Biblis. Mit einem Minus von fast 620 000 Euro hat der Bibliser Bürgermeister Volker Scheib am Mittwochabend den Haushalt eingebracht. Trotz des Defizits wirkt der Verwaltungschef zufrieden, denn das Wichtigste ist für ihn zunächst einmal, dass das Zahlenwerk genehmigungsfähig ist. „Ohne äußere Einflüsse - also die gesetzlichen Aufgaben - hätten wir die schwarze Null geschafft“, ist Scheib überzeugt. Zudem sei das Minus fast 200 000 Euro geringer als im Vorjahr und soll bis 2027 ganz verschwinden.
„Meine Oma hat immer gesagt: ,Wenn du Geld verdienen willst, musst du erst Geld investieren.’“ Auf keinen Fall wolle er Biblis kaputt sparen, betont Scheib. Deshalb habe die Verwaltung an vielen einzelnen Stellschrauben gedreht. Diese sind so klein, dass sogar einzelne Beträge von 20 Euro gestrichen wurden. Was Scheib zur nächsten Weisheit führt: „Kleinvieh macht auch Mist!“ So habe Finanzchefin Michelle Rimer im Bereich Sach- und Dienstleistungen, der um 20 Prozent gekürzt wurde, jede Haushaltsstelle abgeklopft. Denn viele Posten ließen sich gar nicht beeinflussen, weil die Gemeinde laufende Verträge einhalten muss. Der große Aufwand habe sich aber gelohnt: Unterm Strich stehen hier 370 000 Euro weniger.
Angespannte Finanzlage in Biblis
- Im Ergebnishaushalt stehen Erträge von 25 Millionen Euro den Ausgaben in Höhe von 25,6 Millionen Euro gegenüber. Die Finanzierungslücke beträgt 620 000 Euro.
- Für die Investitionen in Höhe von 6,5 Millionen Euro will die Gemeinde einen Kredit von zwei Millionen Euro aufnehmen. Neben der Erschließung im Helfrichsgärtel III sind die Sanierung der Neuen Friedhofstraße sowie eines Teils der Pfadgasse geplant. Auf dem Nordheimer Friedhof soll eine Urnenwand aufgestellt werden.
- Mit einem weiteren Darlehen über zwei Millionen Euro soll 2025 der Neubau der Krippe in der Pfaffenau finanziert werden.
- Gewerbesteuer: Nach den Einnahmen von 3,8 Millionen Euro im vergangenen Jahr geht Rimer nun von 4,2 Millionen Euro aus.
- Defizitäre Haushaltslage: 2021 wurde Biblis von einer Gewerbesteuerrückzahlung von 6,3 Millionen Euro überrascht, was einen Nachtragshaushalt nötig machte. 2022 betrug das Minus dann 2,8 Millionen Euro, vergangenes Jahr noch 800 000 Euro. Das Defizit soll sich bis 2026 weiter verringern. Finanzchefin Michelle Rimer plant, 2027 einen Haushalt mit einem Plus von einer halben Million Euro einbringen zu können.
- Als erste Kommune im Kreis Bergstraße legt Biblis einen transparenten Haushalt im Internet vor: Unter biblis.haushaltsdaten.de können sich Interessierte durchs Zahlenwerk klicken, das in Papierform genau 333 Seiten umfasst.
Wichtig ist es für Scheib, die Sparmaßnahmen so zu gestalten, dass keiner zu stark belastet werde und der soziale Friede gewahrt bleibe. „Kultur, Vereinsleben und Ehrenamt: Das gibt’s alles weiterhin.“ Allerdings will die Verwaltung die Grundsteuer B von 525 auf 575 Prozent erhöhen. Laut Rimer ist das verkraftbar: „Für 80 Prozent der Bürger bedeutet das weniger als 50 Euro.“ Zudem sei die Erhöhung im Vergleich zum Durchschnitt im Kreis vertretbar. Aufs Konto soll es 150 000 Euro mehr spülen. „Allerdings können wir damit nicht einmal die höhere Schulumlage ausgleichen“, sagt Rimer. Denn die erhöhe sich sogar um 180 000 Euro. „Dass der Kreis in die Schulen investiert, sieht man bei uns immerhin, weil ja in der Freiherr-vom-Stein-Straße eine wunderbare neue Grundschule entsteht“, meint Scheib.
