Interview - Edingen-Neckarhausens Bürgermeister Simon Michler (CDU) will im neuen Jahr mit der Consul-App die Bürgerbeteiligung in der Gemeinde auf neue Beine stellen.

Bürgermeister Michler setzt weiter auf Wohnungsbau in Edingen-Neckarhausen

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Edingen-Neckarhausens Bürgermeister Simon Michler (CDU) stellt sich den Fragen von „MM“-Redakteur Hans-Jürgen Emmerich. © Christoph Blüthner

Edingen-Neckarhausen. Edingen-Neckarhausen soll weiter wachsen. Der Wohnungsbau steht für Bürgermeister Simon Michler (CDU) weiter ganz oben auf der Agenda. Bei der Bürgerbeteiligung soll eine neue App helfen, wie er im Interview erklärt.

Herr Michler, das Jahr neigt sich dem Ende zu. Was ist trotz Corona gut gelaufen?

Simon Michler: Es geht immer etwas voran, trotz aller Herausforderungen. Ich denke an den wichtigen Grundsatzbeschluss zur Sanierung der Pestalozzischule. Die Kita Neckar-Krotten ist fertig, wenn auch etwas später als geplant. Dort wird dringend nötiger Platz geschaffen. Und der Kunstrasen ist fertig, ein wichtiger Baustein für das Projekt Neckarhausen-Nord. Wir haben also vieles abgeschlossen oder auf die Spur gebracht.

Simon Michler

  • Geboren am 23. September 1984 in Heilbronn-Neckargartach, aufgewachsen in Ilsfeld im Landkreis Heilbronn, verheiratet mit Martina Michler.
  • Diplom-Verwaltungswirt (FH) und Wirtschaftsförderer. Haupt- und Personalamtsleiter der Stadtverwaltung Möckmühl (2008 bis 2011); Leiter des Amtes für Bildung, Schule und Sport der Stadt Aalen (2011 bis 2015).
  • Im November 2015 im zweiten Wahlgang zum Bürgermeister von Edingen-Neckarhausen gewählt.
  • Im Juli 2021 bei der Kandidatur als Ober-Bürgermeister in Schwäbisch Hall gescheitert.
  • Seit 2019 Mitglied des Kreistags des Rhein-Neckar-Kreises. 

 

Corona war und ist eine Herausforderung für die Gemeinden. Haben Sie, hat Edingen-Neckarhausen diese gut gemeistert?

Michler: Ich glaube im Großen und Ganzen schon. Aber es gab schon den negativen Ausreißer im Oktober, mit fast 100 aktiven Fällen, weil es auch sehr schnell ging. Wir mussten schnell reagieren und haben alle kommunalen Veranstaltungen kurzfristig abgesagt.

Beim Impfen war Edingen-Neckarhausen in der ersten Runde schnell dabei, warum wird es in der zweiten später?

Michler: Das hängt auch vom Kreis und seinen Kapazitäten ab. Wir sind jetzt im guten Mittelfeld. Ich gehe davon aus, dass am 15. Januar eine weitere Aktion stattfinden kann. Parallel sprechen wir mit Ärzten und Apothekern, um zusätzlich eine eigene Aktion zu organisieren. Es gibt in der Region genügend Termine, aber darauf muss man sich nicht ausruhen.

Welche Maßnahmen sind durch Corona verzögert oder ganz ausgebremst worden?

Michler: Da fällt mir spontan nichts ein. Natürlich gibt es in den Ämtern teilweise andere Prioritäten. Die finanzielle Situation ist eine große Herausforderung. Der Verwaltungsausschuss hat aber zweimal tagen können und Vorschläge unterbreitet, beispielsweise die Erhöhung der Fährtarife und der Grundsteuer.

Finanzen liegen im Plan

Können Sie schon absehen, wie sich die Finanzen in 2021 entwickelt haben?

Michler: Das meiste bewegt sich im Rahmen des Haushaltsplans. Das Projekt Edingen-Südwest hat sich verzögert, da bekommen wir die zwei Millionen Euro Grundstückserlös erst im kommenden Jahr.

Wie wird sich Corona auf die Finanzen der Gemeinde auswirken?

Michler: Das muss man sehen. Es gab Hilfen von Bund und Land. Vieles wirkt sich erst ein, zwei Jahre später aus.

Apropos Finanzen. Haben Sie jetzt endlich die ausstehenden 200.000 Euro für die Fischkinderstube von der Fischerei bekommen?

Michler: Nein, noch nicht. Wir haben unseren Rechtsanwalt beauftragt, um Druck auszuüben. Im Januar gibt es jetzt ein weiteres Gespräch. Ich sehe aber keine Anzeichen dafür, dass kein Geld kommt.

