Prozess in Darmstadt

Mann aus Bürstadt angeklagt: sexuelle Gewalt gegen Tochter

Vor dem Landgericht Darmstadt gesteht ein Mann, er habe sein Kind mehrfach missbraucht. Zuvor hat Staatsanwältin Louise Gärtner dem 36 Jahre alten Mann verstörende Taten vorgeworfen

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Stephen Wolf
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Soll die sexuellen Handlungen an seinem Kind gefilmt haben: ein 36 Jahre alter Angeklagter aus Bürstadt. © Stephen Wolf

Darmstadt/Bürstadt. Vor dem Landgericht Darmstadt hat der Prozess gegen einen Mann begonnen, der seine Tochter in mehreren Fällen sexuell schwer missbraucht haben soll. Der 36 Jahre alte Angeklagte aus Bürstadt hat die Taten am Montag eingeräumt. Demnach habe er seine Tochter zu unterschiedlichen Zeiten in seiner Wohnung sexuell missbraucht. In der ersten Phase war das Kind neun Jahre alt, im zweiten bisher bekannten Zeitabschnitt lag das Alter bei 13 Jahren.

Beim Verlesen der Anklageschrift machte Staatsanwältin Louise Gärtner deutlich, dass die Treffen des Vaters mit seiner unehelichen Tochter in der Regel nach einem bestimmten Muster abliefen. Sowohl 2019 als auch im Jahr 2023 habe der Angeklagte das Mädchen im Wohnzimmer zu sexuellen Handlungen aufgefordert, ihr zugeredet und Belohnungen versprochen. Dabei habe es sich etwa um Puppen, Geldbeträge oder „E-Zigaretten“ gehandelt.

Insgesamt schilderte die Anklägerin zwölf solcher Fälle. Die Taten haben sich demnach in Zeiten abgespielt, in denen weder die Lebensgefährtin des Angeklagten noch der gemeinsame Sohn in der Wohnung waren. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge hat der Bürstädter an dem Mädchen verschiedene sexuelle Handlungen vorgenommen, selbst wenn das Kind mit Ekel reagierte. Zudem habe der Mann die Taten mit einer Kamera aufgezeichnet. Die Aufnahmen des Missbrauchs seien während der Straftaten zeitgleich auf einem TV-Gerät zu sehen gewesen.

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Stefanie Ball
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Wie der Regisseur bei einem Filmdreh verlangte der Angeklagte den Schilderungen zufolge, dass sich das Kind vor laufender Kamera zunächst auszog, bevor er sich an ihr vergriff. „Komm’, da machen wir noch ein paar Stellungen“, zitierte die Staatsanwältin beispielsweise aus einem Streifen, der 27 Minuten dauerte. Auch habe sich der Mann bei den Filmdrehs entblößt, das Mädchen dazu überredet, sein Geschlechtsteil anzufassen, und mit dem Kind geschlafen.

Das verstörende Belastungsmaterial hatten Ermittler im vergangenen Jahr auf dem Computer des Angeklagten entdeckt. Dass die Durchsuchung in Bürstadt überhaupt stattfand, war einem Zufall zu verdanken. So hatte das mutmaßliche Opfer einigen Freundinnen verraten, dass es mit ihrem Vater geschlafen habe. Das wiederum erzählte eines der Mädchen ihrer Mutter. Die informierte schließlich die Polizei.

Am 30. Oktober wurde der Mann dann verhaftet. Seither sitzt der in der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt. In manchen Streifen, so die Anklageschrift, hätten der Vater und seine Tochter zunächst über unverfängliche Themen gesprochen, etwa über Burger-Restaurants oder Spielsachen. Einmal habe das Kind mit Buntstiften ein Bild gemalt.

Trotz der manipulativen Vorgehensweise des Vaters - so klingt es in der Anklageschrift an - habe das Mädchen verschiedene Praktiken nach und nach abgelehnt und ihren Unwillen gezeigt. Mit Versprechungen sei es dem Angeklagten aber immer wieder gelungen, seinen Willen durchzusetzen.

Angeklagter räumt die Taten ein und benennt psychische Probleme

Einmal wird das damals 13 Jahre alte Kind mit den Worten „Ich habe null Bock“ zitiert, woraufhin der Vater erwidert haben soll: „Das bestimme ich, du bekommst ja auch eine Puppe.“ Während Staatsanwältin Gärtner die Anklageschrift vortrug, hielt der Angeklagte den Blick gesenkt. „Es tut mir leid, ich wollte meiner Tochter nie wehtun“, behauptete er an den Vorsitzenden Richter Marc Euler gewandt. Und: „Es hätte nie passieren dürfen.“

Gleichwohl wurde auch deutlich, dass der Mann die eingeräumten Taten zu relativieren versuchte. Seinen Angaben zufolge habe er wenig Empathie und Mitgefühl. Das attestiere ihm auch ein psychologisches Gutachten. Demnach leide er unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Zu diesem Krankheitsbild gehöre ein Mangel an Einfühlungsvermögen. „Ich bin ein sehr kalter Mensch.“ In den zurückliegenden Jahren war der Mann nach eigenen Angaben mehrfach arbeitslos gemeldet, da er unter psychisch bedingten Krankheiten leide. Indes, so der Angeklagte, sei er nicht pädophil. Vielmehr habe er sich von dem Kind das geholt, was er von dessen Mutter nicht bekommen hätte. Die Trennung von der Frau habe er über Jahre hinweg bereut.

Über die Folgen seines Handelns habe er schlicht nicht nachgedacht, behauptete der gelernte Gärtner. Der Vorsitzende Richter zeigte sich von den Ausführungen wenig überzeugt. „Was heißt hier, Sie haben nicht nachgedacht? Wenn Sie Lust auf Sex hatten, haben Sie das Mädchen doch gezielt angerufen“, hielt Euler dem Mann vor.

Um zu klären, ob der Bürstädter vermindert schuldfähig ist, wurde ein Gutachter bestellt. „Gleichwohl gibt es aktuell keine Anzeichen für eine verminderte Schuldfähigkeit“, sagte Staatsanwältin Gärtner. Ihren Angaben zufolge könnte es auch noch unentdeckte Videos geben. So habe die Tochter des Angeklagten von 30 bis 40 Filmen gesprochen. „Es ist zu vermuten, dass es nur ein Teil des Filmmaterials ist, den wir auf dem Gerät gefunden haben.“ Auch sei noch unklar, ob der Angeklagte womöglich die Filme weitergegeben habe. Ausgeschlossen sei das zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls nicht.

Redaktion

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