Bürstadt. Es war etwas Besonderes. Im Vereinsheim des MGV 1902 hat die erste offizielle Singstunde nach langer Corona-Pause stattgefunden. Und es gab gleich zwei Veränderungen – ein neuer Dirigent und das gemeinsame Singen als gemischter Chor mit den Aktiven des Gesangvereins Volkschor. Damit ist man nun auch offiziell in das Projekt Singgemeinschaft eingetreten.
„So ganz gesanglos waren die letzten Monate nicht“, sagte MGV 02-Vorsitzender Claus Ohl, der dieses Amt nun schon ein viertel Jahrhundert bekleidet. So hatte es im Sommer einige Singstunden im Freien gegeben und zuletzt auch schon drei Test-Proben im kleineren Kreis – mit dem neuen Dirigenten Herbert Ritzert aus der Nachbargemeinde Biblis. „Da konnten sich Chor und Dirigent schon mal beschnuppern und kennenlernen. Ich denke, es war eine gute Entscheidung, Herrn Ritzert für den Chor zu verpflichten“, sagte Ohl, und Anja Kohl, Vorsitzende des GV Volkschor, stimmte zu. Die beiden halfen mit, das Projekt der Singgemeinschaft auf die Beine zu stellen. Denn letztlich geht es ums Überleben für beide Gesangvereine.
Es gab Zeiten, da waren die Gesangvereine so mitgliederstark, dass man sich gegenseitig Konkurrenz machen konnte. Das ist inzwischen Geschichte. Der GV Liederkranz Bürstadt etwa, einer der ältesten und traditionsreichsten Gesangvereine im ganzen Kreis, hat sich schon aufgelöst. Seinen Namensvetter in Groß-Rohrheim hätte dieser Tage beinahe das gleiche Schicksal ereilt, wenn nicht einige jüngere Aktive das Ruder noch herumgerissen hätten.
Wichtige Stimmen gefehlt
Dennoch: Viele Gesangvereine haben das gleiche Problem – ihnen fehlt die Jugend. Und dann kam jetzt noch die Pandemie dazu, die den einen oder anderen veranlasste, den Verein zu verlassen. Nahezu jeder Verein hatte in diesen Monaten auch keine Einnahmen etwa durch Veranstaltungen oder Konzerte, aber dennoch Ausgaben. Zum Glück, so Ohl, gebe es da ja immer noch auch die passiven oder fördernden Mitglieder, die für einen (Gesang-)Verein in diesen Zeiten ganz besonders wichtig sind.
Der MGV 02 hatte zuletzt keinen funktionierenden Männerchor mehr, da wichtige aktive Stimmen verloren gegangen waren. „Man kann theoretisch auch mit acht Leuten einen Chor betreiben, aber wenn dir in einer Stimmlage alle Partien fehlen, dann nutzen dir auch doppelt so viele Aktive nichts mehr“, erklärte MGV-Vize-Chorleiter Roland Weinz. „Es fiel so manchem der älteren Garde im Männerchor schwer, doch alle sahen ein, dass sich etwas verändern muss, will man überleben“, ergänzte Ohl. Daher entschloss man sich zur Singgemeinschaft mit dem Volkschor. Und so gibt es nun einen gemeinsamen großen gemischten Chor.
Wobei der Volkschor sich daran nicht gewöhnen muss. Hier existierte schon immer ein Chor aus Männern und Frauen. Überhaupt ist im neuen Chor so ziemlich alles halbe-halbe: Das Verhältnis Männer zu Frauen, wie auch das Verhältnis der Aktiven aus beiden Vereinen.
Jüngster Sänger ist 53 Jahre
Dass die Jugend fehlt, zeigt sich in schlichten Zahlen. Der jüngste Aktive bei den Männern ist 53, bei den Damen ist die jüngste 48 Jahre alt. Klaus Vorschütz war fast 30 Jahre lang Dirigent und Chorleiter des MGV 02. Der Heppenheimer hatte sich aber vor einigen Wochen aus privaten Gründen aus seinem Amt verabschiedet. „Herr Vorschütz wäre allerdings ohnehin im Frühjahr aus seinem Amt geschieden. Nun ist er etwas früher gegangen“, ergänzte Vereinsvorsitzender Ohl. Und Vorschütz war in den vergangenen fünf Jahren auch beim GV Volkschor aktiv. So ergab das Zusammengehen auch wegen des Dirigenten eine ideale Lösung. Dennoch, das betonten die Vereinsvorsitzenden, bleiben beide Gesangvereine eigenständig und unabhängig.
Die Chorgemeinschaft probt aktuell nicht auf ein bestimmtes Ziel hin. Wegen Corona sei an die Planung eines Konzerts auch im kommenden Jahr nicht zu denken. Einzig das Weihnachtssingen auf dem Bürstädter Friedhof am 24. Dezember ab 16 Uhr soll nach einjähriger Pause nun wieder stattfinden. Hierzu bedarf es aber noch der Beratung innerhalb der Bürstädter Chorgemeinschaft, wie Weinz abschließend anfügte.
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