Natur

Im Waldgarten in Neckarhausen sind noch ein paar Inseln frei

Obstbäume spenden Schatten, auf den Flächen darunter wächst essbare Vielfalt und die Ernte wird geteilt. Der Allmende Waldgarten in Neckarhausen ist ein außergewöhnliches Projekt, sucht aber händeringend Nachwuchs

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Im Allmende Waldgarten packen Dietz Wacker (v.l.), Alois Danzer und Anne Neuberger-Hoffmann mit an. © Hans-Jürgen Emmerich

Edingen-Neckarhausen. „Allmende Waldgarten e. V.“ steht auf einem Holzschild über dem Eingang, das Tor besteht aus dekorativ und rustikal anmutenden Ästen. „Schwemmholz aus dem Neckar“, verrät uns Dietz Wacker beim Besuch in dem außergewöhnlichen Fleckchen Erde am Rand von Neckarhausen. Das Tor steht immer offen, wie der Garten auch. Ganz im Sinne des Wortes Allmende, das für Gemeinweide steht. Boden, den alle nutzen können. Besucher sind hier willkommen, helfende Hände noch mehr.

„Wir gehen jetzt in die dritte Saison“
Dietz Wacker

Als das Projekt vor rund drei Jahren startete, lag das Gelände brach. Ein Luftbild im Schaukasten am Eingang zeigt, wie das damals ausgesehen hat. Heute sind bereits Ansätze eines Waldes zu erkennen. Zumindest gibt es eine ganze Reihe von Bäumen. „Wir gehen jetzt in die dritte Saison“, erklärt Wacker vom Verein Allmende Waldgarten beim Rundgang.

Zunächst wurden Hochstammobstbäume gepflanzt und Hecken als Einfassung gesetzt oder aus Totholz aufgeschichtet. Benjes-Hecken nennen sie sich. Die Heimat von Kleinlebewesen dient zugleich als optischer Abschluss, wie Alois Danzer ergänzt. Die Bäume sind sozusagen der Anfang des essbaren Waldgartens. An einem davon hängen große saftige Birnen, in die man am liebsten gleich hineinbeißen würde. Darunter gedeiht alles mögliche. Kartoffeln, Blumenkohl, Zucchini, Kürbis, Tomaten, Rhabarber. Ein wahres Schlaraffenland. „Hier darf alles angepflanzt werden, was natürlich und heimisch ist“, erklärt Danzer: „Wir betreiben hier bewusst keine Monokultur.“

Ein Turm gegen Schnecken

Der Grundgedanke des Projektes ist die Selbstversorgung im Einklang mit der Natur. Gift gibt es deshalb nicht. Das kann mitunter zu Problemen führen. Die Schnecken wollten nämlich partout den Salat nicht den Gärtnern überlassen. Die wiederum ließen sich davon nicht entmutigen, griffen eine Idee aus einer Gartenzeitschrift auf und bauten einen Salatturm aus Holz. Hier klettern die hungrigen Schnecken nicht hoch, der Salat bleibt also bis zur Ernte unberührt. „Da sind wir schon ein bisschen stolz drauf“, gesteht Danzer, der regelmäßig auch seinen Enkelsohn mitbringt.

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Jede dieser Inseln unter einem Baum trägt ihre eigene Handschrift, wird jeweils von einem Gärtnerteam gestaltet. Besonders ins Auge fällt eine Kräuterspirale, die nach allen Regeln der Gärtnerkunst umgesetzt ist, wie Dietz Wacker erläutert. Eine Mauer aus Natursteinen fasst die Erde für die Pflanzen ein. Auf einem anderen Beet steht eine Leiter, an der Bohnenpflanzen emporklettern. Im Sommer ist es eine Rankhilfe, im Winter dient es bei ihm zuhause mit Tannenzweigen versehen als Christbaum, wie Danzer verrät.

Regenwasser wird gesammelt

Weil ohne Regen auch im Waldgarten nichts wächst, fangen die Gärtner das Niederschlagswasser vom Dach des Geräteschuppens auf und sammeln es in vier Containern aus Kunststoff. Nach dem Regen der vergangenen Wochen sind sie gerade voll bis obenhin, doch das ist längst nicht immer so. Deshalb gibt es neuerdings einen Trinkwasseranschluss der Gemeinde mit vier Zapfstellen im Garten: „Das nehmen wir aber nur dann, wenn es gar nicht anders geht.“

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Die Gartengeräte hängen außen an der Wand des Schuppens, damit helfende Hände jederzeit zupacken können. Die Arbeit teilen sich die Waldgärtner genauso wie die Ernte. Die Wiese wird ein bis zwei mal im Jahr mit der Sense gemäht, und immer nur in Etappen, damit Nahrung für die Insekten stehenbleibt. Ziel ist eine artenreiche Magerwiese.

Altes Bauholz, neuer Zweck

Ein Schmuckstück ist die rote, doppelflüglige Eingangstür. Eine ehemalige Stalltür, die Mitinitiator Ralf Stahl beim Abbruch einer Scheune in Edingen gerettet hat. Überhaupt wird hier Recycling großgeschrieben. Balken aus dem Abriss finden sich an vielen Stellen, so etwa rund um das Kinderbeet. An der Wand der Hütte hängt ein Insektenhotel, auf dessen Unterseite noch die Griffe einer Schublade zu entdecken sind.

Dietz Wacker am Insektenhotel. © Hans-Jürgen Emmerich

Wacker deutet auf einige der Löcher, die mit einem grauen Material versiegelt sind: „Die sind bewohnt.“ Ihr ganz eigenes Zimmer haben sich Wespen ausgesucht: Ihr Nest befindet sich hinter der Glasscheibe am Schaukasten neben dem Eingang. Wacker sieht die Gäste gelassen: „Wo sie einmal genistet haben, ziehen sie nicht wieder ein.“

Ein Ableger in Edingen

Wenn in den nächsten Tagen ein Dutzend Kinder im Rahmen des Ferienprogramms zu Besuch kommt, wird gemeinsam geerntet und gekocht, auf dem offenen Feuer. Es gibt Kartoffelsuppe, wie Anne Neuberger-Hoffmann erklärt. Es gehe darum, dass die Kinder Natur und Pflanzen als etwas lebendiges erleben. Rund 30 Mitglieder hat der Verein, weitere Mitstreiter sind willkommen. Vor allem junge Eltern mit Kindern, wie Wacker betont: „Wir sind schon sehr überaltert.“ Einige der Inseln sind noch zu vergeben.

Während im Waldgarten in Neckarhausen einiges wächst, was essbar ist, gibt es in Edingen schon einen neuen Ableger. Dank vieler Spenden wachsen dort inzwischen rund 60 Bäume wie Tanne, Linde und Kastanie, die langsam zu einem kleinen Wäldchen werden, direkt neben dem Wiesenkindergarten. Am Ende können es 150 sein, wie die Waldgärtner betonen.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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