Riedrode. "Wer macht so etwas?" Markus Schneider ist fassungslos. Er fängt an zu erzählen und bricht ab. "Mir kommen im Moment ständig die Tränen", sagt er entschuldigend. Nicht nur er, die ganze Familie steht unter Schock. Denn ihnen wurde das kleine Karussell gestohlen. Wahrscheinlich am frühen Montagmorgen, denn am Sonntagabend stand es noch auf ihrem Grundstück in Riedrode.
"Nie im Leben hätte ich gedacht, dass so etwas noch einmal passiert", sagt Silke Schneider. Denn vor gerade mal zehn Monaten wurde der Schausteller-Familie das Bungee-Trampolin gestohlen. Es ist nie wieder aufgetaucht - und es war noch nicht gegen Diebstahl versichert. "Wir hatten es gerade erst vier Wochen und erst ein paar Mal im Einsatz", erzählt die Chefin. Und nun schon wieder. Das komme doch seltener vor als ein Lottogewinn - und ist viel tragischer.
Schneiders sind in fünfter Generation Schausteller. Markus Schneider junior ist mit seinen 22 Jahren auch schon mit Herzblut dabei. "In jeder freien Minute hat er an dem Karussell geschafft, es verschönert und LED-Lichter eingebaut", erzählt seine Mutter. "Es war sein Liebling", sagt sie. Ihr Mann habe seit Montag keinen Appetit mehr. Aber eine Hoffnung haben sie: "Das Medienecho ist gewaltig. Wenn nur einer unser Karussell irgendwo im Ausland erkennt und die Polizei informiert, haben wir eine Chance."
Gestern Nachmittag hat ein Produktionsteam des ZDF auf dem Hof der Schneiders gedreht. Im Radio war ebenfalls schon davon zu hören. Polizeisprecherin Christiane Kobus spricht von einem "außergewöhnlichen Fall". Die Diebe hätten das Schloss an der Sicherheitskette am Tor durchgeschnitten, um auf das Gelände zu kommen. Das Karussell habe fertig zum Abtransport auf einem Anhänger gestanden und sei mit einer grauen Plane abgedeckt gewesen. Die Diebe müssen es mit einem Fahrzeug vom Gelände gezogen haben. "Das muss mindestens ein größerer SUV gewesen sein, sonst hätte das nicht funktioniert", so Kobus. Außerdem sei der Anhänger extra mit einem Schloss gesichert gewesen, das die Diebe aufgebrochen hätten. Kobus beziffert den Schaden auf mehr als 50 000 Euro.
Jeden Abend kontrolliert
Familie Schneider hat 15 000 Euro als Belohnung ausgesetzt. Beim Hersteller hieß es: "Ein neues Karussell kostet mit Plane, Musikanlage und allem rund 100 000 Euro", erzählt Schneider. Zudem müssten sie mindestens ein dreiviertel Jahr darauf warten. "Aber wir haben ja schon längst Verträge abgeschlossen", sagt die Chefin. Ab dem Frühjahr sei das Karussell für fast jedes Wochenende gebucht. Ob sie alles absagen muss oder kurzfristig einen Ersatz ausleihen kann, weiß sie noch nicht.
"Das war das letzte Fahrgeschäft, das wir noch mit meinen Eltern gekauft haben - 2001", erzählt Markus Schneider. Inzwischen sind sie verstorben. Solche Erinnerungen kommen ihm nun in den Sinn - und machen den Verlust so emotional. "Das ist echt ein starkes Stück", sagt Silke Schneider. "So dreist!" Denn nach der Sache mit dem Bungee-Trampolin haben Schneiders das Grundstück extra gesichert - auch Kameras waren geplant, nur noch nicht installiert. Und die Familie habe jeden Abend noch einmal alles kontrolliert. "Selbst wenn wir weg waren, im Kino oder so: Wir sind immer hingefahren und haben nachgeschaut", betont Silke Schneider. Am Sonntag um 23 Uhr das letzte Mal, und am Montag um 7 Uhr wieder. Da war es weg. "Das muss doch jemandem aufgefallen sein", hofft sie. "Die Glöckchen am Feuerwehrauto und Truck bimmeln während der Fahrt." (mit kur)
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