Brauchtum

Bildband zeigt Schönheit der Weihnachtskrippen in Kirchen der Region

Einen Streifzug durch „Die wunderbare Welt der Weihnachtskrippen“ in der Region und ihre geschichtlichen Wurzeln zeigt der neue Bildband von Berno Müller (Autor) und Dorothea Burkhardt (Fotografin)

Von 
Peter Jaschke
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Zeitgenössische Aussagen trifft diese Interpretation von Jesu Geburt in der Krippe am Fluss der Heidelberger Jesuitenkirche. © Dorothea Burkhardt

Neckar-Bergstraße. Der Weg von Maria und Josef nach Betlehem führt über die Alte Brücke in Heidelberg. Das ist seit bald 25 Jahren ein wiederkehrendes Motiv der beliebten „Krippe am Fluss“ in der Heidelberger Jesuitenkirche. Sie ist inspiriert von der Tradition sogenannter Milieukrippen, die das Weihnachtswunder mit aktuellen Bezügen greifbar machen wollen. Lautet doch eine mögliche Interpretation der zeitlosen Botschaften des biblischen Geschehens um die Geburt von Jesus Christus: „Solidarität weltweit!“

Zauberhafte Zusammenhänge und erstaunliche Hintergründe im neuen Bildband

Zu diesem Schluss kommt Berno Müller. Der Heimatforscher aus Leimen und frühere Pressesprecher des Rhein-Neckar-Kreises ist mit der Mannheimer Fotografin Dorothea Burkhardt tief in „Die wunderbare Welt der Weihnachtskrippen im Rhein-Neckar-Kreis und in Heidelberg“ eingetaucht. Was sie und mehrere Co-Autoren in Kirchen sowie bei Sammlern in der Region alles an zauberhaften Zusammenhängen und erstaunlichen Hintergründen zutage fördern, gibt ihr Bildband wieder, der kürzlich erschienen ist und diesem Text als Grundlage dient.

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Bildband "Wunderbare Welt der Weihnachtskrippen"

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Neben dem legendären Krippenschnitzer Walter Ohlhäuser (1909 - 2005) aus Mannheim und seinem Wirken in der Region (ohne Mannheim!) werden mehr als 140 Krippen in Wort und Bild vorgestellt. Darunter auch jene „Krippe am Fluss“, die im Jahr 2000 der damalige Heidelberger Gefängnisseelsorger Hermann Bunse ins Leben ruft und gemeinsam mit Strafgefangenen erschafft. Jährlich aufs Neue thematisiert darin inzwischen ein Freundeskreis Missstände unserer Zeit. Soll doch schon der biblische Bericht übers Geschehen im Stall von Betlehem vor mehr als 2000 Jahren als wärmendes Licht der Hoffnung ins kalte Dunkel sozialer Probleme und Krisen strahlen.

Der Bildband ist Kümmerern gewidmet

  • Den Bildband „Die wunderbare Welt der Weihnachtskrippen widmen Berno Müller (Autor) und Dorothea Burkhardt (Fotografin) ausdrücklich „allen, die sich mit großer Begeisterung und Feingefühl um die Gestaltung der Krippen in unseren Kirchen kümmern und so Groß und Klein erfreuen
  • Der feste Einband enthält 184 Seiten und 368 Abbildungen sowie Geleit- und Grußworte von Landrat Stefan Dalinger, Landesbischöfin Heike Springhart und Erzbischof Stephan Burger
  • Das Buch ist zu 32 Euro im Fachhandel, beim Eigenverlag Rhein-Neckar-Kreis (Telefonnummer 06221/52 27 74 0) und im Kreisarchiv in Ladenburg (Trajanstraße 66) erhältlich. 

In diesem Sinne bringen ja auch Pfadfinder seit 1993 das „Friedenslicht aus Bethlehem“ nach Deutschland. Es erinnert beispielsweise in der Edinger Kirche St. Bruder Klaus, in St. Gallus (Ladenburg) und in Mariä Himmelfahrt (Schriesheim) auch dieses Jahr wieder an den Glaubensauftrag, Frieden unter den Menschen zu stiften. Dass Krippendarstellungen faszinieren, erkennt Franz von Assisi bereits vor rund 800 Jahren. Im Wald von Greccio bei Rom hält er am 25. Dezember 1223 eine Krippenfeier ab. Jedoch nur mit lebenden Tieren am Futtertrog mit einer Jesuspuppe aus Wachs. Seitdem gilt der Schutzheilige der Armen, Behinderten, Strafgefangenen, Sozialarbeiter und Schiffbrüchigen, aber auch der Tiere, als Vater aller Weihnachtskrippen. Maria und Josef wurden bei dieser Premiere noch nicht dargestellt. Arm wie er aus eigenem Wunsch lebt, will es Franziskus dem armen Christus gleichtun und nicht nur den Menschen, sondern allen Geschöpfen der Natur, die Botschaft verkündigen, dass es Hoffnung gibt.

