mutige Helfer ausgezeichnet (v.l.): Dietrich Herold, Ralf Krämer, die zwei Geehrten Amalia Giakoumakis und Christoph Plottke sowie Tanja Kramper. © Martin Tangl

Edingen-Neckarhausen. Die Nacht auf den 4. April 2025 werden Amalia Giakoumakis, Christoph Plottke und Miran Bahjat Mohammed Saeed sicher nie vergessen. Das Trio hat in der RNV-Linie 5 auf der Fahrt von Heidelberg nach Mannheim durch mutigen Einsatz den sexuellen Übergriff eines Mannes auf eine junge Frau verhindert und dafür gesorgt, dass der Verdächtige am Bahnhof Edingen festgenommen werden konnte.

Dafür hat der Verein Kommunale Kriminalprävention Rhein-Neckar die Drei am Mittwoch im Rathaus von Edingen-Neckarhausen ausgezeichnet. „Ein extremer Fall der Eskalation“, ordnete Leitender Kriminaldirektor Ralf Krämer das Ereignis mit „hohem Aggressionspotenzial“ ein. Dabei hätten sich die drei Helfer vorbildlich verhalten, was auch Dietrich Herold (Unabhängige Bürgerliste/FDP/FWV), stellvertretender Bürgermeister von Edingen-Neckarhausen, ausdrücklich würdigte.

Amalia Giakoumakis (26) und Christoph Plottke (27) schildern im Gespräch mit dieser Redaktion ausführlich ihr Erlebnis in dieser Aprilnacht. Mohammed Saeed muss sich zum Festakt leider entschuldigen. „Schade, ich hätte ihn gerne getroffen“, bedauert Christoph Plottke.

Schon beim Einsteigen in die Linie 5 fiel der Mann auf

„Es war ein extrem aufregender Abend, aber zum Glück hatte ich auf meiner Heimfahrt nach Mannheim zwei Helfer“, berichtet Amalia Giakoumakis. Schon beim Einsteigen in die Linie 5 am Heidelberger Hauptbahnhof sei ihr aufgefallen, dass ein Mann der jungen Frau gefolgt sei und sie bedrängt habe. Bei der Polizei ist vermerkt, dass der Beschuldigte sein Opfer angesprochen und nach Sex gefragt habe.

Auch als die Frau den Platz in der 5 wechselte, folgte er ihr und habe sie unsittlich am Oberschenkel berührt. „Sie hat sich sichtlich unwohl gefühlt. Ich habe sie angesprochen, ob sie den Mann kenne?“, fragte damals Amalia Giakoumakis. Als das eingeschüchterte Opfer dies verneinte und um Hilfe bat, sei sie mit ihr nach vorne in den Eingangsbereich der Bahn gegangen. Der Mann folgte. Zufällig telefonierte die Mannheimerin gerade mit ihrem Freund und wies diesen an, die Polizei zu benachrichtigen.

Zwei sind besser als einer, um den Typ in Schach zu halten.
Christoph Plottke

Auch Christoph Plottke hatte inzwischen bemerkt, dass da etwas nicht in Ordnung war. „Ich war auf der Heimfahrt nach Edingen von meinem Job an einer Restaurant-Theke in Heidelberg und las in einem Buch“, erzählt der Informatik-Student. Er habe einen Mitfahrer, Mohammed Saeed, an der Schulter angetippt: „Kannst Du mitkommen, zwei sind besser als einer, um den Typ in Schach zu halten!“ „Gibt’s Stress?“, reagierte der Angesprochene – und stand sofort auf. Ein weiterer Mitfahrer sei von seiner ängstlichen Freundin zurückgehalten worden: „Bleib bei mir. Halt Dich da raus!“

Plötzlich reagierte der Mann extrem aggressiv

„Wir haben versucht, den Mann zu beruhigen. Dann aber ist alles sehr schnell gegangen. Wir sollen uns nicht einmischen, hat er gesagt“, so Christoph Plottke zum weiteren Verlauf. Inzwischen hatte der Zugführer am Bahnhof Edingen die Türen verriegelt, um auf die Polizei zu warten. Auch zwei Sicherkräfte der RNV waren zugestiegen. Plötzlich reagierte der Mann extrem aggressiv, schlug Plottke ins Gesicht – und auch einer der beiden RNV-Mitarbeiter wurde bei dem Gerangel am Knie verletzt. „Erst hat er uns nur geschubst, aber dann ging’s los! Der stand voll unter Strom und hat auf Arabisch rumgeflucht“, berichtet Plottke. Doch Dank der schnellen Alarmierung sei die Polizei schnell vor Ort gewesen.

Straßenbahnen der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH in Heidelberg im Depot. © picture alliance / dpa

„Ich habe richtig Angst gehabt, war aber voll Adrenalin, sodass ich den Schlag ins Gesicht erst gar nicht gespürt habe. Noch drei Tage hat’s wehgetan“, blickt der Helfer auf die nächtlichen Ereignisse zurück. Aber selbstverständlich werde er immer wieder so handeln. Das bestätigt auch Amalia Giakoumakis.

Nicht nur Hilfsbereitschaft, sondern persönlichen Mut gezeigt

„Herausragend, vorbildlich. Das war nicht nur Hilfsbereitschaft, sondern sie haben persönlichen Mut gezeigt“, erklärt Dietrich Herold. Gerne hätte Bürgermeister Florian König als ehemaliger Polizist die Ehrung vorgenommen. Doch der Rathaus-Chef weile gerade im Urlaub im Bayrischen Wald.

Auch Ralf Krämer spart nicht mit Lob. Leider sei es oft Alltag, dass die Menschen in solchen Situationen „lieber aus dem Fenster oder aufs Handy schauen“, kritisiert der Kripo-Chef und rät: „Aktiv etwas tun, und sich dabei nicht selbst in Gefahr bringen!“ Genau das hätten die drei Helfer getan. Und nicht nur das: Auch hätten sie sich später als Zeugen zur Verfügung gestellt, sodass gegen den mutmaßlichen Täter ermittelt und ein Verfahren eingeleitet werden konnte. Die Anzeige wegen sexueller Belästigung, Körperverletzung und Widerstand gegen Polizeibeamte liege nun bei der Staatsanwaltschaft.

Vorbildliche Verhaltensweise der drei mutigen Helfer

„Toll, wie Sie gehandelt haben. Wir brauchen solche Impulsgeber“, betont schließlich Kriminalhauptkommissarin Tanja Kramper vom Verein Kommunale Kriminalprävention. Sie will den Fall als Musterbeispiel in ihr Trainingsprogramm aufnehmen. In solch brenzligen Situationen die Menschen ansprechen, den Zugführer informieren, über die 110 die Polizei verständigen – und sich später als Zeugen zur Verfügung stellen – „Beistehen, statt rumstehen! Sie haben genau das getan, was wir immer sagen!“, würdigt auch die Fachfrau die vorbildliche Verhaltensweise der drei mutigen Helfer.

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