Wann rechnen Sie damit?

Michler: Auf jeden Fall 2022. Wir waren jetzt lange genug geduldig.

Was werden die Schwerpunkte im Haushalt 2022 sein?

Michler: Wir werden vor allem begonnene Projekte weiterführen. Ich denke an Neckarhausen Nord, die Umsiedlung des Hundesports. Das gibt uns Raum für Wohnungsbau und Gewerbe. Auch mit den Fußballern müssen wir zu endgültigen Ergebnissen kommen. Die Investitionssumme liegt bei wenigen Millionen Euro.

Wie sehen Sie die Chancen, dass Edingen-Neckarhausen insgesamt bis 2035 klimaneutral wird?

Michler: Klimaneutral ist ein weiter Begriff. Wir haben als Kommune direkten Einfluss nur bei unseren eigenen Liegenschaften. Wichtig ist aber, dass wir selbst Vorbild sind. Unsere Umweltbeauftragte hat schon viel bewegt. Es ist auch gut, dass das Thema politisch diskutiert wird. Wir strengen uns an, dass wir es als Kommune schaffen und sind auf einem guten Weg mit dem Klimaschutzkonzept und dem Bau- und Umweltamt.

Wo es aber gerade personelle Engpässe gibt…

Michler: Ja, aber nur vorübergehend. Wir haben schon einzelne Stellen neu besetzt. Im technischen Bereich scheiden Ende 2022 zwei Mitarbeiter aus, die Stellen sind ausgeschrieben. Im Moment kommt viel zusammen.

Wäre da ein Klimamanager eine gute Unterstützung?

Michler: Unabhängig von den vorliegenden Anträgen ist das schon fest vorgesehen. Hierfür gibt es auch Zuschussmöglichkeiten. Das wollen wir auf jeden Fall angehen und den Klimaschutz damit auf eine neue Ebene bringen.

Im Gemeinderat wurde zuletzt sehr kontrovers über Maßnahmen zum Klimaschutz diskutiert. Sehen Sie noch Chancen auf eine gemeinsame Linie?

Michler: Ja, absolut. Die Anträge liegen nicht so weit auseinander. Das Ziel ist ähnlich. Macht man es mit oder ohne European Energy Award (EEA)? Wir haben mit Vivien Müller und Herbert Stein schon sehr viel gemacht. Wenn wir eine noch spezifischere Unterstützung bekommen können, bin ich dafür offen. Wir brauchen mehr Kapazitäten. In dieser Hinsicht ziehen alle an einem Strang. Ich bin da sehr optimistisch, dass wir das im Januar unter einen Hut bringen.

Das Klima im Gemeinderat wird aber immer mehr zum Problem. Wie wollen Sie es schaffen, hier wieder für ein kollegiales Miteinander zu sorgen?

Michler: Das wird von mir thematisiert, auch nichtöffentlich. Ich denke, dass jeder seinen Beitrag dazu leisten kann und muss. Negatives Beispiel war die Lilienstraße, wo man durch Diskussionen eine Spaltung erzeugt hat. Das hätte man auch anders lösen können. Mit dem Ergebnis in der Außenwirkung war ich nicht zufrieden. Hier sind alle mit in der Verantwortung, ich als Vorsitzender am meisten.

Bürger-App startet bald

Im kommenden Jahr wollen Sie mit der Bürger-App Consul starten, um neue Wege der Bürgerbeteiligung zu gehen. Welche Themen sind aus Ihrer Sicht die ersten, zu denen sich die Bürger damit äußern können?

Michler: Hierfür ergeben sich immer wieder Themen aus dem Tagesgeschäft. Spontan fällt mir die Edeka-Ansiedlung in Neckarhausen ein. Also die Frage: Wie sehen das die Menschen in Neckarhausen, wie in der Gesamtgemeinde.

Und die Frage möglicher Neubaugebiete?

Michler: Moderates Wachstum ist auch für die finanzielle Situation der Gemeinde wichtig. Die Preise für Bauland und für Mieten sind abenteuerlich. Deshalb müssen wir in unserer 1A-Lage Wohnraum schaffen, und das will ich angehen. Die SPD hat ja das Kappeseck in Neckarhausen genannt. Das würde ich schon gerne weiter diskutieren. Da kann auch die App helfen, um mögliche Standorte auszuloten.

Ein klares Meinungsbild wird dann auch die Entscheidungsfreudigkeit im Gemeinderat steigern?

Michler: Zunächst sind die Ergebnisse aus der Bürger-App ein reiner Überblick für den Gemeinderat, der letztlich entscheidet. So hat es auch in Tübingen gut funktioniert. Ich denke schon, dass sich der Gemeinderat mit dieser Grundlage leichter tut, Entscheidungen zu treffen.