Detailansicht der Krippe in der Katholischen Kirche Heddesheim. © Dorothea Burkhardt

Da scheint sie ebenso wieder durch, die offenbar zeitlose Idee vom Miteinander für alle Geschöpfe in Not. In einer Welt, die damals wie heute voller Herausforderungen wie Armut, Ausgrenzung, Gewalt und Zerstörung steckt, die nach wie vor die Schwächsten besonders hart trifft. So sind es die Schafhirten auf dem Feld, also ganz einfache und in der Gesellschaft zu Zeiten des späteren jüdischen Wanderpredigers Jesus wenig geachtete Leute, denen laut Bibel die Botschaft von dessen Geburt zuerst verkündet wird. Vom „Engel des Herrn“. Das ist der Krippen-Coup: Vom Himmel zu den Hirten führt die Weihnachtsgeschichte und bringt sogar drei „Weise aus dem Morgenland“ zum Kind in der Krippe. Schon damals geht es den Verfassern Lukas und Matthäus um eine bessere Welt, in der jeder Mensch in Würde leben kann, gleich welcher Herkunft und welchen Ansehens.

Dieser Grundgedanke trägt auch die Weihnachtskrippe der Kapellengemeinde in der Heidelberger Diakoniekirche (Plöck 49): Da ist eine moderne Familie aus großen, kettensägegeschnitzten Figuren von Holzkünstler Michael Stadter zu sehen. Josef trägt Feinripphemd, Jeans und Hipster-Bart. Und unter den Drei Königen ist ein Obdachloser, der in seinem Einkaufswagen Päckchen hat, auf denen Werte stehen wie Liebe, Zeit, Glück - und Frieden. Da bieten also Krippenfiguren aus dem täglichen Leben Interpretationsmöglichkeiten. Jeder kann sich seine eigenen Gedanken dazu machen. Weil viele Kinder, alte Menschen, Geflüchtete und Personen mit kleinem Portemonnaie in die Kapelle kommen, soll diese Krippe „erzählen, wie Gottes Liebe zur Welt kommt“, so Pfarrer Florian Barth im Bildband.

In Ilvesheim: Der junge Messias mit dem heiligen Paar. © Dorothea Burkhardt

An jedem Adventssonntag hatte sich auch diesmal die Szenerie der aus Lindenholz geschnitzten Krippe in der evangelischen Lutherkirche Neckarhausen verändert. Ihre Figuren stammen aus einer Holzschnitzerei im Erzgebirge. Auch Ziegen gehören dazu, die Haustiere der Armen. In Neckarhausens St. Andreas-Kirche sind ausdrucksstarke Figuren von Bildhauermeister Bernhard Höldrich (Oberammergau) zu sehen. Die Krippe in Heddesheims evangelischer Kirche hat Johanna Hohenstatt seit 1996 mit 200 Einzelstücken und aus Ton mit Keramikglasur geschaffen. Bei ihr sind, etwa bei den Hirten, viele persönliche Nachkriegserinnerungen in die Arbeit eingeflossen. Die während der Coronazeit entstandene XXL-Krippe im Comic-Stil der evangelischen Kirchengemeinde soll 2024 erstmals in einer alten Tabakscheune zu sehen sein. Im heimatlichen Stil und ausdrucksstarken Gesichtern machen die Figuren in der katholischen St. Remigius-Kirche Heddesheim Eindruck.

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Uwe Rauschelbach
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In Hirschberg-Großsachsens evangelischer Kirche erfreut eine romantische Krippe von Franco Chierici - mitsamt Figuren von Lore Schüssler - eingepasst unter dem Kanzelaufgang. Aus der Westerburger Werkstatt von Johannes Sörger stammen die Figuren in der Christkönig-Kirche (Großsachsen), während die Wallfahrtskirche St. Johannes Baptist in Leutershausen einen burgenartigen Stall aufweist. Ilvesheims Luther-Kirche präsentiert einen heimatlichen Stall mit einer ansehnlichen Kamelkarawane. Diese schönen Figuren könnten nach Entwürfen von Oberammergauer Krippenwerkstätten angefertigt sein. Die kolorierten Figuren in der eindrucksvollen Krippenlandhaft der katholischen St.-Peter-Kirche Ilvesheims hat der berühmte Münchner Schnitzkünstler Karl Kuolt gefertigt.

Die großen Krippenfiguren in Angelbachtal, mit Berno Müller und Dorothea Burkhardt. © Dorothea Burkhardt

In der aus Moos und Tuffsteinen gestalteten Landschaftskulisse in der Ladenburger St.-Gallus-Kirche trägt einer der Hirten das „Brot des Lebens“. Sehenswert ist ebenso die Krippenlandschaft in der evangelischen Stadtkirche zu Schriesheim. Das katholische Pendant Mariä Himmelfahrt weist mit rund zwölf Quadratmeter Grundfläche die „wahrscheinlich größte Krippenlandschaft“ im Kreisgebiet auf. An ihrer Gestaltung haben örtliche Künstlerinnen wie Isabel Blessing-Peest und Bildhauerin Sigrid Murhard mitgewirkt. Das kleine Dorf Altenbach ist mit drei Kirchenkrippen im Bildband enthalten: Johanneskirche (Figuren von Holzbildhauerin Ingrid Pietsch, Oberheimbach) und Gemeindehaus sowie katholisches St. Michael-Gotteshaus (Figuren restauriert von Hilde Purzer, Mehring). Alle Krippen stehen mindestens bis 6. Januar (Dreikönigstag) und oft länger.

Fotostrecke unter mannheimer-morgen.de/neckar-bergstrasse

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

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