Edingen-Neckarhausen - Neubauten und Sanierungen entspannen die Lage nur teilweise / Teil 4 unserer Serie

Kindersegen bringt Gemeinde weiter unter Zugzwang

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Bürgermeister Simon Michler im Sommer 2017 auf dem Balkon am Neubau der evangelischen Kita Martin Luther in Edingen. © Emmerich

Allein in diesem Jahr investiert die Gemeinde Edingen-Neckarhausen rund fünf Millionen Euro in den Bau eines neuen Kindergartens und in die Sanierung und Erweiterung bestehender Einrichtungen zur Betreuung ihrer Kleinen. Rund 500 Plätze stehen aktuell zur Verfügung, doch bereits zu Beginn des Jahres waren sie fast vollständig belegt.

„Wie in den letzten Jahren wird es wieder äußerst knapp bei der Gewährleistung des Rechtsanspruchs“, räumt man im Rathaus ein. Die zusätzlichen Plätze, die bis Anfang 2021 im Neubau der Kita „Neckar-Krotten“ und im Anbau am Kindergarten St. Martin in Edingen entstehen, würden dringend benötigt. Gleichwohl sieht Bürgermeister Simon Michler die Lage inzwischen entspannt: „Bei mir haben schon lange keine Eltern mehr vor der Tür gestanden, weil sie keinen Platz für ihr Kind bekommen.“

Nicht alle Wünsche erfüllt

Das bedeutet allerdings nicht, dass alle Eltern wunschlos glücklich wären. Vor allem im Bereich der Ganztagsplätze steigt die Nachfrage immer mehr, wie Michaela Hikade, die Leiterin des katholischen Kindergartens St. Andreas in Neckarhausen, im Gespräch mit dieser Redaktion erklärt. „Wir sind voll“, formuliert sie kurz und knapp: „Die Wünsche nach Ganztagsplätzen können wir nicht alle erfüllen.“ Wie genau die Situation insgesamt aussieht, zeigt erst ein Abgleich auf Ebene der gesamten Gemeinde. „Da sind wir gerade dran“, sagt Gerhard Fischer vom Hauptamt. Ende April werde man dem zuständigen Ausschuss des Gemeinderates die genauen Zahlen vorlegen können. Aber auch Fischer bestätigt: „Die Nachfrage nach Ganztages- und Krippenplätzen wächst.“

Steigende Geburtenzahlen, Einwohnerzuwachs durch Neubaugebiete und geänderte Lebensgewohnheiten sieht er als Grund dafür. „Da ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht“, glaubt Fischer, der in den kommenden beiden Jahren mit einem weiter steigenden Bedarf rechnet.

Investiert hat die Gemeinde in der Vergangenheit vor allem in den Bestand. Denn die konfessionellen Kindergärten erfüllten vielfach nicht mehr alle aktuellen Vorschriften, beispielsweise des vorbeugenden Brandschutzes. Teilweise fielen durch Umbauten und Sanierungen sogar unter dem Strich Plätze weg, wie zuletzt beim katholischen Kindergarten St. Andreas in Neckarhausen. Der Neubau der Kita „Neckar-Krotten“ im Gemeindepark bringe gegenüber dem vorhandenen Provisorium in der Nachbarschaft der Pestalozzischule lediglich eine Gruppe mehr, der Ausbau der Kita St. Martin in Edingen erhöhe die Zahl der Krippengruppen um eine.

Um den aktuellen Bedarf zu decken, hat die Gemeinde nach eigenen Angaben nicht nur die Zahl der vorhandenen Plätze ausgebaut, sondern auch um Tagespflegepersonen geworben. Sie können nach Kenntnis der Verwaltung derzeit 15 Kleinkinder betreuen. Insbesondere im Hinblick auf die geplanten Neubaugebiete in Neckarhausen ist dort der Ausbau vorhandener oder der Bau neuer Einrichtungen geplant. In Neckarhausen-Nord gibt es dafür bereits eine ausgewiesene Fläche.

Auch wenn es manchmal klemmt: Auf dem Klageweg haben bislang keine Eltern ihren Rechtsanspruch durchzusetzen versucht. Die Schaffung von Betreuungsplätzen ist ein finanzieller Kraftakt, aber die Finanzen sind nicht das einzige Problem. Zu schaffen macht der Kommune auch der Mangel an Betreuungspersonal. Eingestellt werden die Mitarbeiter allerdings nicht vom Rathaus. Die evangelischen und katholischen Kirchengemeinden sind Träger der Kindertagesstätten, kommunale gibt es nicht.

Immer mehr Nachwuchs

Wie sehr die Zahl der Kinder in der Gemeinde in der jüngsten Vergangenheit gestiegen ist, zeigen Zahlen des statistischen Landesamtes. Danach erhöhte sich die Zahl der unter Dreijährigen von 2000 bis 2018 um 22 Prozent, bei den Drei- bis Sechsjährigen lag der Zuwachs im gleichen Zeitraum immerhin bei 7,5 Prozent.

Die steigenden Geburtenraten machen die Lage für die Gemeinde noch schwieriger. Der Zuzug von Geflüchteten lasse den Bedarf ebenfalls steigen. Wie überall bringt nicht zuletzt die Änderung des Stichtags bei der Schulpflicht Probleme mit sich: Weil die Kinder erst später zur Schule müssen, bleiben sie entsprechend länger im Kindergarten. Auch das kann zu Engpässen führen. Für Gerhard Fischer besteht deshalb kein Zweifel: „Wir müssen da als Gemeinde noch etwas tun.“

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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