Edingen-Neckarhausen

Edingen-Neckarhausen lebt auch 2024 wieder auf Pump

Die Gemeinde Edingen-Neckarhausen nimmt deutlich weniger Geld ein, als sie ausgibt. In dieser Not rücken die Fraktionen des Gemeinderates zusammen. Beim Sparen gibt es aber durchaus unterschiedliche Ansätze

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Der Gemeinderat von Edingen-Neckarhausen hat den Haushalt für das Jahr 2024 einstimmig beschlossen. © Hans-Jürgen Emmerich

Das Minus ist geringer geworden, aber es bleibt riesig: Rund drei Millionen Euro muss die Gemeinde Edingen-Neckarhausen durch neue Schulden finanzieren, weitere 3,6 Millionen aus den Rücklagen entnehmen. Die Finanzlage ist zwar dramatisch, wie die Sprecher der Fraktionen in ihren Beiträgen deutlich machten, aber der Gemeinderat hat den Etat für 2024 am Ende einstimmig abgesegnet.

„Der Ressourcenverbrauch übersteigt das Aufkommen“, formulierte Bürgermeister Florian König (CDU) einmal mehr. „Wir werden keine Wunderheilung unseres Haushalts erleben“, mahnte er: „Es wird ein langer Prozess, ein steiniger Weg, aber: „Stehenbleiben ist keine Option.“ Schließlich zitierte er aus Goethes Faust: „Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich Taten sehen.“

Für seine klaren Worte erhielt der Bürgermeister Beifall von allen Seiten, und das sollte sich auch bei den übrigen Etatreden fortsetzen. Als Sprecher der Unabhängigen Bürgerliste (UBL-FDP/FWV), der stärksten Fraktion im Rat, sprach Dietrich Herold zu Beginn und mit rund 23 Minuten am längsten. „Die Haushaltsmisere ist weder völlig fremdverschuldet, noch völlig hausgemacht“, analysierte er. Grund und Boden verkaufen könne man nur einmal, begründete er, warum die UBL auch für Erbpacht-Verträge eintrete. „Künftig werden schmerzhafte Einschnitte erforderlich“, sagte Herold weiter. Auch in der Grundsteuer sieht die UBL eine Stellschraube, sofern dies sozialverträglich, offen und transparent erfolge.

„Wir haben die Lage erkannt und verstanden“, betonte der CDU-Sprecher Markus Schläfer und fügte hinzu: „Wir sind auf einem guten Weg, aber er ist ein sehr langer und sehr steiniger.“ Er forderte, klug zu investieren. In der Vergangenheit sei vieles geschoben, gestrichen oder ignoriert worden, das räche sich früher oder später. Edingen-Neckarhausen habe „keinen Luxushaushalt“, unterstrich Schläfer.

Walter Heilmann verwies für die Offene Grüne Liste (OGL) auf die Pro-Kopf-Verschuldung, die auf über 1000 Euro gestiegen sei. Das allein sei nicht dramatisch. Das Minus von drei Millionen Euro im ordentlichen Haushalt mache der OGL Sorgen. Ein Ausgleich sei vordringlich: „Nur bei schwarzen Zahlen können wir uns Investitionen in die Zukunft leisten.“ Den Neuanfang in der kommunalen Jugendarbeit nannte er vielversprechend und machte klar: „Wir wollen die offene Jugendarbeit nicht kaputtsparen.“

Michael Bangert (SPD) betonte, der Haushalt sei „wahrlich kein Grund zum Jubeln“. Trotz massiver Einsparungen lasse er sich nicht ohne Schulden finanzieren. Dass keine einzige Fraktion einen Antrag gestellt habe, der mit Mehrausgaben verbunden sei, habe er in all seinen Jahren im Rat noch nie erlebt: „Das zeigt das Dilemma auf. Wir wollen gestalten, aber dafür brauchen wir Mittel, die man uns nicht zur Verfügung stellt.“ Heftige Kritik richtete er an die Regierungen in Bund und Land: „Sie lassen die Kommunen finanziell ausbluten.“

Ulf Wacker (parteilos) sprach sich für Mehreinnahmen durch eine Anhebung der Grundsteuer aus: „Das wird hart und unangenehm, aber das ist ein Weg.“ Nachfolgend Themen, die bei der Etatdebatte mehrfach beleuchtet wurden.

Doppelstrukturen: Die Bibliotheken in beiden Ortsteilen zusammenzulegen, ist nach Ansicht der CDU eine Prüfung wert. Die OGL sieht das ähnlich, auch bei der Feuerwehr.

Feuerwehr: Dass die Feuerwehr eine neue, zeitgemäße Unterkunft braucht, ist unbestritten. Die UBL hält das nur mit einer Investorenlösung für umsetzbar. Unabhängig vom Modell sieht die SPD die Finanzierung als ungelöst an. Für die OGL ist das ein Beispiel dafür, dass das Aufschieben auch nicht immer die beste Lösung ist. „Vor zehn Jahren hätte das weniger gekostet“, sagte Heilmann.

Gebühren: Die UBL fordert eine Neukalkulation der Verwaltungsgebühren, die OGL will eine Anhebung der Wasserpreise.

Hallenbäder: Die UBL will das Lehrschwimmbecken in Edingen auf den Prüfstand stellen, lehnt aber eine Schließung des Freizeitbades in Neckarhausen ab. Die CDU steht zu Schließungen kritisch und setzt stattdessen auf eine Senkung der Betriebskosten durch energetische Sanierung. Die SPD lehnt eine Schließung ab und hofft auf Hilfe von Bund und Land. Die OGL tendiert zu einem Verzicht auf das Lehrbecken in Edingen. Ulf Wacker (parteilos) lässt eine umgekehrte Präferenz erkennen, weil das Bad in Neckarhausen deutlich teurer sei.

Klimaschutz: Für die UBL ist Klimaschutz nicht kostenneutral, sondern kostenintensiv, aber genauso notwendig wie Bildung, Gesundheitsvorsorge und Brandschutz. Die SPD zählt ihn zu den freiwilligen Aufgaben, die OGL gibt ihm höchste Priorität, weil es sonst in Zukunft noch teurer würde.

Parkraumbewirtschaftung: Die UBL hat bei der nicht öffentlichen Etatberatung eine Prüfung beantragt, das Parken auf öffentlichen Flächen kostenpflichtig zu machen. Das begrüßt auch die OGL, allerdings eher wegen der dadurch erwarteten lenkenden Funktion. CDU und SPD äußerten sich dazu in ihren Haushaltsreden nicht.

Solarenergie: In großen Freiflächenanlagen sieht die UBL auch eine Chance, Einnahmen für die Gemeinde zu erzielen. Ulf Wacker teilt diese Ansicht. Energie selbst zu gewinnen, ist für die CDU ein langfristiges Ziel.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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