Pop

Gil Ofarims perfekter Gute-Laune-Deutschrock in Weinheim

Gil Ofarim gastierte mit seiner Band im gut besetzten Café Central in Weinheim und bot dabei einen gelungenen Konzertabend. Genießen konnten das nicht nur langjährige Fans des Musikers

Von 
Thomas Wilken
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Macht eine gute Figur: Gil Ofarim im Café Central in Weinheim. © Thomas Wilken

Weinheim. Wallende blonde Mähne, das Hemd halboffen über der behaarten Brust, gepflegte Schlabberklamotten, immer ein Lächeln im Gesicht: Gil Ofarim ist ein Frauenschwarm. Was sich bei seinem Konzert im Café Central zeigt: 80 Prozent der Gäste sind weiblich, hängen ihm an den Lippen, singen die Songs Wort für Wort mit. Ofarim könnte wohl auch Volksmusik statt Deutschrock machen - die Fans fänden es trotzdem gut.

Mit „Alles auf Hoffnung“ hat sich der 40-Jährige dem deutschsprachigen Rock gewidmet - immer perfekt mit schön gestylten Texten und melodischer Instrumentierung auf der Erfolgswelle segelnd. Wie überhaupt der Sohn eines bekannten Vaters (Abi Ofarim) schon seit Langem weiß, wie das Show-Business funktioniert. Es kommt nicht (nur) auf die Qualität eines Stücks an, sondern auch, wie gut man es vermarktet. Und wer. Ofarim ist ein perfekter Selbstvermarkter. Er weiß, wie man mit dem Publikum umgeht, bei dem er hier nichts falsch machen kann. Allerdings hat der Saal doch noch einige Lücken - aber es ist heute ja normal, dass Hallen nicht ausverkauft sind. Selbst bekanntere Künstler können ein Lied davon singen.

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Massentaugliche Lieder

In seinem Gute-Laune-Party-Deutschrock macht der gebürtige Münchner nichts falsch. Die Gitarre darf mal kräftig losheulen, das Schlagzeug wummern und die Keyboards leicht sphärisch klingen. Das wird von der nächsten Ballade eingefangen. Über allem schwebt der Bandleader mit seiner Gitarre, dem die Auftrittslust aus allen Poren quillt. Allerdings mag die immer gleiche Animation auf Dauer dann doch nerven. Es ist zugleich Krux und Vorteil von Deutschrock: Man versteht die Texte besser als die eines englischen Songs. Und deshalb bleiben seine ziemlich rührseligen Herz-Schmerz-Dichtungen mehr im Gedächtnis hängen, als wenn ein David Coverdale von seinen feuchten Fantasien hechelt. Aber egal wer gekommen ist, tat das nicht nur fürs Ohr, sondern auch fürs Auge. Und die Band lebt von ihrem charismatischen Protagonisten.

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Dem hat es auch nicht geschadet, dass es vor einem Jahr ziemlich viel Medienhype über seine Antisemitismusvorwürfe gab. Nach wie vor steht Aussage gegen Aussage: Hat damals ein Hotelmitarbeiter Ofarim wegen seines baumelnden Davidsterns vor der Brust den Zugang verweigert oder hat der das erfunden? Auf jeden Fall trägt der Sänger das Corpus Delicti beim Konzert gut sichtbar vor der Brust. Die Songs auf seinem neuen Album sind perfekt Richtung Massentauglichkeit eingenordet. Der Mitsing-Refrain darf nicht fehlen - und wird wahrgenommen. Ein richtig rockiger Instrumenten-Ausrutscher wird abgelöst vom deutschen säuselnden Text, geboten von einem klasse Selbstdarsteller, der sich durch die Teilnahme an Castingshows im Gespräch hielt.

Viele treue Fans 

Gils Bruder Tal kommt überraschend unter Jubel beim nur mit akustischer Gitarre dargebotenen „Here I am“ auf die Bühne und macht ebenso eine gute Figur. Danach darf’s auch mal wieder zwei Nummern härter sein: ein langer Abend für die Gil-Fans, die ihn wohl manchmal schon seit seiner Bravo-Zeit Ende der 90er Jahre begleiten. Warum auch immer sie seine Bewunderer sind: Für den Sonnyboy ist es wichtig, dass sie es sind. Kaum hebt er die Hand oder sagt ein paar Worte, folgt ihm ein großer Chor.

Freier Autor Freier Journalist für Tageszeitungen im südlichen Kreis Bergstraße und Odenwaldkreis

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