Wiedervereinigung

Schüler der EKS in Bürstadt sprechen über Demokratie

Zum Tag der Deutschen Einheit sprechen die Schülerinnen und Schüler der Erich Kästner-Schule in Bürstadt über Demokratie. Auch Vertreter des Kreises Bergstraße diskutieren mit

Von 
Dirk Timmermann
Lesedauer: 
Geschichtslehrerin Kathrin Duckheim (r.) hat mit Schülern der zehnten Klassen die Ausstellung zur Demokratiegeschichte vorbereitet. © Dirk Timmermann

Bürstadt. „Wie ist die Demokratie in Deutschland entstanden?“, „Welche Reformbestrebungen gab es?“, „Wie kann man Bürger besser beteiligen?“ - über Fragen wie diese diskutierten rund 50 Zehntklässler der Erich Kästner-Schule mit Vertretern aus Schule und Politik. Den Rahmen der Veranstaltung „Demokratie: gestern - heute - und morgen“ bildete eine vom Kreis Bergstraße organisierte Wanderausstellung, die noch zwei Wochen in der Aula zu sehen ist: „Auf dem Weg zur modernen Demokratie - die deutschen Freiheitsbewegungen von der Französischen Revolution bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts“.

Jedes Jahr gastiert die Schau an einer anderen Schule, pünktlich zum Tag der Deutschen Einheit, wie Landrat Christian Engelhardt (CDU) erklärte. Auf diese Weise soll die Bedeutung der Wiedervereinigung ins Bewusstsein junger Menschen gerückt und zugleich ein Austausch mit der Politik befördert werden. „Wer heute unter 30 ist, hat die Teilung Deutschlands nicht mehr erlebt“, ordnete der Landrat die geschichtliche Reichweite ein.

Schüler präsentieren Inhalte

Zur Einführung in das Thema präsentierten Schüler der zehnten Klassen des Realschulzweigs zentrale Inhalte der Ausstellung. „Die Erfahrungen des 18. und 19. Jahrhunderts bilden die Traditionen, die die Demokratie stärken“, las eine Schülerin vor. Weiter war zu erfahren: Nach ersten Demokratieversuchen am Rhein und in der Südpfalz sowie Reformen unter französischer Herrschaft und im Rheinbund entwickelte sich die „moderne Gesellschaft“.

Mehr zum Thema

Wiedervereinigung

Eberhard Diepgen spricht in Mannheim über die Deutsche Einheit

Veröffentlicht
Von
Sylvia Osthues
Mehr erfahren

Das sogenannte „lange 19. Jahrhundert“, definiert von 1789 bis 1914, brachte dann weitreichenden rechtlichen und technischen Fortschritt. Zeitungen und Lesegesellschaften hatten sich etabliert. Bedeutung erlangten die „politischen Feste“ der 1830er. Vielfach fanden sie in der Region statt - so beim „Hambacher Fest“ in der Pfalz und der Heppenheimer Tagung, der Geburtsstunde des deutschen Liberalismus. Die Revolution von 1848/49 war Schwerpunkt für die Schüler, die von Geschichtslehrerin Kathrin Duckheim unterrichtet werden.

Um den Bogen zur Gegenwart zu spannen, schloss sich eine Diskussion im Fishbowl-Format an. Moderiert vom 16-jährigen Nico Stark kamen vier Zeitzeugen miteinander ins Gespräch, während das Publikum Fragen einwarf.

„Demokratie wurde hart erkämpft“

Zum Auftakt stellte Hassan, ebenfalls 16, noch einmal klar, worum es geht: „Die Demokratie wurde hart erkämpft. Wir müssen sie wertschätzen und weiterentwickeln!“ Die DDR diente als Ausgangspunkt der Debatte: „Zwei Mädchen in meiner Klasse wollten zum Nationalfeiertag nicht aufstehen - und durften später nicht studieren“, erzählte Sigrid Röhrborn. Die 1963 geborene Lehrerin, die den Tag der Wiedervereinigung in ihrer Heimat Stendal erlebte, gab weitere Einblicke: „Man musste sich parteikonform verhalten, die Wahlergebnisse lagen bei fast 100 Prozent“.

Zur Frage, ob die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei, berichtete Christian Engelhardt: „Die innerdeutsche Grenze war ein Mammutbauwerk mit Minen und Selbstschussanlagen.“ Am 3. Oktober 1990 hat sich der Landrat in den Zug gesetzt und die historischen Ereignisse in Berlin vom Dach einer Telefonzelle beobachtet. Den 50 jungen Zuhörern gab er eine Anregung: „Schaut euch beim nächsten Besuch in der Hauptstadt das Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen an!“ Das Mauerdokumentationszentrum legte ihnen Direktorin Stephanie Dekker ans Herz. Trotz aller Probleme im Nachgang der Einheit bewerteten die Experten den Schritt als richtig. „Die Demokratie ist die lebenswerteste Staatsform“, unterstrich Joachim Kunkel, Vorsitzender des Bergsträßer Kreistags.

Zur Frage nach dem Erstarken der AfD zitierte Christian Engelhardt Hypothesen von Politologen: Gerade in Ostdeutschland hätten die Menschen jahrzehntelange Bevormundung erlebt. Die verstärkte Wahrnehmung, dass bestimmtes Verhalten vorgeschrieben werde, führe zu „Abwehrbewegungen“.

Copyright © 2025 Südhessen Morgen