Natur - Regierungspräsidium lässt am Krottenneckar Schlamm abtragen / „Verlandung entgegenwirken“

Am Krottenneckar in Edingen schafft ein Bagger Lebensraum

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Dirk Timmermann
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Diplom-Biologe Jost Armbruster betreut die Entschlammung des Krottenneckars beim Regierungspräsidium Karlsruhe. © Dirk Timmermann

Edingen-Neckarhausen. Wenn sich in den nächsten Wochen ein gelber Schreitbagger durch den Altneckararm bei Edingen kämpft, so dient dies einer guten Sache: Die Entschlammung des Krottenneckars ist ein Projekt im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe, mit dem Strömungshindernisse zur Seite geräumt werden, um einen besseren Durchfluss zu erreichen.

„Für die hier beheimateten Arten ist es dringend notwendig, der Verlandung entgegenzuwirken“, erklärt Jost Armbruster. Der Ingenieur und Diplom-Biologe begleitet die Pflegemaßnahme im zuständigen Referat für Naturschutz und Landschaftspflege. Der Blick auf den Krottenneckar - der Name spielt auf die einstmals anzutreffenden Kröten an - vermittelt ein ungewohntes Bild: Vom Einmündungsbereich des Flusses in Höhe des „Schwabenheimer Hofs“ bis zum Auslaufbereich mehrere Hundert Meter weiter sucht man Wasser vergebens. Stattdessen hat sich über dem Kiesbett eine bis zu 80 Zentimeter hohe Schlammschicht manifestiert.

„Sedimente lagern sich ab und werden nicht mehr ausgeschwemmt“, berichtet Armbruster. Der Neckar sei schon jetzt einer der am stärksten belasteten Flüsse Deutschlands, ergänzt Rolf Stahl, Gemeinderatsmitglied für die Offene Grüne Liste in Edingen-Neckarhausen. Die zunehmende Verlandung des Neckararms werde für die Flora und Fauna zum Problem: Wenn das Wasser fehlt, geht für viele Tiere der natürliche Lebensraum verloren, besonders für die Fließwasserarten. Biologe Jost Armbruster verweist auf den Bitterling, einen seltenen Karpfenfisch, dem der Flüssigkeitsmangel am Unteren Neckar zu schaffen mache. Normalerweise lege er seine Eier in einer Flussmuschel ab, wo sie gegen Fressfeinde geschützt sind.

Projekt wird beobachtet

Die Entschlammung des Krottenneckars erfolgt im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe.

Ziele der zweiwöchigen Pflegemaßnahme sind eine verbesserte Durchströmung des verlandenden Neckararms und damit der Erhalt von Lebensräumen.

Nach einer rund einjährigen Beobachtungsphase wird über möglichen Optimierungsbedarf entschieden.

Die Kosten von rund 25 000 Euro finanzieren sich aus dem Naturschutzhaushalt des Landes.

Zwei Wochen Arbeit

Um diese und andere gefährdete Arten zu erhalten, sind staugeregelte Landschaften vonnöten. Armbruster zufolge geht dies mit Fließwasser, Weichholz-Auwald und höherliegenden Bäumen, typischerweise Eichen, einher. Wenn ein Fluss keine Dynamik mehr aufbringe, gerate diese Struktur in Gefahr. Um das 16,7 Hektar messende Naturschutzgebiet „Unterer Neckar - Teilgebiet Altneckar Wörth-Weidenstücker“ in einen besseren Zustand zu versetzen, werden daher über eine Dauer von zwei Wochen umfangreiche Maßnahmen durchgeführt. Kooperationspartner ist das Karlsruher Ingenieurbüro Kauppert.

In einer ersten Phase wird das Totholz entfernt und hinter der ersten Baumreihe abgelegt. „Rund 30 Bäume werden auf diese Weise umgelagert“, erläutert Projektleiter und Inhaber Klemens Kauppert. In dem abgestorbenen Holz sind Spechte, Fledermäuse und Käfer zuhause. Um keine Störungen zu verursachen, hat man mit den Arbeiten bis zum Ende der Vegetationsperiode abgewartet.

Nachdem das Totholz an seinen neuen Platz geschafft ist, gräbt der Schreitbagger eine Rinne in den Krottenneckar. Der Schlamm wird dabei so zur Seite geschoben, dass er nicht nachrutschen kann. Danach soll sich idealerweise die Strömungsgeschwindigkeit wieder erhöhen. Ob es funktioniert, ist allerdings offen. Bereits 2006 war der Einmündungsbereich umgestaltet worden - was sich als wenig nachhaltig erwies. Deshalb sieht die Planung von Armbruster und Kauppert eine Beobachtungsperiode vor. Sollte sich bis Herbst 2022 keine Besserung zeigen, geht das Projekt in eine zweite Phase. Angedacht ist dann die Errichtung einer Lenkbuhne, mit deren Unterstützung mehr Wasser in den Seitenarm geleitet würde. Im Auslaufbereich würden dann größere Steine als Wellenbrecher zum Einsatz kommen. Dies wäre jedoch, im Gegensatz zum derzeitigen Vorgehen, eine bauliche Lösung, für die eine Genehmigung durch die Wasserschifffahrtsverwaltung erforderlich wäre. Insbesondere müssten die Planer darlegen, dass keine negativen Folgen für die Schifffahrt zu befürchten sind. „Es nützt ja nichts, wenn mehr Wasser durch die Aue fließt, der Schiffsverkehr jedoch Probleme bekommt“, weiß Armbruster.

Im Übrigen sei es gar nicht so einfach gewesen, ein Unternehmen zu finden, das mit passendem Gerät im Edinger Schlamm arbeiten würde. Wie schwierig das im Einzelfall werden könne, habe man bei einem vergleichbaren Projekt bereits erfahren: Ein zweiter Bagger wurde gebraucht, nachdem der erste bis zur Fahrerkabine versunken war - ein Spektakel, das man sich in Edingen-Neckarhausen gerne ersparen würde.

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