Zurück zu den Investitionen, auf die Scheib keinesfalls verzichten will. Gut 6,5 Millionen Euro sieht die Verwaltung hier vor. Der größte Posten ist für die Erschließung im Helfrichsgärtel III mit 1,4 Millionen Euro geplant. Für die Sanierung der Neuen Friedhofstraße und eines Teils der Pfadgasse sind weitere zwei Millionen Euro vorgesehen.
Photovoltaik auf grüner Wiese
Ein großes Thema ist für Scheib zudem der Klimaschutz. „Wir müssen jetzt schon wissen, wie viel Energie wir in zehn Jahren verbrauchen - und wie und wo wir sie erzeugen.“ An eine Freiflächen-Photovoltaikanlage etwa entlang der Bahn denkt er dabei. Die Politiker würden so ein Vorhaben inzwischen anders bewerten - vor knapp zwei Jahren hatten sie dies auf landwirtschaftlicher Fläche noch abgelehnt.
Laut Scheib könnten bis zu zwei Prozent der Bibliser Gesamtfläche zur Energieerzeugung genutzt werden. „Das wären 80 Hektar, uns reichen aber 40 bis 50 Hektar.“ Neben Solarstrom soll es auch um Windkraft gehen. Zudem wolle die Gemeinde in den eigenen Gebäuden Energie sparen, indem diese entsprechend saniert werden. Dafür sollen 250 000 Euro ins Bürgerzentrum fließen, und für die Pfaffenauhalle sind 50 000 Euro für ein Konzept eingeplant. Apropos Pfaffenau: Dort ist 2025 die neue Krippe mit vier Gruppen geplant. Dies werde eine weitere Neuverschuldung sowie Kreditaufnahme nach sich ziehen.
Um höhere Steuereinnahmen zu generieren, will die Gemeinde ferner neue Bau- und Gewerbegebiete ausweisen. „Am Werrtor sind riesige Flächen frei - seit 30 Jahren.“ Kleinere Betriebe könne man dort ansiedeln. Viel Potenzial sieht Scheib natürlich auch auf dem Kraftwerksgelände - aber nicht vor 2026. Das erinnert ihn an die schmerzhafte Gewerbesteuernachzahlung von 6,3 Millionen Euro im Jahr 2021, das ein Haushaltssicherungskonzept, also Sparprogramm, nach sich zog. Bei all den Ideen und Plänen habe die Verwaltung die Gemeindevertreter übrigens mitgenommen. Bereits seit Sommer treffe sich eine Arbeitsgemeinschaft Finanzen aus Vertretern aller Fraktionen. Deren Ideen, wo gespart werden könne, wurden eingearbeitet, betont Rimer.
Die junge Finanzchefin hofft, dass das Parlament den Haushalt nach den Beratungen Anfang März verabschiedet, so dass Ende April die Genehmigung vorliegt. „Dann können wir richtig loslegen.“ Bis dahin könnten mit der vorläufigen Haushaltsführung bisherige Projekte fortgeführt werden. Viel mehr Investitionen als die längst geplanten sind angesichts der finanziellen Lage ohnehin nicht drin. Scheib freut sich besonders auf die Umgestaltung der brachliegenden Freifläche hinter dem Rathaus, wo Parkplätze sowie Strom- und Wasser-Anschlüsse für Feste geschaffen werden. „Die Maßnahme wird mit 66 Prozent gefördert“, sagt Rimer erfreut. Genauso übrigens wie jene am Gemeindesee, um ihn noch attraktiver zu machen. Nach dem Rundweg folgen dort noch Pflanzarbeiten.
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