Wiedervereinigung

Eberhard Diepgen spricht in Mannheim über die Deutsche Einheit

Auch im 33. Jahr begehen die CDU-Kreisverbände Mannheim und Ludwigshafen den Tag der Deutschen EInheit gemeinsam. Diesmal mit Eberhard Diepgen als Festredner. Dessen Bestandsaufnahme ist kritisch, sein Ausblick optimistisch

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Sylvia Osthues
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War zwei Mal Berliner Regierungschef und sprach am Dienstag zum Tag der Deutschen Einheit in Mannheim: Eberhard Diepgen. © Sylvia Osthues

„Der 3. Oktober ist ein Feiertag, aber was ist eigentlich die Zielrichtung?“ Das fragte Eberhard Diepgen anlässlich des deutschen Nationalfeiertags am Dienstag in Mannheim. „Und gehen wir mit dem Tag der Deutschen Einheit so um, dass wir stolz sein können auf unsere Werte?“ Diepgen habe Zweifel, verriet er. Vor dem Hintergrund der jüngeren Geschichte falle es schon schwer, stolz zu sein auf die eigene Nation, räumte er in seiner Festrede ein. Aber der frühere Regierende Bürgermeister von Berlin (1984 bis 1989 sowie 1991 bis 2001) schloss sie mit einem optimistischen Ausblick.

Am Tag der Deutschen Einheit richteten die CDU Mannheim und die CDU Ludwigshafen - wie jedes Jahr seit der deutschen Wiedervereinigung vor 33 Jahren - erneut gemeinsam einen Festakt aus. „Das ist heute nicht mehr selbstverständlich; wir sind stolz auf diese Tradition“, sagte Christian Hötting, Kreisvorsitzender der Mannheimer CDU. Er freute sich, unter den zahlreichen Gästen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft im Veranstaltungssaal in L 7, 1 eben auch Diepgen begrüßen zu können.

Berlins Regierende Bürgermeister a.D. machte in seiner Festrede einige Anmerkungen zur Freiheit und dazu, was auf uns zukommt. Deutschland habe eine besondere Belastung und trage Verantwortung für den Holocaust. „Doch wir dürfen das Jahr 1933 nicht wie eine Sichtblende vor uns halten“, warnte Diepgen. Der Tag der deutschen Einheit sei eingebettet in viele Revolutionen in der deutschen Vergangenheit. Neben der ostdeutschen Revolution 1989/1990 erinnerte Diepgen an den 17. Juni 1953, die Badische Revolution 1848/49 und auch an die Zeit unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg. „Der Kampf für die Freiheit - genau darauf gilt es an diesem Tag der deutschen Einheit hinzuweisen“, betonte er.

Ist Deutschland wirklich zusammengewachsen?

Auch wenn manches nach der Wiedervereinigung nur langsam vorangehe. Die Menschen in Deutschland sollten nicht immer nur den Gegensatz von Ost und West hervorheben oder von einer „Kolonialisierung“ des Ostens durch den Westen sprechen. „Das ist Unsinn“, so Diepgen. „Doch wenn alles nur unter ökonomisch-rationalen Gesichtspunkten gesehen und nicht die Seele und Belastung der Menschen im Osten beachtet wird, führt das zu einer emotionalen Spaltung“, warnte er.

Deutschland habe Glück gehabt mit der Wiedervereinigung, unterstützt insbesondere durch den damaligen Staatspräsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, aber auch durch den US-Präsidenten George Bush. „Und was ist heute?“, fragte Diepgen in die Runde in Mannheim. Er sei optimistisch, meinte er mit Blick auf die Entwicklung. „In ein paar Jahren werden wir den Tag der deutschen Einheit mit Stolz auf unsere Nation in einem Europa der Nationen feiern", ist sich Diepgen sicher.

Der Tag der Deutschen Einheit sei kein Tag wie jeder andere, sondern ein besonderes Datum und - auch 33 Jahre nach der Wiedervereinigung - ein großer Grund zu Freude und Dankbarkeit, meinte Hötting. Der Tag sei aber auch Anlass, nach vorne zu schauen und sich zu fragen, ob die beiden ehemals getrennten Staaten wirklich zusammengewachsen sind. „Die deutsche Einheit ist zwar in staatsrechtlicher Form vollzogen, aber ein einheitliches Staatsgefühl mag sich bei manchen nicht einstellen“, bedauerte Hötting. Viele fühlten sich abgehängt und im Rückblick hätte man vielleicht auch manches anders gemacht.

Peter Uebel: Einheit fängt im Kleinen an

Peter Uebel, Vorsitzender der CDU-Fraktion Ludwigshafen, freute sich, dass die Schwesterstädte den Tag der Deutschen Einheit wieder gemeinsam feiern. „Wenn wir von Einheit reden, fängt das im Kleinen an“, meinte Uebel. Nur gemeinsam als Metropolregion könnten anstehende Aufgaben gelöst werden. Derzeit drohe die deutsche Gesellschaft sich zu spalten und in Europa gebe es eine kriegerische Auseinandersetzung, spielte er auf den Krieg in der Ukraine an. „Wir wollen Deutschland und Europa in Einheit zusammenführen und die Verantwortung übernehmen für ein nachhaltiges, zukunftsfähiges Deutschland“, sagte Uebel.

Kranz bewertet positiver

Im Gegensatz zu Diepgen und Hötting, sieht Claudius Kranz, Vorsitzender CDU-Fraktion im Mannheim Gemeinderat, im Osten eher „blühende Landschaften“, in Anspielung auf das berühmte Zitat des früheren Kanzlers Helmut Kohl von 1990. Es gebe zwar auch heute noch Probleme. Aber es sei nicht so, dass man den Menschen dort die Freiheit entziehen würde. „Die Regionen im Osten haben sich toll entwickelt, können auf die Entwicklung stolz sein“, so Kranz „Das gilt es am Tag der Deutschen Einheit zu feiern.“

Für Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) ist Solidarität besonders wichtig - deshalb sei er dankbar, dass die zwei Kreisverbände und die Junge Union als einzige seit 33 Jahren regelmäßig den deutschen Nationalfeiertag begehen. „Denn das ist nicht selbstverständlich“, stimmte er Hötting zu. „Eberhard Diepgen, der aus seinem Amt heraus die Deutsche Einheit bundesweit, aber insbesondere in der deutschen Bundeshauptstadt geprägt und zusammengeführt hat, ist ein Vorbild für uns,“ sagte Specht in Richtung des Festredners. Und: „Es ist keine Selbstverständlichkeit in Frieden und Freiheit zu leben.“

Freie Autorin

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