In den kleinen Baugebieten Edingen-Südwest (Tennisplätze) und Wingertsäcker in Neckarhausen (Bäko-Wiese) soll es 2022 endlich losgehen. Warum dauert das alles so lange?

Michler: Das hat mehrere Gründe. Wir sind ein relativ intellektueller Gemeinderat mit fünf Fraktionen und vier Mitgliedern, die selbst schon mal Bürgermeister werden wollten. Da ist es normal und auch menschlich dass jeder so seine Ziele verfolgt, seine Meinung vertritt und nicht vom ersten Tag an kompromissbereit ist. Daneben benötigt man drei Fraktionen für eine Mehrheit, das ist es nicht immer einfach. Knappe Entscheidungen tun auch nicht immer gut, das hat die Vergangenheit gezeigt. Deshalb setzte ich weiterhin auf breite Mehrheiten.

Wann wird in Neckarhausen-Nord mit dem Bau der ersten Häuser begonnen werden können?

Michler: Ich bin optimistisch, dass wir mit dem ersten Abschnitt, dem Geschosswohnungsbau an der L 597, im neuen Jahr beginnen können. Für den zweiten und dritten Abschnitt werden wir zumindest mit den Beschlüssen für den Umzug der Hunde-und Fußballsportler ins Sportzentrum den Weg ebnen.

Schulsanierung beginnt 2022

Geht es mit der Sanierung der Pestalozzischule definitiv los im neuen Jahr?

Michler: Ja, aktuell spricht nichts dagegen. Die Fachingenieure stehen bereit, die Architektin auch. Das Ziel ist, nach den Sommerferien loszulegen, auch wenn viele Auftragsbücher gerade sehr voll sind.

Und das Hilfeleistungszentrum muss auch als reines Feuerwehrhaus noch ein paar Jahre warten?

Michler: Ja, da gibt es jetzt bekanntlich neue Zahlen. Aus finanziellen Gründen ist es nicht unwahrscheinlich, dass es nur ein reines Feuerwehrhaus gibt. Für das DRK in Edingen und Neckarhausen prüfen wir Alternativen. Die Integration des DRK in den Neubau würde vier Millionen Euro zusätzlich kosten. Mit einem Teil des Geldes müsste sich auch vor Ort eine Lösung finden lassen.

Wann gibt es darüber Klarheit?

Michler: Spätestens im ersten Halbjahr 2022 werden wir einen konkreten Beschluss fassen. Ein neues Feuerwehrhaus ist für mich ohne Alternative, auch wegen der Mängelliste der Unfallkasse. Das wird auch nicht günstiger, wenn man es noch weiter schiebt. In Edingen haben wir in der Gartenstraße die Möglichkeit, Erlöse zu erzielen, weil sich hier Wohnungsbau anbietet.

Was bedeutet das für den Baubeginn?

Michler: Da gibt es bereits einen Zeitplan. Wir brauchen eine europaweite Ausschreibung, die allein mehrere Monate dauert. Je nachdem, wann dann der endgültige Beschluss gefasst wird, geht da schon noch das ein oder andere Jahr ins Land.

Die Feuerwehrunterkunft alleine kostet schon zehn Millionen Euro. Wie wollen Sie das alles finanzieren?

Michler: Wir müssen natürlich sehen, was eine Kommune stemmen kann. Aber wir haben auch in den vergangenen sechs Jahren bereits 15 bis 20 Millionen Euro investiert, etwa in zwei Kindergärten, die Wohnanlage am Nussbaum, den Kunstrasen und die Tennisanlage. Die Schule kostet uns rund sechs Millionen Euro. Andererseits bringt uns Neckarhausen-Nord Geld ein. Auf den ersten Blick ist das eine Riesenherausforderung, aber es ist machbar. Und so ein Hilfeleistungszentrum wird auch nicht auf einen Schlag finanziert, das sind dann zwei, drei Millionen in einem Jahr.

Zwillingsmädchen kommen bald

In zwei Jahren steht die nächste Bürgermeisterwahl in Edingen-Neckarhausen an. Treten Sie wieder an, oder liebäugeln Sie mit anderen Aufgaben?

Michler: Da gibt es überhaupt keinen Grund, nicht anzutreten. Uns geht es hier gut. Im nächsten Jahr kommen unsere Zwillingsmädchen aus Haiti. Ich lebe im Hier und Jetzt und packe die Themen genauso an wie in den vergangenen sechs Jahren. Wir werden als Familie in Edingen-Neckarhausen immer sesshafter.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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