Bildung

Achtklässler aus Bürstadt mit Blindenhündin unterwegs

Wendy Upton und Thorsten Vetter haben eine achte Klasse an der Erich Kästner-Schule in Bürstadt besucht. Die beiden stark sehbehinderten Menschen nahmen die Jugendlichen mit in ihren Alltag

Von 
Jürgen Klotz
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Wendy Upton demonstriert das Arbeiten mit ihrer Blindenhündin Kascha im Schulhaus der EKS in Bürstadt. © Jürgen Klotz

Bürstadt. Es ist mitten in der Stadt. Ein blinder Mensch läuft mit seinem Stock durch die Straße und findet auf wundersame Weise sicher seinen Weg. Die Personen in der Nähe reagieren unsicher, bleiben stehen und stellen sogar das Sprechen ein. Nur nicht die Konzentration des Blinden stören, nur keine Ablenkung schaffen. Aber ist das richtig?

Eine solche Situation haben wohl schon die meisten Leute erlebt und sich dann die Frage gestellt, wie man sich korrekt verhält. Die Antwort auf diese und viele andere Fragen bekamen die Jungen und Mädchen einer achten Klasse der Erich Kästner-Schule in Bürstadt. Dort waren mit Wendy Upton und Thorsten Vetter zwei stark sehbehinderte Menschen zu Gast, die nicht alleine gekommen waren. Mit dabei waren Kascha, eine neunjährige Blindenführhündin und Thorin, ein achtjähriger, ebenfalls sehr versierter und selbst angelernter Rüde.

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Nach anfänglicher Zurückhaltung brach das Eis sehr schnell. Die Kinder wurden neugierig, die äußerst freundlichen Vierbeiner taten das Ihrige zur Entspannung der Lage. Auf eine erste Unterrichtsstunde im Saal folgte eine weitere auf dem Schulgelände. Die Leistung der Hunde beeindruckte alle. Mehr als 50 Befehle können sie auf Zuruf ausführen. Darunter sind schwierige Aufgaben, wie zum Beispiel einen Menschen sicher eine Treppe hinunterzubegleiten, eine Bank zum Ausruhen zu finden oder den Ausgang eines Gebäudes.

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Für die Schülerinnen und Schüler war dies ein echtes Ereignis. Zustande kam dies auf Initiative von Klassenlehrerin Carola Berning. Sie ist eine Nachbarin von Upton und Vetter und stieß mit ihrer Idee sofort auf offene Ohren.

Bericht aus dem Alltag mit Blindenschrift und Markierungen

Sie sprachen viele Dinge an, die aktuell Teil der öffentlichen Diskussion sind. Inklusion oder barrierefreies Leben zum Beispiel. Sie erklärten, wofür bestimmte Straßenmarkierungen bestimmt sind und wie Blindenschrift funktioniert. Doch nach all der Theorie machten die praktischen Erfahrungen auch mit den Hunden dann richtig Spaß.

Die Schüler konnten sich – mit geschlossenen Augen natürlich – von Kascha durch die Gänge oder über den Schulhof führen lassen. Außerdem durfte jeder einmal ausprobieren, wie es ist, mit Hilfe eines Blindenlangstocks durch die Gegend zu laufen, ohne mit Gegenständen oder Mitbürgern zu kollidieren.

„Unser Hund trägt die Verantwortung für unser Leben, wenn er einen Fehler macht, kann das für uns beide schlimme Folgen haben“, stellte Vetter klar. 5000 Mal muss ein Befehl und dessen Ausführung wiederholt werden, bis der Vorgang automatisiert ist. Dafür, dass der Hund das mitmacht, gibt es nur ein Rezept: Er muss Vergnügen bei der Arbeit haben. Macht er etwas richtig, wird er gelobt und belohnt.

Und wenn etwas Besonderes vorliegt wie der Besuch eines Volksfestes oder ein anderes Ereignis, das viel Konzentration erfordert, ist er nach einer bestimmten Zeit „platt“ und braucht Ruhe.

Für die Jugendlichen war es zweifelsohne ein lehrreicher Schultag. Auch Wendy Upton und Thorsten Vetter waren mit Begeisterung bei der Sache. Für sie wie für Carola Berning stand fest, dass sich alle Beteiligten über eine Neuauflage freuen würden.

Freier Autor

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