Porträt

Dialektbarde Charly Weibel singt "direkt vun do"

Für Songs wie „Kind vun de Kurpfalz“ räumt Charly Weibel aus Reilingen Mundart-Preise ab, jüngst beim Wettbewerb "De Gnitze Griffel". Der Ex-Polizist wurde in Mannheim geboren

Von 
Peter Jaschke
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Beim Finale des Mundart-Wettbewerbs „De Gnitze Griffel“ in Bruchsal hat Charly Weibel mit seiner Liebeserklärung an die Kurpfalz den zweiten Platz belegt. © Privat

Reilingen. In der Spargelstadt Reilingen bei Hockenheim und Umgebung kennt ihn jeder: Dort wohnt Charly Weibel und ist bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund. Ob Straßenfest oder Kerwe: Überall, wo Leben ist, tritt der Mundartsänger und Liedermacher gerne auf. Weiter nördlich in der Metropolregion ist sein Name vielen weniger geläufig. Ganz im Gegensatz zum Karlsruher Raum und zur anderen Rheinseite: Dort regnet es Preise, die die Popularität des früheren Polizisten der Mannheimer Waldhofwache ansteigen lassen.

Charyl Weibels Musik ist eine Liebeserklärung an die Region

Mit „Kind vun de Kurpfalz“, einer musikalische Liebeserklärung an die gesamte Region, hat Weibel Anfang Oktober beim literarischen Mundartwettbewerb „De Gnitze Griffel“ den zweiten Platz belegt. Es ist aber auch gelungen, wie er seine Ballade mit rauchiger Stimme im Folksongstil mit Gitarre und Gesang zum Besten gibt.

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Es bleibt im Ohr, wenn er singt: „Isch bin ä Kind vun de Kurpfalz. Do kumm isch her, un do will isch immer sei. Wuannerschd kähnt isch gohned lehwe, unn isch bass oh ned wuannerschd nei.“ Freilich ist das der Zungenschlag seiner Heimatstadt. Doch erstens liegt das in der Natur der Sache, und zweitens stört es spätestens dann nicht mehr, wenn Weibels Wonne mit wunderbaren Fotos von Enrico Sporleder im Video auf Wanderschaft geht: Da schwärmt der Dialektpoet nicht nur von „Waldhof-Buwe“ und „Heidelberjer Leit“, sondern auch „vun lauder scheene Plätzlin“ wie dem Schwetzinger Schlosspark.

Charly Weibel singt seine Lieder überall in der Region - auch auf der Buga

Auch die Ladenburger Altstadt besucht er, „so oft mer misch grod lässt, denn do gibt´s lauder alde Sache, weil dort sinn schun die Römer g´west“. Die Bergstraße findet als „schönes Stück Land“ ebenso Eingang in den Song, der außerdem große Namen dieser Region würdigt: Vom ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert und Königin Silvia von Schweden über Bluessängerin Joy Fleming bis hin zu Sportgrößen wie Steffi Graf. Weibels Fazit im Song: Das Beste aus der Pfalz und aus Baden ergibt unterm Strich die Kurpfalz - „un des kennt gar ned schehner sei“.

Auch wenn er im Mai, allerdings bei schlechtem Wetter, auf der Buga in Mannheim gesungen hat, ist es an der Zeit, den 1957 im Mannheimer Theresienkrankenhaus geborenen Musiker (wieder) vorzustellen. Denn schon 1994 macht er von sich reden: Weibels damalige Rockband „Jezebel´s Tower“ erreicht mit „You Are Always On My Mind“ Platz 1 der Hörerhitparade von Radio Regenbogen. Der rumänische Rundfunk nimmt den Song ins Programm auf, und ein Jahr später spielen die harten Jungs beim Skip-Rock-Festival in Bukarest im Vorprogramm der Heavy-Metal-Superhelden Iron Maiden („Run To The Hills“).

Charly Weibel engagiert sich für seine Gemeinde

Bereits seit er 1989 einmal einen Mundartsong im Volksmusikstil gehört hat, beschäftigt den damals langmähnigen Frontmann Weibel schon die Frage „wie man das auch gescheit machen könnte“. So entstehen zwei Balladen, die er nicht nur auf Englisch, sondern auch auf Kurpfälzisch aufnimmt. „Die Produktion der Maxi-CD war finanziell ein Flop, aber es hat Riesenspaß gemacht“.

Und aus einem der Songs, „En Freund fers Lehwe“, ist 1999 beim Wettbewerb des Arbeitskreises Heimatpflege im Regierungspräsidium Karlsruhe ein erster Preis geworden. Es bleibt nicht die einzige vordere Platzierung. Und dieses Jahr reicht es wieder für den Sieg, nämlich beim Mundartwettbewerb „Dannstädter Höhe“ für „Fa eisch zwoh“.

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Die Anerkennung freut Weibel, der mit The Echo inzwischen eine neue Band am Start hat: „Solche Auszeichnungen sind schon gut fürs Ego“, gesteht er schmunzelnd und fügt hinzu: „Wenn du merkst, es gibt noch mehr Leute, denen das gefällt, ist das auch motivierend, immer weiter zu machen.“ Doch wann findet der Vater von zwei Töchtern und stolze Großvater zweier Enkelkinder von 15 und sechs Jahren bloß die Zeit fürs Songschreiben und Proben?

Seit Jahrzehnten ist Weibel SPD-Gemeinderat in Reilingen und inzwischen ebenso Kreisrat. Er engagiert sich als Mitglied des Verbands Region Rhein-Neckar und ist ehrenamtlicher Richter beim Verwaltungsgericht Karlsruhe. Außerdem joggt und radelt er, gestaltet Webseiten. Weibel lächelt und sagt: „Wenn´s gut läuft, geht´s schnell, dann steht in einer Stunde die Grobstruktur des Songs.“ Einige seiner erfolgreichsten Lieder hatte er rasch im Kasten. Andere legt er zunächst beiseite und hat erst Jahre später eine Idee dazu, um sie fertig zu stellen.

Was Charly Weibel am Dialekt zu gut findet

Was ihn zu „Kind vun de Kurpfalz“ inspiriert hatte? „Ich fühle mich nicht in erster Linie als Badener, sondern sehe meine Wurzeln in der Kurpfälzer Sprache, und das wollte ich zum Ausdruck bringen.“ Weibel fasziniert, dass „wir hiwwe schwätzen wie ein großer Teil der Leute in der Pfalz driwwe, weil wir bis 1803 viele Jahrhunderte lang ein Territorium waren.“

Mitauschlaggebend für den Song war aber auch eine Erfahrung bei der vom Land geförderten Initiative „Mundart in der Schule“: Weibel bringt regelmäßig Viertklässlern aus der ganzen Welt an der Internationalen Gesamtschule Heidelberg den regionalen Dialekt näher.

Weibel erzählt: „Als die Kinder zum ersten Mal einen meiner Refrains in Mundart mitgesungen haben, dachte ich mir: So schlecht kann es um die Mundart nicht bestellt sein.“ Weibel weiß auch warum: „Dialekt ist aus dem Bauch geschwätzt: Das ist Heimat, und da muss ich nicht lang überlegen, was ich sage, sondern ich kann es einfach hinausschwätzen wie´s kommt - ob´s gut ist oder schlecht, aber es ist einfach direkt.“ (Internetseite mit Auftritten wie dem am Samstag, 11. November, 19 Uhr im Wersauer Hof in Reilingen: https://charlyweibel.de).

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

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